Jarolim: „Habe nie ein Honorar bekommen“

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Mandatar erklärt, er habe nur die Ressourcen seiner Anwaltskanzlei für politische Tätigkeit zur Verfügung gestellt. ÖVP und FPÖ schießen sich auf den SPÖ-Justizsprecher ein.

Wien. Gehörigen Staub hat der Bericht der „Presse“ vom Donnerstag über den SPÖ-Abgeordneten Johannes Jarolim und dessen Vermischung von Politik und Anwaltsjob aufgewirbelt. ÖVP und FPÖ schossen sich auf den SPÖ-Justizsprecher ein und bezeichneten ihn als „Lobbyisten“ und „roten Strasser“. Der wehrte sich in einer eilig einberufenen Pressekonferenz.

Wie berichtet hat Jarolim parlamentarische Anfragen zur Staatsdruckerei gestellt, in denen er die Monopolstellung des privatisierten Unternehmens infrage stellte. Gleichzeitig war er mit seiner Anwaltskanzlei in der Angelegenheit tätig: Er brachte eine Beschwerde bei der EU-Kommission gegen das Staatsdruckereigesetz ein, die Kommission prüft auch tatsächlich, ob dieses rechtskonform ist. Und in einem E-Mail an ausländische Mitbewerber der Staatsdruckerei wird die Jarolim-Kanzlei als Ansprechpartner genannt, wenn es darum geht, am „äußerst lukrativen österreichischen Markt“ einzusteigen, und das Anliegen der Öffnung des Marktes zu unterstützen.

Kein Essen, kein Kaffee

Jarolim erklärte am Donnerstag, diese anwaltliche Tätigkeit sei unentgeltlich erfolgt, er habe die Ressourcen seiner Anwaltskanzlei für seine politischen Aktivitäten verwendet. „Ich habe keinen Geschäftsfall in meiner Kanzlei gehabt“, so Jarolim. „Ich habe kein Honorar, keine Essenseinladung, keinen Kaffee bekommen.“ Auftraggeber war auch kein Konkurrent der Staatsdruckerei, sondern ein Forscher.

Der heißt Tano Bojankin und betreibt ein Institut für „posttayloristische Studien“. Publikationen von ihm befassen sich beispielsweise mit österreichischen Künstlern in Frankreich von 1938 bis 1945. Gegenüber der „Presse“ erklärte er, er befasse sich mit „Kreativitätsforschung“ und historischen Beispielen von Korruption. Auch Parallelen zur Gegenwart beziehe er mit ein – und da sei er eben auf die Monopolstellung der Staatsdruckerei gestoßen.

EU-Kommission ist interessiert

Bojankin hatte sich an die EU-Kommission gewandt, die sich interessiert zeigte, aber eine rechtlich fundierte Stellungnahme einforderte. Und da kam Jarolim ins Spiel: Er habe das unentgeltlich als Teil seiner politischen Tätigkeit gemacht, so der Mandatar. Anders wäre das ganze gar nicht zustande gekommen – sein Mandant habe gar nicht die notwendigen Mittel, einen Rechtsanwalt dafür zu beauftragen. Ob er das heute noch einmal so machen würde? Das Schreiben an die EU-Kommission würde er wieder verfassen, sagt Jarolim, aber er würde per Aussendung offenlegen, dass er in dieser Angelegenheit tätig wird. Und auch die parlamentarischen Anfragen würde er wieder stellen: Es sei im Interesse der Republik, dass die Monopolsituation im Bereich des Sicherheitsdrucks (Reisepässe, Führerscheine) beendet werde.

Jarolim als AUA-Lobbyist?

Unvereinbarkeiten im Graubereich zwischen Wirtschaft und Politik sieht Jarolim in dem Fall nicht – das sei der Versuch, etwas zu konstruieren. Er könne das nicht anders auffassen, als eine Retourkutsche der ÖVP für die Vorwürfe gegen deren EU-Abgeordneten Ernst Strasser.

Auch in einem anderen Bereich sieht Jarolim keine Unvereinbarkeiten: Dass er die Austrian Airlines zu seinen Kunden zählt – Jarolim leitete einst die Rechtsabteilung der Fluglinie –, habe nichts mit seiner politischen Tätigkeit zu tun.

Das gelte auch nicht für seine Stellungnahme zur im Vorjahr eingeführten Flugticketabgabe: Die habe rein sachliche Gründe gehabt. So sei nach Vorbild der deutschen Regelung auch im österreichischen Gesetz die Entfernung zum Zielflughafen vom Flughafen Frankfurt aus gemessen worden – eine Vorgangsweise, die sachlich nicht zu rechtfertigen sei. Dass er darauf hingewiesen habe, habe nichts mit der AUA zu tun.

Auf einen Blick

SPÖ-Justizsprecher Johannes Jarolim gerät unter Druck, weil Verbindungen von politischer Arbeit und Tätigkeiten seiner Kanzlei bekannt geworden sind. ÖVP und FPÖ werfen ihm Lobbying-Aktivitäten vor, er selbst vermutet eine Retourkutsche für den „Fall Strasser“. In der Causa Staatsdruckerei habe er als Anwalt unentgeltlich gearbeitet – als Teil seiner politischen Tätigkeit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 8. April 2011)

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