Die ''Lobbyisten'' im österreichischen Nationalrat
02.01.2017 um 12:29
Von der Optik her macht es den Eindruck, als würden sich Banken Lobbyisten im Parlament halten. Doch Michael Ikrath widerspricht. Nein, er sehe sich nicht als solchen, sagt der ÖVP-Abgeordnete, im Zivilberuf Generalsekretär des Sparkassenverbandes. „Wäre ich ein reiner Banken-Lobbyist, hätten mich meine Kollegen im Nationalrat nach einem halben Jahr ins Eck gestellt.“ So aber sitze er auch im Justiz- und im Landesverteidigungsausschuss. Und es seien von Bankenseite schon auch Vorschläge für Gesetzesänderungen an ihn herangetragen worden, „die bei mir aber auf taube Ohren gestoßen sind“. Die Bankenabgabe habe er schließlich auch nicht verhindern können. von Oliver Pink und Thomas Prior
APA (Hochmuth)
Wieso Ikrath dann in die Politik gegangen ist? „Es hat uns im Sparkassenverband jahrelang geärgert, dass so viele Abgeordnete so wenig Ahnung von Wirtschaft haben. Ich habe dann 2002 die Chance bekommen, meine Kompetenz hier einzubringen.“ Zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Wirtschaftsstandort. Davon würde letzten Endes „auch unsere Gruppe“ profitieren.
APA
Ein ähnlich gelagerter Fall ist Ferdinand Maier, ebenfalls ÖVP-Mandatar und Generalsekretär des Raiffeisenverbandes. Auch er sagt: „Ich bin kein Lobbyist. Ich habe eine politische Vergangenheit, war ÖVP-Generalsekretär und bin Parteichef in Floridsdorf. Daher habe ich ein Mandat bekommen.“ Mit Raiffeisen habe das nichts zu tun.
Die Presse (Fabry)
Das österreichische Parlament ist voll von – lassen wir das unschöne Wort „Lobbyist“ einmal beiseite – Interessenvertretern. Für die Sache der Bauern macht sich dort etwa der Präsident der Niederösterreichischen Landwirtschaftskammer Hermann Schultes (ÖVP) stark. Und natürlich der schwarze Bauernbund-Präsident Fritz Grillitsch (Bild).
APA (Jäger)
Besonders stark ist die „Lobby“ der Arbeitnehmer auf SPÖ-Seite: Wolfgang Katzian (Bild) ist Vorsitzender der Privatangestellten-Gewerkschaft (GPA), Sabine Oberhauser ist Vizepräsidentin des Gewerkschaftsbundes (ÖGB), und Wilhelm Haberzettl führt die Eisenbahner-Gewerkschaft in der Vida an.
Die Presse (Fabry)
Zur „Neigungsgruppe ÖGB“ gehören auch Renate Csörgits, Ex-Frauenministerin Heidrun Silhavy und Josef Muchitsch von der Gewerkschaft Bau-Holz. Er sehe sich vor allem als Lobbyist für seine Region „und erst in weiterer Folge für die Arbeitnehmer“, erklärt der Steirer Muchitsch. Allerdings gebe es schon Abstimmungen, die manchen Mandatar in Gewissenskonflikte stürzten: „Das passiert jedem.“ Muchitsch bemängelt, dass nicht alle Bevölkerungsgruppen im gleichen Ausmaß im Parlament vertreten seien. Der öffentliche Dienst und die Wirtschaft seien „überproportional besetzt“. Und die Gewerkschaft nicht? „Bei 3,4 Millionen Beschäftigten sind wir eigentlich unterrepräsentiert.“
Die Presse (Fabry)
Arbeitnehmervertreter sind auch in den ÖVP-Reihen zu finden: Gabriele Tamandl (Bild) von der Arbeiterkammer Wien, Fritz Neugebauer, Chef der Beamten-Gewerkschaft, und Werner Amon, ehemals Generalsekretär des ÖAAB.
APA (Techt)
Die Arbeitgeberseite hat ihre Exponenten genauso im Nationalrat sitzen: mit Christoph Matznetter sogar einen Sozialdemokraten als Vizepräsidenten der Wirtschaftskammer. Engelbert Obernosterer (ÖVP) ist Vize-Spartenobmann für Tourismus in der Kammer. Peter Haubner ist Generalsekretär des ÖVP-Wirtschaftsbundes. Sein Vorgänger Karlheinz Kopf ist heute Klubchef der Volkspartei.
. (AP Photo/Ronald Zak)
Auch die Senioren sind gut vertreten – mit Gertrude Aubauer (Bild), Vizechefin des ÖVP-Seniorenbundes, und dem Generalsekretär des FPÖ-Seniorenrings, Walter Neubauer.
Die Presse (Fabry)
Ein Ex-Kanzler ist heute ebenso auch anderen Herren verpflichtet: Der Abgeordnete Wolfgang Schüssel ist Aufsichtsrat beim deutschen Energiekonzern RWE.Auch der frühere Vizekanzler und ÖVP-Chef Wilhelm Molterer vertritt auf eigene Rechnung die Interessen des Stahlkonzerns Voest.
(c) APA
Eine echte Lobbying-Affäre wurde 2010 ruchbar: SPÖ-Mandatar Kurt Gartlehner stand eineinhalb Jahre auf der Payroll von PR-Mann Peter Hochegger. Er sollte seine Kontakte nach Osteuropa in Sachen Windparks spielen lassen.
APA (Jäger)
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