Meinungsforscher: Ein "Wunderwuzzi muss her"

Meinungsforscher Wunderwuzzi muss
Meinungsforscher Wunderwuzzi mussAPA/Roland Schlager
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Welchen Anforderungen sich der neue ÖVP-Chef aus Sicht der Demoskopen stellen muss.

Wien. Geht es nach den Daten der Meinungsforschung, so müsste es jetzt ein Kopf-an-Kopf-Rennen der Minister Reinhold Mitterlehner und Michael Spindelegger um den Posten des neuen ÖVP-Chefs geben. Beide liegen bei den Vertrauenswerten relativ gut und haben in den vergangenen Monaten sogar den bisherigen ÖVP-Chef Josef Pröll überholt. Weit abgeschlagen dagegen ist Innenministerin Maria Fekter, die in den vergangenen zwei Jahren in den negativen Bereich abgerutscht ist.

So einfach kann man diese Werte aber nicht übernehmen, sagt Wolfgang Bachmayer, Chef des Meinungsforschungsinstituts OGM, der die Werte erhoben hat. Denn traditionellerweise sei ein Außenminister bei derartigen Umfragen stets im Vorteil, Innenminister hatten auch in der Vergangenheit immer schlechtere Werte. Beziehe man das mit ein, so komme auch Maria Fekter durchaus für die Führungsfunktion in der Partei in Frage, sagt Bachmayer. Aktuelle Werte habe er aber noch nicht, die könne man frühestens nach der heutigen ÖVP-Vorstandssitzung erheben.

„Die Vertrauenswerte sind aber nicht automatisch eine Eignungsreihung“, sagt Politikforscher Peter Ulram von GfK. Neben der Attraktivität bei der Wählerschaft zählten auch das Führungsverhalten und die Fähigkeit, sich in den Gremien durchzusetzen. Und da sieht Ulram das große Problem für den künftigen ÖVP-Chef – wer immer das auch wird. Das Gravitationszentrum der Macht habe sich in den vergangenen Jahren von den Bünden zu den Ländern verschoben, das sei ein schleichender Prozess gewesen. „Und wenn der neue Parteichef das nicht in den Griff bekommt, hat er keine Chance.“ Ulram erinnert an die letzte Nationalratswahl im Jahr 2008, als einige Länder dem damaligen Parteichef, Wilhelm Molterer, die Gefolgschaft verweigerten.

Partei muss sich neu erfinden

Ähnlich sieht das der Marktforscher Peter Hajek: Der neue ÖVP-Chef müsse in der Lage sein, über den Tellerrand hinauszuschauen. „Es müssen der Wunsch und der Wille da sein, die Partei neu zu erfinden.“ Man müsse klarmachen, wofür eine moderne konservative Partei heute steht. „Wenn das nicht passiert, hat die Partei eine begrenzte Lebensdauer.“

Das sei aber eine Aufgabe, vor der nicht nur die ÖVP steht. Generell sei das Jahrhundert der klassischen Volksparteien zu Ende. Für die Pröll-Nachfolge schlägt Hajek eine Trennung der Funktionen vor: Parteichef und Finanzminister sollten nicht mehr in einer Person vereint sein, sonst werde auch der Nachfolger körperlich verheizt. Als Interims-Parteichef schlägt er Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl vor.

Für Bachmayer ist dagegen das Suchprofil für den neuen Parteichef einfach: Ein „Wunderwuzzi“ muss her.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2011)

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