Koalition schärft Anti-Terror-Kurs

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Nach den Anschlägen in Norwegen drängt die ÖVP auf ihr "Anti-Terror-Paket", die SPÖ will verstärkte internationale Kooperation und bessere Mittel für die Polizei.

Die Koalition bemüht sich, nach den Attentaten von Norwegen Handlungsbereitschaft zu demonstrieren. Sowohl Kanzler als auch Vizekanzler betonten am Dienstag nach dem Sommer-Ministerrat in Wien, man wolle nun „dringend“ Maßnahmen gegen den Terror setzen. Bei den Details liegen die Meinungen allerdings noch auseinander. Während Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) für schärfere Gesetze gegen den Terror eintrat, unterstrich Kanzler Werner Faymann (SPÖ) die Bedeutung des Datenschutzes. Aber: „Es darf nicht ein Entweder-oder zwischen dem Datenschutz und der Bekämpfung des Terrors sein“, so der SPÖ-Chef. Ihm gehe es um bessere Mittel für die Ermittler der Polizei; diese könnten auch „nur“ in mehr Ressourcen, nicht in mehr Befugnissen für die Behörden liegen. Das gelte es jetzt zu überprüfen.

Kommt „Lex Norwegen“?

Spindelegger wurde konkreter: Er sieht nach den jüngsten Ereignissen offenbar umso mehr die Zeit für das „Anti-Terror-Paket“ gekommen, das bereits am 22.Juni seine neue Innenministerin, Johanna Mikl-Leitner, und Justizministerin Beatrix Karl (beide ÖVP) sowie davor in Grundzügen deren Vorgängerinnen präsentiert haben; es solle nach der Sommerpause im Parlament diskutiert werden, sagte Spindelegger. Wobei die SPÖ zuletzt noch abwinkte: Sie wolle zuerst vor allem noch Fragen des Datenschutzes prüfen.

SPÖ: „Kooperation wichtig“

Am Dienstag kam man einander insoweit näher, als nun auch die SPÖ einer intensiveren Kooperation der österreichischen mit ausländischen Behörden – ähnlich wie im „Anti-Terror-Paket“ ausgeführt – offen gegenüberstehe, wie Faymann es ausdrückte. „Internationale Kooperation ist wichtig“, sagte er zum Kampf gegen „derart wahnsinnige Täter“, wie es der norwegische Attentäter, Anders Breivik, sei.

Aus der Kanzlerpartei verlauten aber weiter kritische Stimmen, die auf den Datenschutz pochen. So warnte SPÖ-Staatssekretär Andreas Schieder vor einem „Überwachungsstaat“: „Es gibt keine Alternativen zu einer freien Gesellschaft“, sagte er. Statt diese einzuschränken, brauche es eine „sensiblere Wortwahl“ in der Politik, meinte – so wie auch mehrere ÖVP-Politiker – Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Sie warnte vor Hetze, durch die Meinungen verstärkt würden.

Auch Oberösterreichs SPÖ-Landesparteigeschäftsführer Christian Horner mahnte ein „offenes, demokratisches Klima“ in der Gesellschaft ein: „Das wirkt gegen Taten wie in Norwegen weit mehr, als wenn man gesetzliche Maßnahmen setzt“, so der frühere Kriminalbeamte einer Mordkommission. Die jetzigen Regeln sollten aber auf „Schwächen“ überprüft werden.

Einen direkten Zusammenhang zwischen den Attentaten und der FPÖ-Politik wollte kein Vertreter der beiden Regierungsparteien sehen. Der Attentäter hat sich in seinem Hass-Pamphlet unter anderem auf Elisabeth Sabaditsch-Wolff, einst umstrittene Vortragende der FPÖ, bezogen; diese wehrt sich nun gegen „Vereinnahmung“.

Warten auf Kommando aus Oslo

Im Fall der beiden Attentate von Norwegen warten SPÖ und ÖVP jetzt auf Informationen von der Polizei in Oslo. Sollte diese eine „hervorragende“ Rolle Österreichs bei den Vorkommnissen feststellen oder sonst Hilfe einfordern, werde man die Ermittlungen umgehend unterstützen, sagte Spindelegger.

Fischer warnt vor Verschärfung

Bundespräsident Heinz Fischer möchte keine Anlassgesetzgebung: Er sprach sich gestern in der ZiB2 gegen eine Verschärfung der Anti-Terrorbestimmungen aus: Man solle sich nicht durch Gewehrkugeln zwingen lassen. In Anspielung auf das Anti-Minarettspiel der FPÖ mahnte er alle, ihre Positionen zu überdenken.

Auf einen Blick

Nach Plänen der ÖVP vom 22. Juni soll bald ein „Anti-Terror-Paket“ beschlossen werden. Dieses soll es heimischen Behörden erlauben, Ergebnisse von Ermittlungen im Inland sowie auch Online-Informationen mit Informationen ausländischer Nachrichtendienste zu verknüpfen. Außerdem soll es künftig schon als „terroristische Straftat“ gelten, wenn öffentlich zu einer solchen Tat aufgerufen wird– oder wenn eine solche „gutgeheißen“ wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27. Juli 2011)

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