Ortstafelfeier: Ein metaphernschwerer Meilenstein

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Nach dem Festakt in der Kärnter Landeshauptstadt Klagenfurt wurden in Südkärnten die ersten neuen zweisprachigen Tafeln aufgestellt. Auch Sloweniens Ministerpräsident Borut Pahor war zur Ortstafelfeier gekommen.

Klagenfurt. Geduldig lehnt sie, verpackt in ein weißes Tischtuch, an einer schattigen Seite des historischen Bahnhofs von Bad Eisenkappel. Über eine Stunde und einige Politikerreden muss sie auf ihren großen Auftritt warten. Kurz vor 16 Uhr ist es dann so weit: Österreichs aktuell größte Ortstafel (einmal zwei Meter) wird mit einem 13er-Schraubenschlüssel von prominenten Händen in den Eisenrohrrahmen geschraubt.

Sloweniens Ministerpräsident Borut Pahor, Kanzler Werner Faymann, Staatssekretär Josef Ostermayer und Landeshauptmann Gerhard Dörfler legen selbst Hand an, um die erste von Kärntens neuen zweisprachigen Ortstafeln zu montieren. „Bad Eisenkappel“ prangt es von dem schneeweißen, blau umrandeten Aluminiumschild. Darunter „Železna Kapla“, die slowenische Bezeichnung für den 2500-Einwohner-Kurort.

Lange wird sie hier aber nicht stehen bleiben. Für die symbolische Enthüllung hatte man das Premierenschild an einem willkürlichen, möglichst geräumigen Straßenrandabschnitt gepflanzt. Aber auch an die Stelle der bisherigen Ortstafel wird die neue nicht gesetzt werden, sondern rund 40 Meter weiter Richtung Norden rücken. In Bad Eisenkappel hat man die Ortstafeleinigung für eine sanfte Flächenexpansion genützt.

Einst an die Ortstafel gekettet

Auch deshalb ist es ein historischer Moment auf historischem Boden. Hier, an der Nordseite der Karawanken direkt an der slowenischen Grenze, hatte der langjährige Kärntner Ortstafelstreit einen seiner skurrilen Höhepunkte erlebt. 2006 kettete sich in der Ortschaft Vellach Franz Josef Smrtnik an der Ortstafel fest, um gegen deren von der Landesregierung angeordnete Demontage zu protestieren. Es kam zum ersten Treffen mit dem damaligen Verkehrslandesrat Gerhard Dörfler.

2009 wird Smrtnik zu Kärntens erstem Bürgermeister der slowenischen Einheitsliste gewählt, zwei Jahre später steht er hinter einem von Fahnen und Musikkapelle eingerahmten Rednerpult und ist ob des Anlasses und des prominenten Besuchs „erstmalig nervös“, wie er gesteht. Vor ihm sitzen Pahor, Faymann, Ostermayer, Dörfler und andere Wegbegleiter der Ortstafellösung. Auf 164 Ortstafeln hat man sich im neuen Volksgruppengesetz geeinigt. 91 davon stehen schon, 73 neue kommen dazu – die ersten beiden an diesem sommerlich-heißen Dienstagnachmittag im Rahmen von offiziellen Festakten in Bad Eisenkappel/Železna Kapla und im benachbarten Sittersdorf/Žitara Vas.

Der erste Akt der Feierlichkeiten geht schon am späten Vormittag im Wappensaal des Klagenfurter Landhauses über die Bühne. Schon dort werden von den Rednern metaphernschwer „Meilen-“ und „Grundsteine gelegt“, „Schienen“, „Tore“, „Wege“ und „Straßen in eine gemeinsame Zukunft gebaut“, die „gute Nachbarschaft“ wird beschworen und das Einende vor das Trennende gerückt. „Samma olle z'sam Kärntner und heut' reich ma uns die Hand“, heißt es später in einem von zwei Mädchen vorgetragenen Gedicht. „Wir san alle nur Menschen, es darf nie mehr um Ortstafeln gehen in diesem Land“, singt Liedermacher Ossi Huber zu gemütlichen Gitarrenklängen. Mit seinem eigens komponierten zweisprachigen Ortstafel-Song hat er es sogar bis in die Spitze der Kärntner Schlagerparade geschafft.

Landeshauptmann Dörfler will die Ortstafeleinigung für noch tief greifendere Verschmelzungen mit dem südlichen Nachbarn nützen. Jährlich abwechselnd könnten Laibach, Klagenfurt, Triest und später auch einmal Zagreb Kulturhauptstadt der Region werden. Auch sollte man die Bewerbung für eine Drei-Länder-Ski-WM reanimieren, schlägt Dörfler vor. Vom Bund und Slowenien wünscht er sich zudem eine zweite Röhre für den Karawankentunnel. Für Josef Ostermayer hat der Landeshauptmann an diesem Vormittag noch ein ganz besonderes Geschenk: Er überreicht ihm das große goldene Ehrenzeichen des Landes Kärnten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2011)

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