Wehrpflicht: Spindelegger setzt auf 'Österreich-Dienst'

Feierlichkeiten zum oesterreichischen Nationalfeiertag
Feierlichkeiten zum oesterreichischen Nationalfeiertag(c) dapd (Hans Punz)
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Das VP-Konzept sieht vor, dass die Wehrpflicht bleibt, das Heer aber reformiert wird. Neben Grundwehrdienst und Zivildienst soll es noch eine dritte Schiene geben: Die Ausbildung zum Katastrophenschützer.

Eine Reform der Wehrpflicht, aber keine Abschaffung: Das ist der Kern des Konzepts von ÖVP-Chef Michael Spindelegger zur Zukunft der Landesverteidigung. Spindelegger hat sein Papier fertig in der Schublade liegen, wird es aber erst in den kommenden Wochen, möglicherweise beim ÖVP-Parteitag am 20. Mai in Innsbruck, präsentieren. Damit tritt die ÖVP den Plänen von Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) entgegen, der den Grundwehrdienst abschaffen und das Bundesheer zu einer Berufsarmee mit unterstützender Freiwilligenmiliz umbauen will.

Wie „Die Presse“ in Erfahrung bringen konnte, baut das Spindelegger-Konzept auf jenem Papier auf, das der Salzburger ÖVP-Chef Wilfried Haslauer bereits im Jänner präsentiert hat. Die Wehrpflicht bleibt erhalten, allerdings in einer eingeschränkten Form: Künftig soll es neben Grundwehrdienst und Zivildienst noch eine dritte Schiene geben, nämlich die Ausbildung zum Katastrophenschützer.

Alle drei Varianten werden unter einem Namen zusammengefasst, nämlich dem „Österreich-Dienst“.
Eine Konsequenz daraus lautet: Es wird deutlich weniger Grundwehrdiener geben als bisher. Werden derzeit rund 24.000 junge Männer jährlich eingezogen, so will man laut Spindelegger-Konzept künftig mit 10.000 bis 15.000 auskommen. Diese sollen aber tatsächlich eine militärische Ausbildung bekommen und nur noch zu einem geringen Teil für Systemerhalterfunktionen (z. B. Köche, Kellner, Wachpersonal) eingesetzt werden. Derzeit sind schon mehr als die Hälfte der Grundwehrdiener Systemerhalter.

Eine Absage erteilt Spindelegger Wünschen nach einer weiteren Verkürzung des Präsenzdienstes: Es bleibt bei sechs Monaten, allerdings nicht auf einmal. Die Waffenübungen, die der ÖVP-Verteidigungsminister Günther Platter abgeschafft hat, werden wieder eingeführt. Die Grundausbildung soll fünf Monate dauern, in den folgenden Jahren sind in Summe ein Monat Milizübungen vorgesehen. Diese sind aber zeitlich befristet: Im Alter von 25 Jahren soll jeder seine Verpflichtungen beim Bundesheer erfüllt haben.

Neue Rolle der Miliz

Damit würde die Miliz, die in den vergangenen Jahren de facto nur noch auf dem Papier bestand, wiederbelebt. Ihre Rolle soll auch neu definiert werden – etwa im Bereich des Objektschutzes.

Das Spindelegger-Modell sieht auch eine Reduktion des Personalstands – derzeit gibt es 15.000 Berufssoldaten und 9000 Zivilbedienstete – vor. Auch der aufgeblähte Generalstab soll da nicht ungeschoren davonkommen. Verbunden wäre das mit einem neuen Anstellungsrecht für Soldaten. Der Zeithorizont für die Umstellung: fünf Jahre.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Klubchef Karlheinz Kopf werden das ÖVP-Papier in den Verhandlungen mit SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos zu vertreten haben. Sie werden aber nicht nur ihr eigenes Konzept vertreten, sondern vor allem das Berufsheer-Modell von Darabos stark in Zweifel ziehen. Denn: Dass die inzwischen zweimal revidierten Zahlen des Ministers einer Überprüfung standhalten, glaubt man in der Volkspartei nicht mehr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 2. 5. 2011)

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