Otto Habsburg sei "kein realer politischer Faktor" in Österreich gewesen, sagt der Historiker Gerhard Jagschitz.
Wie groß war die historische Bedeutung des am Montag verstorbenen Otto Habsburg? Der Kaisersohn sei ein "Symbol für vergangene Größe" gewesen, aber "kein realer politischer Faktor", sagt Gerhard Jagschitz, pensionierter Professor für Zeitgeschichte der Universität Wien. Habsburg sei jedoch ein "ehrlicher Makler der europäischen Idee" gewesen.
Eine durchgehende Bedeutung Otto Habsburgs gebe es nicht, so Jagschitz, sondern verschiedene Perioden seines Lebens. Tatsächlich sei er zum Kaiser erzogen worden und habe in den 1930er Jahren auch einige Taten gesetzt, so der Historiker etwa mit Verweis auf den Brief an den damaligen Bundeskanzler Kurt Schuschnigg. Im Exil sei Habsburg "sehr umtriebig", aber seiner Meinung nach "nicht sehr erfolgreich" gewesen, meinte Jagschitz. So habe er nicht wirklich die Befreiung Österreichs maßgeblich beeinflusst.
Habsburg "Teil der europäischen Welle"
Nach dem Krieg habe Habsburg ein "konservatives Europa" haben wollen und sei stark antimarxistisch und antisowjetisch aufgetreten. Auch die erste Paneuropa-Bewegung sei eher konservativ gewesen, seien doch einige Länder ausgeschlossen worden. Später sei Habsburg Teil der europäischen Welle gewesen. Er sei ein "wichtiger Teil" der Propagierung der Idee eines gemeinsamen Europas gewesen, unter anderem auch in seiner Tätigkeit für das Europäische Parlament.
Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre fänden sich Indizien dafür, dass er Ideen, wieder Kaiser zu werden, aufgegeben habe, so Jagschitz. 1961 gab Otto Habsburg seine Verzichtserklärung ab. Die Beisetzung Zitas, der Mutter Otto Habsburgs, sei ein "symbolischer Schlussstrich" für die Idee gewesen, dass Otto jemals Kaiser wird. Realpolitisch sei dies freilich schon früher klar war, betonte Jagschitz. In der österreichischen Politik sei Otto Habsburg nie ein realer politischer Faktor gewesen, außer als "Buhmann" während der "Causa Habsburg" in den 60er Jahren.
Otto Habsburg war zuletzt Familienoberhaupt - und von der Familiengeschichte aus betrachtet könne man schon von einem Schnitt sprechen, meinte Jagschitz. Denn Habsburg sei eine intellektuelle und eindrucksvolle Persönlichkeit gewesen. Was bleibt den Österreichern von den Habsburgern? Ein Teil der historischen Substanz ist laut dem Historiker von den Habsburgern übrig geblieben, den man heute noch etwa für Tourismus nutze. Auch sei es teilweise heute noch so, dass sich Österreicher in einigen osteuropäischen Ländern leichter tun - eine "kleine nostalgische Gemeinsamkeit".
(APA)