Nervöses Warten in der Kapuzinergruft

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Seit 378 Jahren ist die Kapuzinergruft Begräbnisstätte der Habsburger. Anspannung vor der Beisetzung Otto Habsburg-Lothringens. Der letzte Platz ist für Carl Ludwigs Ehefrau Yolande vorgesehen.

Wien. Pater Gottfried, Kustos der Kapuzinergruft in Wien, ist nervös. Nein, er könne keine Details zum Begräbnis geben: „Das ist eine Familienangelegenheit“, sagt der Mann in der braunen Paterkleidung und wendet sein Gesicht schon wieder in Richtung Tür. Pater Gottfried, so viel steht fest, möchte eigentlich gehen.

Es ist Montagmittag, 12Uhr, und in der Kapuzinergruft herrscht eine eigentümliche Stimmung zwischen Aufregung und ruhigem Alltag. Erst wenige Stunden davor wurde bekannt, dass Otto Habsburg-Lothringen, Sohn des letzten Kaisers von Österreich, gestorben sei. Und dass er damit auch seine letzte Ruhe in der Kapuzinergruft, der Familiengruft der Habsburger-Familie, finden würde. Bis auf Pater Gottfried, der aufgrund des Interesses überfordert scheint, zeigt sich hier aber niemand beeindruckt. Abgesehen von drei Medienvertretern schlendern fast ausschließlich Touristen durch die Räume. Eine Oberstufenklasse aus Salzburg sitzt eher gelangweilt auf den Stufen der „Gruftkapelle“, also jenes Raums, in dem der Kaisersohn seine letzte Ruhe finden wird. „Dort auf den beiden Sockeln werden die Särge stehen“, sagt Pater Gottfried und deutet auf zwei Marmorplatten am Ende des Raumes. Neben Otto wird seine Ehefrau Regina, die im Vorjahr gestorben ist, hier beigesetzt (ihre Gebeine werden aus Deutschland überstellt).

Nur noch ein Platz frei

Wessen Sarg links und wessen rechts stehen werde, kann Pater Gottfried nicht sagen: „eine Sache der Familie“. In dem Raum befinden sich der Sarg von Ottos Mutter, Kaiserin Zita, und der seines Bruders Carl Ludwig, beide mit Blumen geschmückt. Der letzte Platz ist für Carl Ludwigs Ehefrau Yolande vorgesehen. Wenn sie stirbt, „wird die Kapuzinergruft voll sein“, sagt Pater Gottfried und blickt wieder nervös um sich. Grundlos: Träge bewegen sich Touristen an den Särgen vorbei und verweilen vielleicht einen Augenblick länger an den Särgen von Kaiser Franz Josef I. und Kaiserin Sisi. „Manchmal bringen die Leute Blumen mit“, wird Dolores Eisner, seit elf Jahren die Frau an der Kassa, später erzählen. Aber da ist Pater Gottfried schon längst weg.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2011)

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