Telekom: Grüne werfen Aufsicht und ÖIAG „Kontrollversagen“ vor

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Die Oppositionspartei ist überzeugt, dass alle Überwachungsmechanismen versagt haben. Ihr Rundumschlag trifft auch die Finanzmarktaufsicht (FMA) und die Justiz: Die FMA habe "bewusst die Augen zugedrückt".

Wien/Eid. Die Grünen, die mit einer Anzeige im Februar – knapp vor Ablauf der Verjährungsfrist – die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien in der Kursaffäre erst ins Rollen brachten, sehen nicht nur die Telekom-Manager als Schuldige. „Die ÖIAG bzw. ihr damaliger Chef Peter Michaelis als Telekom-Aufsichtsratschef hat ihre Kontrollbefugnis nicht wahrgenommen und stattdessen die umstrittenen Boni ausbezahlt, die Vorstände entlastet und sogar wiederbestellt“, sagte die grüne Abgeordnete Gabriela Moser am Mittwoch.

Ihr Rundumschlag trifft aber auch die Finanzmarktaufsicht (FMA) und die Justiz: Die FMA habe „bewusst die Augen zugedrückt und ihre Kontrollfunktion nicht wahrgenommen“. Die FMA rechtfertigt sich damit, dass sie im Zuge der Untersuchung zwar die Kursmanipulation nachweisen konnte, diese nach der damaligen Rechtslage aber nicht strafbar gewesen sei (die „Presse“ berichtete am 12. August). Zudem habe es kein Indiz gegeben, dass TA-Manager dahintersteckten. Deshalb habe die FMA auch keine Anzeige erstattet.

Die Staatsanwaltschaft forderte Moser auf, nicht nur bei den Prämienzahlungen an rund 100 Telekom-Führungskräfte zu ermitteln, sondern auch andere Telekom-Deals wie die Immobiliengeschäfte genauer unter die Lupe zu nehmen. Diese Forderung richtet Moser auch an den jetzigen Telekom-Chef Hannes Ametsreiter.

Konkret sprach Moser den Verkauf der Telekom-Immobilie in der Wiener Innenstadt (Schillerplatz 4) an: Barbara Huber-Lipp, die Ehefrau des damaligen ÖBB-Chefs Martin Huber (der auch ein Freund von Telekom-Vorstand Rudolf Fischer war), kaufte das Haus der TA 2006 um 5,8 Mio. Euro ab und verkaufte es nur ein Jahr später um das Doppelte an die Baufirma Seeste. Diese ist einer der Großinvestoren beim neuen Wiener Hauptbahnhof. Fischer saß damals nicht nur im Vorstand der TA, sondern auch im Aufsichtsrat der ÖBB.

Immobiliendeal: Anzeige „versickerte“

Pikanterie am Rande: Moser zeigte schon 2008 Huber und dessen Gattin an, um untersuchen zu lassen, inwieweit er und andere in den Immobiliendeal involviert waren. Ein Jahr später kam die Antwort der Staatsanwaltschaft: Das Verfahren werde eingestellt, außer Moser bringe neue Tatsachen und Beweismittel ein. „Statt dass die Staatsanwaltschaft selbst ihre Aufgaben wahrnimmt, überträgt sie mir als Staatsbürgerin oder Abgeordnete diese Rolle“, empörte sich Moser.

Die Grün-Politikerin erneuert deshalb eine alte Forderung ihrer Partei, dass der Rechnungshof Unternehmen auch prüfen können soll, wenn der Staat zwischen 25 und 50 Prozent an einem Unternehmen hält. „Wenn betriebsinterne Kontrollen versagen, wäre das sinnvoll“, sagt Moser. Bei der Telekom hält die ÖIAG 28,42 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2011)

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