Rauchverbot: Nichtraucher werden im Stich gelassen

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Zahl der Beschwerden von Bürgern stieg stark. Behörden würden nicht von sich aus kontrollieren, ob das Rauchverbot in der Gastronomie eingehalten wird. Anonyme Hinweise würden ohnedies ignoriert.

Wien/Aich. „Wenn die Politik ein Gesetz macht, hat sie auch die Verpflichtung, für dessen Einhaltung zu sorgen.“ Volksanwalt Peter Kostelka rügte am Donnerstag den Umgang mit dem Tabakgesetz. Zahlreiche Beschwerden von Bürgern seien eingegangen, meinte Kostelka. Denn die Behörden würden nicht von sich aus kontrollieren, ob das Rauchverbot in der Gastronomie eingehalten wird. Erst wenn Privatpersonen Verstöße melden, werde das überprüft. Anonyme Hinweise würden ohnedies gleich schubladisiert werden.

Doch auch in anderen Bereichen orten die drei Volksanwälte Missstände, wie sie bei der Präsentation ihres Jahresberichts 2010 festhielten. So hatte die Politik versprochen, dass es durch den 2008 gegründeten Asylgerichtshof zu schnellen Verfahren kommt. „Von diesem Versprechen wurde sehr wenig eingelöst“, sagte Volksanwältin Terezija Stoisits. Die Zahl der Beschwerden habe sich nahezu verzehnfacht. Vielfach erfolge ein Jahr lang kein einziger Schritt, rügte Stoisits. Besonders krass sei der Fall eines minderjährigen Somaliers. Sein Verfahren sei mehr als ein Jahr lang stillgestanden, weil es nur einen Sprachsachverständigen gebe – und dieser habe den Fall lange nicht bearbeitet.

Föderalismus gegen den Bürger

Aber auch Inländer werden gerne von den Behörden zum Narren gehalten, dafür sorgt schon der Föderalismus. Niederösterreicher, die in Wien arbeiten und den Nachwuchs in der Nähe des Büros im Kindergarten abgeben, haben etwa Pech. Für sie gilt der Gratiskindergarten nicht, denn die Niederösterreicher zahlen nicht für Wiener Einrichtungen. Hier richtet sich „der Föderalismus gegen den Bürger“, prangerte Stoisits an. Alle bisherigen Gespräche mit den Niederösterreichern seien gescheitert.Wer um das Sorgerecht oder den Unterhalt für sein Kind prozessiert, erlebt auch viel. Es gebe „absolut problematische“ Fälle, bei denen die Verfahren vor Gericht zwei bis drei Jahre dauern, kritisierte Volksanwältin Gertrude Brinek. Vor allem im Nordosten Österreichs herrsche ein akuter Mangel an Gutachtern.

Aufgabe der Volksanwaltschaft ist es, dem Parlament Missstände in der Verwaltung aufzuzeigen. Insgesamt baten im Vorjahr 15.265 Menschen die Volksanwaltschaft um Hilfe, 11.198 beschwerten sich dabei konkret über Behörden. Die Zahl der Beschwerden stieg somit um mehr als acht Prozent gegenüber dem Jahr 2009. In 829 Fällen stellten die Volksanwälte im Vorjahr tatsächlich einen Missstand fest. 2009 war dies nur 641-mal der Fall gewesen. Warum stieg die Zahl der Beschwerden an? Immer mehr Leute würden es wagen, sich zu beschweren, meinen die Volksanwälte. Überdies führe der Spardruck möglicherweise dazu, dass die Verwaltung fehleranfälliger werde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2011)

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