Hintergrund: Das geplante Lobbyisten-Gesetz

Lobbyisten müssen sich künftig in ein Register eintragen. Bei Verstößen drohen Geldstrafen bis zu 60.000 Euro.

Lobbyisten müssen künftig ihre Arbeit transparenter gestalten: Dazu wird sie das neue Lobbying- und Interessenvertretungs-Transparenz-Gesetz verpflichten. Vorgesehen ist laut Gesetzesentwurf eine Eintragung in ein Register, gelten werden die Bestimmungen für Lobbyisten, Unternehmen, die interne Lobbyisten beschäftigen, für Interessenverbände sowie für gesetzlich eingerichtete berufliche Interessenvertretungen. Die Mitarbeiter der Kammern müssen allerdings nicht namentlich genannt werden, jene von Interessenverbänden wie der Industriellenvereinigung hingegen schon. Geplant ist, dass die neuen Bestimmungen per 1. Jänner 2012 in Kraft treten.

Mit dem Gesetz werden Verhaltens- und Registrierungspflichten bei Tätigkeiten, mit denen auf Entscheidungsprozesse von Funktionsträgern der öffentlichen Hand Einfluss genommen werden soll, geregelt. Die Lobbyingtätigkeiten umfassen dabei alle Aktivitäten, die das Ziel der direkten Einflussnahme auf einen bestimmten Entscheidungsprozess der österreichischen Gesetzgebung und Verwaltung haben, heißt es. Rechtsberatung durch Rechtsanwälte, Notare oder Wirtschaftstreuhänder etwa ist davon nicht betroffen, ebenso wie unentgeltliche Tätigkeiten.

Im Entwurf wird klar zwischen "klassischen" Lobbyisten bei Interessenvertretungsunternehmen, Unternehmenslobbyisten, Interessenverbänden sowie gesetzlich eingerichteten beruflichen Interessensvertretungen (Kammern) unterschieden. Ein "Lobbyist" ist demnach eine Person, die als Organ oder Dienstnehmer eines Interessenvertretungsunternehmens Tätigkeiten ausübt, mit denen Entscheidungsprozesse von Funktionsträgern der öffentlichen Hand beeinflusst werden sollen. Als Lobbying-Auftrag gilt ein entgeltlicher Vertrag, durch den ein Auftraggeber den Auftragnehmer verpflichtet, jene Tätigkeiten auszuüben, mit denen Entscheidungsprozesse beeinflusst werden.

Um die Transparenz zu erhöhen, wird ein Interessenvertretungs-Register (IVR) eingeführt. In dieses sind - aufgeteilt in sogenannte Abteilungen - alle Interessenvertretungsunternehmen (Abt. A1) und deren Aufträge (Abt. A2), Firmen, die Unternehmenslobbyisten beschäftigen (Abt. B), gesetzlich eingerichtete berufliche Interessenvertretungen (Abt. C) und Interessenverbände (Abt. D) einzutragen. Die darin genannten Informationen sind öffentlich zugänglich. Lediglich, was die detaillierten Daten über Aufträge (Abt. A2) betrifft, ist der Zugriff auf Beteiligte, Funktionsträger, mit denen ein Lobbyist direkt in Kontakt tritt und Personen sowie Stellen mit rechtlichem Interesse beschränkt.

Interessenvertretungsunternehmen müssen unter anderem den Firmennamen, ihre Anschrift, eine Kurzbeschreibung ihrer beruflichen oder geschäftlichen Aktivitäten und gegebenenfalls alle vertretungsbefugten Personen angeben. Auch die Namen und Geburtsdaten der bei ihnen beschäftigten Lobbyisten sind vor Aufnahme deren Tätigkeit anzugeben. Registriert wird auch der gesamte durch die Lobbying-Tätigkeit erzielte Umsatz sowie die Anzahl der Aufträge. Nach Abschluss eines Vertrages sind in Abteilung A2 "unverzüglich" die Auftraggeber, der Auftragsgegenstand sowie der Umfang anzugeben. Die Eintragungen müssen jedenfalls rechtzeitig vor Aufnahme der Tätigkeit erfolgen. Erst danach dürfen Lobbyisten tätig werden. Im Fall einer Streichung müssen sie ihre Arbeit "unverzüglich" einstellen.

Unternehmen, die eigene Lobbyisten beschäftigen, müssen ebenfalls Auskunft darüber geben. Anzugeben sind etwa Name und Geburtsdatum ihrer Unternehmenslobbyisten sowie Information darüber, ob der für das abgelaufene Wirtschaftsjahr getätigte Aufwand für Lobbying-Tätigkeiten den Betrag von 100.000 Euro übersteigt. Unternehmenslobbyisten haben ihrem Dienstgeber Änderungen ihrer im Register eingetragenen Daten zu melden.

Gesetzlich eingerichtete berufliche Interessenvertretungen haben ihre Bezeichnung sowie eine kurze Umschreibung ihres gesetzlichen Aufgabenbereichs bekanntzugeben. Nennen müssen sie auch die Gesamtzahl der von ihnen beschäftigten Funktionäre sowie die Summe der Gesamteinnahmen jeweils zum Stichtag 31. Dezember des letzten Jahres.

Bei Interessenverbänden verhält es sich ähnlich. Sie müssen allerdings auch die Namen "der für sie einschreitenden Interessensvertreter" oder einen Link zu einer Webseite, auf der diese aufscheinen, angeben. Änderungen im Register müssen generell innerhalb von drei Wochen bekanntgegeben werden.

Funktionsträger dürfen während der Dauer ihrer Funktion nicht als Lobbyisten tätig werden. Dies unterscheidet den aktuellen Entwurf von früher kolportierten Plänen, wonach Politiker auch zwei Jahre nach Ende ihrer offiziellen Funktion nicht als Lobbyist arbeiten hätten dürfen.

Bei Gesetzesverstößen sind Sanktionen in Form von Verwaltungsstrafen oder die Streichung aus dem oder die Nichteintragung in das Register vorgesehen. Geht jemand einer Lobbyingtätigkeit nach, ohne im Register eingetragen zu sein, droht eine Geldstrafe bis zu 10.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 30.000 Euro. Wurde der Betroffene aus dem Register gestrichen und arbeitet trotzdem als Lobbyist, muss er ebenfalls bis zu 20.000, im Wiederholungsfall bis zu 60.000 Euro zahlen. Wer gegen die Prinzipien wie etwa wahrheitsgemäße Angaben verstößt, seinen Auftraggeber nicht auf die Registrierungspflichten hinweist oder keinen Verhaltenskodex vorweisen kann, kann mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 30.000 Euro bestraft werden.

Verstößt jemand gegen die im Gesetz genannten Pflichten, droht ihm die Nichteintragung oder die Streichung aus dem Register für drei Jahre, er ist damit von Lobbying-Tätigkeiten ausgeschlossen. Ein Lobbying-Auftrag an ein Interessenvertretungsunternehmen, das sich nicht im Register wiederfindet, und der dort auch nicht verzeichnet ist, ist "nichtig". Was jemand wissentlich für einen solchen Auftrag bezahlt hat, verfällt zugunsten des Bundes, heißt es.

Interessenvertretungsunternehmen müssen für ihre Eintragung ins Register 900 Euro bezahlen, Unternehmen, die eigene Lobbyisten beschäftigen, zahlen 450 Euro und Interessenverbände 90 Euro. Die Eintragung von Lobbying-Aufträgen kostet 45 Euro. Ebenso viel ist zu zahlen für einen Antrag auf Einsicht in Auftrag-Details, so es sich nicht um "Vertragsteile" und betroffene Funktionsträger handelt.

Der vorliegende Gesetzesentwurf umfasst sieben Seiten. Anders als im letzten bekannten Entwurf ist das Inkrafttreten nicht für 1. Oktober 2011, sondern erst per 1. Jänner 2012 vorgesehen. Die Verwaltungsstrafen bei Verstößen gelten erst für Taten, die nach dem 30. Juni 2012 begangen werden. Lobbyisten, gesetzlich eingerichtete berufliche Interessenvertretungen und Interessenverbände, die bereits vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes tätig sind und diese fortführen, können ihre Registereintragung bis 31. März 2012 beantragen.

(APA)

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