Rudas: "Schwarz-Blau - ein Skandalsumpf"

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Laura Rudas antwortet auf Töchterles Kritik an ihr und hat auch noch einige Fragen an ihn. Töchterle sprach gestern von Blockieren in der SPÖ und nannte dabei auch die Bundesgeschäftsführerin.

Die Presse: ÖVP-Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle hat gestern im „Presse“-Interview gemeint: „Wo die wirklichen Blockierer in der SPÖ sitzen, kann ich nicht sagen. Ich kann Namen nennen: etwa den von Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas. Von ihr höre ich ständig nur ein Nein. Obwohl es in der SPÖ bei vielen Verständnis für Zugangsregeln gibt. Jeder vernünftige Mensch versteht, dass es nicht anders funktionieren kann.“ Hat er recht?

Laura Rudas:Nein. Da hat er mich möglicherweise auch missverstanden. Dass es Zugangsregeln geben muss, da sind wir einer Meinung. Der Unterschied ist nur: Unser Ziel ist es, dass es am Ende mehr österreichische Studenten geben soll – aber besser aufgeteilt. Deswegen haben wir ja gemeinsam in der Koalition die Orientierungsphasen beschlossen. Und die sollen jetzt mit Leben gefüllt werden, bevor man sich schon wieder was Neues einfallen lässt. Bei uns sind 60Prozent der Studierenden auf zehn Prozent der Fächer aufgeteilt. Das ist nicht sinnvoll. Es gibt ja auch viele Studienrichtungen, wo Studentenmangel besteht.

Nun ist aber auch die an sich sehr lebensnahe Salzburger SPÖ-Landeshauptfrau Gabi Burgstaller für Zugangsbeschränkungen.

Gabi Burgstaller ist zu Recht besorgt, da gerade Salzburg enorm betroffen ist. Burgstaller möchte sicher nicht Salzburger Studenten von der Salzburger Uni treiben. Sie möchte nur nicht, dass deutsche Numerus-clausus-Flüchtlinge in Salzburg um österreichisches Steuergeld studieren und damit Salzburgern Studienplätze wegnehmen. Belgien hat ja mit den französischen Studenten das gleiche Problem wie wir mit den deutschen. Die Skandinavier haben das mit Ausgleichszahlungen gelöst. Wann hat der Wissenschaftsminister eigentlich das letzte Mal mit seiner Parteikollegin von der CDU, der deutschen Wissenschaftsministerin Annette Schavan, ein Gespräch geführt über eventuelle Ausgleichszahlungen? Und da habe ich gleich auch einige weitere Fragen an den Wissenschaftsminister: Wohin will er mit der Uni-Politik? Haben die Unis eigentlich Anträge auf Anwendung des Notfallparagrafen bei überfüllten Studienrichtungen gestellt? Wie sieht der Plan aus, die Akademikerquote zu steigern – schließlich gibt es bei diesem Ausbildungsgrad nur eine Arbeitslosigkeit von zwei Prozent? Wo ist der Stufenplan für die beschlossene Erhöhung des Uni-Budgets auf zwei Prozent des BIPs bis 2020? Und wo gibt es dabei jetzt schon Einsparungspotenzial? In Wien kann man etwa derzeit VWL auf der WU und der Haupt-Uni studieren. Der Unterschied ist marginal.

Die ÖVP will Familienleistungen per Gesetz automatisch der Inflation anpassen – wie bei den Pensionen. Was halten Sie davon?

Das genaue Konzept soll ja erst präsentiert werden. Das möchte ich abwarten. Grundsätzlich gilt: Familienförderung ist wichtig. Vor allem Sachleistungen.

In einer Lieblingsdisziplin der Sozialdemokraten, der Abrechnung mit Schwarz-Blau, wurden zuletzt reihenweise Elfmeter aufgelegt.

Bei den Unis fordert die ÖH 300Mio. Euro mehr, unter Schwarz-Blau wurden unzählige Millionen versenkt. Das macht jeden, der das sieht, zornig. Das ist nicht die Verlotterung der Politik oder der Unternehmen, sondern das war ein System – und es hat einen Namen: Schwarz-Blau. Das fängt an bei der Telekom, geht weiter mit der Buwog-Privatisierung, den Eurofightern, Seibersdorf, wo gegen Martin Graf ermittelt wird, Gorbachs Bodenseeschifffahrt, dem Justiz-Tower, Scheuchs Staatsbürgerschaftsgeschichte. Und laut „Format“ sollen auch ehemalige ÖVP-Regierungsmitglieder in Haiders Staatsbürgerschaftsaffäre verwickelt sein. Ein Skandalsumpf. Da wurden Millionen an Geldern versenkt, die wir heute ganz dringend bräuchten.

Haben Sie Ihren Sieg bei der ORF-Wahl gebührend gefeiert? Ihr innerparteilicher Marktwert dürfte dadurch stark gestiegen sein.

Die Wiederwahl ist Alexander Wrabetz gelungen. Es ist sein Sieg. Dass ich mich auch freue, ist kein Geheimnis.

Reden Sie auch beim ORF-Programm mit wie Ihr Kollege Nikolaus Pelinka?

Jeder, der den ORF kennt, weiß, dass es dort selbstbewusste Journalisten gibt, die sich nicht dreinreden lassen.

Zur Person

Laura Rudas, geboren am 10. März 1981 in Wien, ist seit 2008 Bundesgeschäftsführerin der SPÖ – gemeinsam mit Günther Kräuter. Ihre Karriere hatte sie als Bezirksrätin im 15.Bezirk in Wien begonnen, später war sie Gemeinderätin. Seit 2007 sitzt die enge Vertraute von Kanzler Werner Faymann im Nationalrat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2011)

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