Schwarze Familienaufstellung – die Pröll-Partei

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ÖVP.Trotz aktueller Kritik ist Josef Pröll als Chef unumstritten wie kaum einer seiner Vorgänger. Ein Einblick in das Beziehungsgeflecht der Volkspartei.

Wien. Auch wenn nun dort und da ein Grummeln zu vernehmen ist, mitunter sogar Kritik – so unumstritten wie Josef Pröll war in der ÖVP schon lange kein Parteichef mehr. Selbst Wolfgang Schüssel nicht, der auch in seinen Glanzzeiten Teile des Arbeitnehmerflügels gegen sich hatte.

Der umgängliche Josef Pröll hatte seine Partei bisher gut im Griff. Seine engsten Mitstreiter waren schon in der Perspektivengruppe an seiner Seite: Klubchef Karlheinz Kopf, ein Wirtschaftsbündler, und Fritz Kaltenegger, wie Pröll ein Bauernbündler. Logisch, dass die beiden Pröll nun auch während seiner Rehab vertreten. Gemeinsam mit Innenministerin Maria Fekter, die auf den ersten Blick wenig mit Pröll gemein hat, für ihn jedoch eine wichtige Figur im innerparteilichen Machtgefüge ist. Pröll schätzt die resche Juristin, nicht umsonst ist Fekter auch Regierungskoordinatorin auf ÖVP-Seite.

Zu diesem engsten Kreis gesellen sich als wichtige Berater noch sein Kabinettschef Martin Hauer und sein „Spindoktor“ Daniel Kapp, Prölls langjähriger Sprecher.

Auch seine Ministerkollegen hat sich Josef Pröll 2008 mehr oder weniger selbst ausgesucht. Wobei er gegenüber Justizministerin Claudia Bandion-Ortner, die immer wieder als Ablösekandidatin genannt wird, überaus loyal ist. Eben erst wurde ihr der bisherige Kommunikationschef der Bundes-ÖVP, Gerald Fleischmann, als medialer Troubleshooter zur Seite gestellt. Mittlerweile skeptisch beäugt werden vom Pröll-Zirkel die gerne als „Lippizaner“ titulierten Minister Michael Spindelegger (Äußeres) und Reinhold Mitterlehner (Wirtschaft). Beide gelten als umtriebig und ehrgeizig – beiden werden Ambitionen für den Chefsessel nachgesagt.

Dabei sind auch sie nicht frei von Kritik: Spindelegger steht im Verdacht, das Außenamt nicht immer als prioritär zu betrachten. Denn nebenher – oder hauptamtlich? – ist er auch noch Obmann des ÖVP-Arbeitnehmerbundes ÖAAB, der mit Konzepten zu allerlei Themen regelmäßig ins Rampenlicht drängt.

Mitterlehner wiederum steht seit einiger Zeit in Konflikt mit Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl, dem er viele Jahre als Generalsekretär gedient hatte. Dem Vernehmen nach soll es „Auffassungsunterschiede“ zwischen den beiden gegeben haben. Leitl, selbst immer wieder als Kandidat für die Parteispitze genannt, hatte Mitterlehner einst in die Regierung reklamiert.

Abgekühltes Verhältnis zum Onkel

Und dann wäre da natürlich noch der Onkel. Auch wenn das Verhältnis des niederösterreichischen Landeshauptmanns Erwin Pröll zu seinem Neffen zuletzt deutlich abgekühlt ist – nicht zuletzt wegen der verhinderten Bundespräsidentschaftskandidatur –, wird sich Josef Pröll, wenn es hart auf hart gehen sollte, auf seinen Anverwandten verlassen können. Auch jetzt, da der Neffe auf Rehabilitation ist, hat sich Erwin Pröll jede Stellungnahme zum Zustand der ÖVP verbeten.

Für ein wenig Unruhe in den Reihen der Volkspartei sorgt hingegen der immer wieder einmal hochkochende Konflikt zwischen Erwin Pröll und dem Seniorenbund-Obmann Andreas Khol. Die beiden richten einander gerne Nettigkeiten über die Medien aus.

Mit den übrigen Landesparteivorsitzenden kann Josef Pröll gut. Der Tiroler Günther Platter und der Steirer Hermann Schützenhöfer schickten dieser Tage Solidaritätsadressen aus. Nur der Oberösterreicher Josef Pühringer ließ Kritik anklingen. Er wolle ein ernstes Wort mit der Parteiführung reden, wenn Josef Pröll wieder da sei, denn die ehrenamtlichen Funktionäre seien wegen der Affäre Strasser „wütend und zornig“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2011)

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