Steirer-FPÖ: Südtirol soll zu Österreich, Kritik an Strache

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Gerhard Kurzmann hält nichts von Schattenkabinetten und wäre als Parteichef Anfang Mai beim „Heldengedenken“ in Wien aufgetreten. Wiederherstellung der Landeseinheit müsste ein selbstverständliches Ziel sein.

Die Presse: Heinz-Christian Strache will am Samstag beim FPÖ-Parteitag in Graz ein Schattenkabinett präsentieren. Steirer sind allerdings keine dabei.

Gerhard Kurzmann: Das sind alles nur taktische Spielereien. Das Klappern gehört eben zum Handwerk. Ich halte von derartigen Schattenkabinetten nichts, weil sich die Gegner damit auf die Genannten einschießen können. Daher wäre es politisch dumm, jetzt schon über Minister zu spekulieren.

Keine Spekulation ist, dass im neuen Parteiprogramm, das am Samstag beschlossen wird, wieder das Bekenntnis zur deutschen Volks- und Kulturgemeinschaft zu finden sein wird.

Das ist eine Frage des Selbstverständnisses. Warum sollen wir es jetzt verstecken?

Zuletzt kam man auch ohne aus.

Es ist unter Jörg Haider nur in den Hintergrund gerückt, weil er regierungstauglich werden wollte. Aber es war immer fixer Bestandteil. Daran gibt es wissenschaftlich nichts zu rütteln, es wurde nur ideologisch überfrachtet.

Die FPÖ stellt jetzt offensiv den Regierungsanspruch. Ist ein derartiges Bekenntnis kein Hindernis mehr?

Man soll Grundpositionen nicht aus tagespolitischen Gründen verstecken.

Wie definieren Sie den „germanischen Freiheitswillen“, zu dem sich die Partei in ihrem Programm bekennt?

Es gibt historisch einen germanischen Block in Europa, zu dem der angelsächsiche und skandinavische Raum sowie Deutschland und Österreich gehören.

Was ist mit Südtirol?

Das ist nicht Ausland. Es gehört zu Tirol. Die Wiederherstellung der historischen Landeseinheit müsste für jeden österreichischen Politiker ein selbstverständliches Ziel sein.

Wie wollen Sie diese Einheit wieder herstellen? Eine Doppelstaatsbürgerschaft würde nicht ausreichen?

Nein. Ich bin für eine Volksbefragung. Was jetzt als Autonomie angesehen wird, ist für viele Südtiroler zu wenig. Es geht um die Selbstbestimmung der Völker.

Der EU-Abgeordnete Andreas Mölzer hat zuletzt die Regierungstauglichkeit der FPÖ mit Verweis auf die dünne Personaldecke infrage gestellt.

Er hat damit die zweite und dritte Linie in den Ministerien gemeint, die wir eben nicht haben und ohne die es schwierig ist. Ich kenne das aus zwei Regierungsexperimenten: Rot-Blau und Schwarz-Blau. Nach gutem Start sind wir immer öfter über den Tisch gezogen worden.

Wie wollen Sie das verhindern?

Ich habe die Partei in der Steiermark stark umgebaut und viele Ältere durch Junge ersetzt.

Dabei ist ein fast homogener „Männerklub“ entstanden.

Das liegt am Rollenbild unserer Frauen. Wir haben keine Emanzen, die sich auf Kosten der eigenen Familie profilieren wollen. Für sie steht die Familie im Vordergrund.

Außerdem fällt der hohe Anteil an Burschenschaftern in der FPÖ auf.

Das stört mich nicht. Die Korporationen waren immer eine wichtige Säule und sind es noch immer. Sie sind ein urdemokratisches Element in diesem Land. Sie als Ewiggestrige zu punzieren, ist hanebüchen und ein Unsinn, der nur vom Dokumentationsarchiv gepredigt wird.

Aber selbst die Linie des Parteichefs schien anlässlich der Gedenkfeiern zur Kapitulation Nazi-Deutschlands („Heldengedenken“) Anfang Mai in Wien unklar. Strache hat seine Rede schließlich im letzten Moment abgesagt.

Ich wäre als Bundesparteiobmann dort aufgetreten. Das ist keine Reminiszenz an vergangene Zeiten, sondern eine selbstverständliche Ehrung von Menschen, die im Krieg gefallen sind.

Wie gefällt Ihnen eigentlich die aktuelle, schroffere Linie des ÖVP-Außenministers gegenüber der Türkei?

Die Linie ist halbweich, da kennt sich keiner aus. Die Türken verstehen nur, wenn offen mit ihnen gesprochen wird. So wissen sie, dass sie mit Österreich alles machen können. Der türkische Botschafter (Kadri Ecvet Tezcan, Anm.) hätte nach seinen Aussagen in der „Presse“ zur „Persona non grata“ erklärt werden müssen. Derartige Unverschämtheiten kann ein Außenminister ausrichten, aber nicht ein in Österreich stationierter Diplomat.

Klartext will die FPÖ wieder einmal auch Richtung EU sprechen und die österreichischen Beiträge einfrieren. Wie soll das funktionieren?

Ich erinnere an die Forderung der ehemaligen britischen Premierministerin Thatcher: „We want our money back!“ Mit dem „Briten-Rabatt“ sind sie dann gut ausgestiegen. Wir dagegen sind die Melkkühe der EU, wie Schafe, die sich freiwillig scheren lassen. So fließen ohne demokratische Legitimation Milliarden in ein korruptes System. Aber wer repräsentiert denn die Europäische Union? Ein Van Rompuy (Herman, EU-Ratspräsident, Anm.) ist politisch ja so stark wie die Ashton (Catherine, Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Anm.) schön ist.

Auf einen Blick

Gerhard Kurzmann ist Landesparteiobmann der FPÖ Steiermark und seit Oktober 2010 Landesrat für Umwelt, Verkehr und Technik. Davor war der 57-jährige Historiker lange Jahre Nationalratsabgeordneter der FPÖ. Bei der steirischen Landtagswahl im vergangenen Herbst brachte es die FPÖ mit Kurzmann an der Spitze auf 10,66 Prozent. Das bedeutete den Wiedereinzug in den Landtag und einen Sitz in der Landesregierung.

Der FPÖ-Parteitag findet am Samstag in Graz statt. Neben einem Leitantrag mit Reformvorschlägen wird dort das neue Parteiprogramm beschlossen. Darin bekennt sich die FPÖ zur „deutschen Volks- und Kulturgemeinschaft“ und – nach der Ortstafel-Einigung in Kärnten – auch zu den autochthonen Minderheiten. Bei Verfassungsänderungen auf EU-Ebene legt sich die FPÖ außerdem auf Volksabstimmungen fest.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2011)

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