Kunsthistoriker und Grüner Dieter Schrage ist tot

Kunsthistoriker Gruener Dieter Schrage
Kunsthistoriker Gruener Dieter Schrage(c) APA (G�tz Schrage)
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Dieter Schrage war Kunstexperte, politischer Kritiker und Sprecher der Grünen Senioren. Er starb mit 76 Jahren an einem Herzstillstand.

Der Museumskurator, Grünen-Politiker und Kulturwissenschafter Dieter Schrage ist am Mittwoch mit 76 Jahren gestorben. Der promovierte Philosoph und Kulturwissenschafter erlitt einen Herzstillstand. Das teilten die Wiener Grünen heute auf ihrer Homepage mit. Schrage hatte sich noch vor wenigen Tagen engagiert in eine Sitzung der Wiener Grünen eingebracht und vergangene Woche die Laudatio auf Conny Hannes Meyer anlässlich dessen Auszeichnung mit dem "Goldenen Verdienstzeichen" gehalten. Am vergangenen Dienstag hatte Schrage seinen 76. Geburtstag gefeiert.

Schrages beruflicher Werdegang war vielseitig: Der gebürtige Deutsche engagierte sich für umstrittene Kunst und Kuratorentätigkeiten, etwa am Museum Moderner Kunst Wien. Außerdem war er gesellschaftspolitisch sehr aktiv, gründete 1997 die "Initiative Grüne SeniorInnen" und war auch grüner Bezirksrat in Wien-Neubau und Wien-Penzing.

"Ein Unbequemer im besten Sinne"

"Er war ein Unbequemer im besten Sinne. Er war aber auch immer ein Brückenbauer in alle Milieus und politischen Lager. Er wird uns sehr fehlen", äußerte sich Klaus Werner-Lobo, Kultursprecher der Grünen. Betroffen reagierte auch Grünen-Bundesprecherin Eva Glawischnig: "Dieter war jung im Alter, ein lebendiger und kritischer Geist, der stets alles hinterfragt hat, aber immer in tiefer Solidarität zum Grünen Projekt."

Geboren wurde Schrage am 28. Juni 1935 im westfälischen Hagen und wuchs in Singen und Bochum auf. Nach dem Besuch einer Journalistenschule in Aachen studierte er in Köln Theaterwissenschaft und Politologie. 1960 übersiedelte er nach Wien, inskribierte dort weiter Theaterwissenschaft sowie Kunstgeschichte und Literaturwissenschaft und gründete gemeinsam mit seiner ersten Frau eine Töpferwerkstatt. Sechs Jahre darauf erhielt er die österreichische Staatsbürgerschaft.

Mitinitiator der "Arena"-Proteste

Nachdem er 1967 promovierte, war er von 1968 bis 1979 Kulturreferent des Wiener Kunstfonds der Zentralsparkasse, von 1971 bis 1974 Mitbegründer und zeitweiliger Leiter des "Freien Kinos", das als Programmkino für Wien wegweisend war. Von 1979 bis 2001 fungierte er als Kustos am Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien.

In politischer Hinsicht war Schrage unter anderem als Mitinitiator der Protestbewegung um das 1976 besetzte "Arena"-Gelände auf dem Wiener Schlachthof aktiv und organisierte zahlreiche Solidaritätsaktionen, etwa für Nicaragua, die Chile-Front und die Bewährungshilfe. Bis zu seinem Austritt aus der SPÖ 1986 hielt er Seminare am Karl-Renner-Institut.

Von 1976 bis 1990 unterrichtete Schrage am Institut für Publizistik der Universität Salzburg und am Institut für Volkskunde der Universität Wien, später lehrte er an der Wiener Universität für Musik und darstellende Kunst Ästhetische Theorie. Zu seinen Spezialgebieten zählten Kulturpolitik, Kunsttheorie, Popularästhetik und Subkultur/Gegenkultur. In den vergangenen Jahren kuratierte er zahlreiche Ausstellungen, unter anderem die Retrospektive "Erwin Puls. Die Phantome des Begehrens" im project space der Kunsthalle Wien im März 2009.

Verlust des Unterschenkels

Seit einer Unterschenkel-Amputation 1992 in Folge einer Diabeteserkrankung musste Schrage an zwei Stöcken gehen. Dieses Schicksal verarbeitete er unter anderem 1998 in dem Lyrik- und Prosa-Band "Wie ich noch einmal über die Stränge schlagen wollte und dabei vom Regen in die Traufe kam".

Schrage lebte mit seiner zweiten Frau Margit in der Wiener "Sargfabrik". Er war zweifacher Vater und Großvater.

(APA)

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