BZÖ-Parteichef Bucher: Gorbach muss gehen

(c) Michaela Bruckberger
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Parteichef Bucher Im Interview. Er will die Finanzen seiner Partei offenlegen. In der Partei wisse niemand etwas von Schmiergeldzahlungen. Österreich sieht er in einer Phase der politischen Umbrüche.

Die Presse: Angesichts des Verdachts, dass 2003 600.000 Euro von der Telekom Austria an das BZÖ geflossen sein könnten, müssten Sie als Parteichef doch sofort die Bücher offenlegen.

Josef Bucher: Ja, das mache ich, und ich werde eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft schicken. Nach einer ersten Durchsicht habe ich keine direkten Geldflüsse von der Telekom Austria zum BZÖ feststellen können. Was wir gesichtet haben, sind Überweisungen einer Werbeagentur Schmid an die Agentur Orange, es waren aber keine 600.000, sondern 300.000 Euro, unterteilt in drei Teilbeträge. Die Leistung ist für mich nicht mehr nachvollziehbar. Ich habe auch keine Möglichkeit, jemanden aus der Zeit in der Partei zu fragen, der dafür verantwortlich hätte sein können oder etwas wissen könnte.

Herr Westenthaler? Herr Scheibner? Die sind noch in Ihrer Partei.

Der Geschäftsführer war Arno Eccher, heute ist er Landesgeschäftsführer der FPÖ Vorarlberg. Generalsekretär war Uwe Scheuch, heute ist er bekanntlich in der FPK beziehungsweise in der FPÖ.

Aber Hubert Gorbach, der auch Zuwendungen für eine kleine Gesetzesänderung bekommen haben soll, ist schon beim BZÖ, nicht?

Ich habe mit ihm keinen Kontakt. Und ich habe das BZÖ Vorarlberg beauftragt, Hubert Gorbach sofort aus der Partei auszuschließen.

Der ehemalige Vizekanzler der Republik war in Ihrer Partei nicht ganz unwichtig.

Das ist richtig, aber Sie wissen, ich bin mit dem BZÖ neu an den Start gegangen, was davor war, habe ich beendet.

Das BZÖ war doch schon die FPÖ neu. Wie oft kann man so etwas erneuern?

Mit meiner Übernahme des BZÖ wurde klar festgehalten, dass ich die Spielregeln festlege, und ich bin danach auch gewählt worden.

Nichtsdestotrotz, das BZÖ neu ist dieselbe Partei. Werden Sie diesen Betrag zurückzahlen?

Ich habe gesagt, dass alles Geld, das uns nicht rechtmäßig zusteht, auch zurückgezahlt wird.

Herr Westenthaler war schon in der Partei und hat eine wichtige Rolle gespielt. Ebenso Herbert Scheibner. Haben Sie die nicht angerufen und gefragt: Was war da los?

Ich lasse in alle Richtungen recherchieren und fordere bedingungslose Aufklärung. Alles, was wir irgendwo an Aufzeichnungen haben, werden wir selbstverständlich zur Verfügung stellen. Mehr kann ich nicht machen.

Sehen Sie die schwarz-blaue Regierung, die aufgrund der handelnden Personen vielleicht auch eine orange-schwarze Regierung war, positiv oder negativ?

Sowohl als auch. Das Positive war die Reformbeschleunigung, etwa die Privatisierungen. Nur wie das gelaufen ist, erfahren wir jetzt aus den Medien. Das ist die zweite Seite dieser Regierungsbilanz, dass ein paar Leute in einer Regierung Platz genommen haben, die nicht die moralische Legitimation hatten.

Könnten Sie garantieren, dass bei einer Regierungsbeteiligung des BZÖ Leute Platz nehmen, die eine moralische Legitimation haben? Peter Westenthaler etwa?

Mit Verlaub: Es ist erst zu klären, ob das BZÖ überhaupt in eine Regierung geht. Das hängt stark davon ab, ob wir unsere politischen Ziele durchbringen. Die Regierungsmannschaft müsste zu hundert Prozent sauber und kompetent sein. Ein Minister muss auch nicht politisch vorbelastet sein.

Nur Quereinsteiger?

Wir sind in einer Phase der politischen Umbrüche in Österreich. Noch nie habe ich so eine Politikerverdrossenheit wahrgenommen.

Warum werden Sie immer wieder als möglicher Koalitionspartner für Rot-Grün gehandelt – Sie wollen doch den Wirtschaftsliberalismus vertreten?

Das stammt aus der ÖVP-Giftküche und ist ein Gerücht ohne wahren Kern.

Sie können sich ja festlegen und sagen, Sie wären ein logischer Wirtschaftsflügel in einer Rechtsregierung.

Damit wäre das vom Tisch?

Vermutlich.

Ich schließe nicht aus, dass ich vor den Wahlen eine Koalitionspräferenz abgebe. Aber wer weiß, wer bei der ÖVP antritt. Da erwarte ich mir noch einige Grabenkämpfe in den nächsten Monaten. Weil ich nicht glaube, dass sie mit Spindelegger in die Wahl gehen werden.

Funktioniert doch: Es gibt auch im BZÖ eine Giftküche.

Nein! Das ist keine Giftküche. Aber das sieht man ja an den Reaktionen der ÖVP-Granden auf Spindelegger. Nach den nächsten Wahlen wird es sicher eine Dreierkoalition geben. Dafür wird ein neues Regieren notwendig sein – mit freien Koalitionsspielräumen, die zugelassen werden müssen.

Zur Person

Josef Bucher (geboren 1965 in Friesach, Kärnten) ist seit 2008 Klubobmann des BZÖ und seit 2009 Bundesbündnisobmann des BZÖ. Der Gastronom und Hotelier war von 2005 bis 2006 Landestourismusdirektor des Landes Kärnten. Er zog 2002 für die FPÖ in den Nationalrat ein und schloss sich nach der Parteispaltung dem BZÖ an. 2009 wurde Bucher vom Vorstand des BZÖ als neuer Parteivorsitzender und Nachfolger Jörg Haiders nominiert und auf einem Parteitag mit 99,4 Prozent gewählt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2011)

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