Politik versinkt im Telekom-Sumpf

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Symbolbild(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Je mehr Details der Korruptionsaffäre bei der Telekom Austria ans Tageslicht kommen, desto deutlicher kristallisieren sich enge Verbindungen zu der Politik – in die Zeit der schwarz-blau/orangen Bundesregierung.

Transparency International hat viel zu tun. Nicht nur in Somalia, Burma und Haiti. Auch Österreich, das im Korruptionsindex auf dem 15. von 178 Plätzen und damit eigentlich recht gut liegt, bietet den Korruptionsjägern reichlich Stoff. Was vor drei Jahren als Immofinanz-Skandal begonnen und sich mit der Buwog-Affäre fortgesetzt hat, gipfelt nun im Zusammenhang mit Millionenhonoraren und Kursmanipulationen bei der Telekom Austria in einem veritablen Politeklat. Denn bei allen Fällen mutmaßlicher Wirtschaftskriminalität gibt es einen engen Konnex zur Politik – in die Zeit der schwarz-blau/orangen Regierung.
Gegen drei Minister dieser Ära ermittelt bereits die Justiz: Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser steht im Zusammenhang mit dem Verkauf der Bundeswohnungen (Buwog) wegen Amtsmissbrauch und Untreue unter Verdacht. Ex-Innenminister Ernst Strasser (aus der ÖVP ausgeschlossen) wird wegen seiner Lobbying-Aktivitäten von der Korruptionsstaatsanwaltschaft unter die Lupe genommen. Ein weiteres Verfahren im Zusammenhang mit der Vergabe des millionenschweren Auftrags für den Behördenfunk ist nicht ausgeschlossen. Gegen Ex-Vizekanzler und Verkehrsminister Hubert Gorbach, der am Donnerstag aus dem BZÖ ausgeschlossen wurde, ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien seit Kurzem: Er soll von der Telekom 264.000 Euro für eine Sekretärin erhalten haben, als Gegenleistung für eine der Telekom genehme Änderung der Universaldienstverordnung.
Das Wort „Dementi“ fällt derzeit so häufig wie der Begriff „Unschuldsvermutung“, der natürlich für alle Genannten gilt. Gorbach weist über seine Anwälte Vorwürfe von Schmiergeldzahlungen zurück. Strasser stellt Behauptungen, dass es beim Behördenfunkprojekt Tetron nicht mit rechten Dingen zugegangen sein soll, in Abrede. Sein damaliger Kabinettchef Christoph Ulmer wirft mit Klagsdrohungen um sich, nachdem kolportiert wurde, er habe 2004 das Vergabeverfahren beeinflusst, weil er mit Alcatel-Chef und ÖVP-Bundesratsvizepräsident Harald Himmer befreundet sei. Alcatel (der Konzern erhielt mit Motorola und der Telekom den Tetron-Zuschlag) dementiert auch Provisionszahlungen.

"Keine Bestechung".
Anders Alfons Mensdorff-Pouilly: Der Waffenlobbyist bestreitet gar nicht, 1,1 Millionen Euro Provision von der Telekom erhalten zu haben. Er habe das Geld auch „ordnungsgemäß verbucht und versteuert“, ließ er über seinen Anwalt Harald Schuster wissen. Allerdings sei dies keine Bestechung gewesen, kontert der Mann von ÖVP-Politikerin Maria Rauch-Kallat Behauptungen, er habe das Geld für Dienste rund um Tetron erhalten. In Summe soll Mensdorff-Pouilly sogar 3,7 Millionen erhalten haben, berichtet das „Profil“. Bis zu 2,6 Millionen Euro sollen von Motorola gezahlt worden sein – über eine panamaische Briefkastenfirma namens Valurex International SA, die wiederum Mensdorffs verstorbenem „Wahlonkel“ Timothy Landon zugeschrieben wird.
Kein Wunder, dass die ÖVP versucht, aus den Schlagzeilen zu kommen. Nicht immer mit dem gewünschten Erfolg: Nachdem der Kabinettchef von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), Michael Kloibmüller, unter Beschuss geraten war, weil er angeblich bei der Telekom interveniert hatte, den Ball in der Causa Mensdorff flach zu halten, eilte ihm Michael Fischer zu Hilfe. Der bei der Telekom für Public Affairs zuständige Fischer gibt Kloibmüller per E-Mail Schützenhilfe: Dieser habe nie ein solches Ansinnen gehabt. Die Unterstützung Fischers relativiert sich durch dessen frühere Tätigkeit für die ÖVP, unter anderem war er lange Direktor der Partei und führte bis Juli die Partei-Agentur Alpha Medien Service. Zudem taucht Fischers Name im Zusammenhang mit Sponsorengeldern der Telekom für den Fußballverein SV Sierning auf, bei dem Ex-ÖVP-Chef Wilhelm Molterer engagiert ist. Fischer stellt gegenüber der „Presse am Sonntag“ jegliche Involviertheit in Abrede. Er sieht auch in der Arbeit für die Alpha keine Unvereinbarkeit.
Während die Oppositionsparteien nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss rufen, ist die Justiz dabei, das Geflecht zu entwirren. Dem mit der Causa Telekom befassten Staatsanwalt Hannes Wandl und dem Bundesamt zur Korruptionsbekämpfung (BAK) stehen mit dem Geständnis von Telekom-Manager Gernot Schieszler und der Buchhaltung von Peter Hocheggers Firma Valora aufschlussreiche Quellen zur Verfügung.

Minutiös Tagebuch geführt.
  Schieszler, der Kronzeuge werden soll, hat über Jahre minutiös Tagebuch geführt – vor allem über jene Geschäfte, die er mit Telekom-Festnetzchef Rudolf Fischer und Hochegger abwickelte. 16 Projekte mit über neun Mio. Euro ohne plausible Gegenleistung sind bisher bekannt.
Eine Rechnung betrifft die Zahlung an Mensdorff-Pouilly. Eine andere über 600.000 Euro ist (wie die „Presse“ exklusiv am 20. August berichtete) der FPÖ/BZÖ-nahen Projektentwicklung Werbeagentur Schmied GmbH zuzuordnen. Große Summen verbuchte die Valora auch an die ZehnVierzig Agentur von Hochegger-Freund Walter Meischberger. Ob er (gegen ihn wie gegen Hochegger und Grasser wird auch im Buwog-Fall ermittelt) Gelder weitergereicht hat und an wen, ist offen.
Geld floss auch an die Filmhof Veranstaltungs- und BetriebsgmbH in Asparn an der Zaya von Monika Langthaler. Die ehemalige Grün-Politikerin erklärt das: Die Telekom sei mehrere Jahre Premiumsponsor ihrer Firma gewesen. Dafür habe es „selbstverständlich“ Leistungen in Form von Plakaten, Programmheften und Kartenkontingenten gegeben. Die Rechnungen seien immer an die Telekom gegangen – „einmal wurden wir gebeten, die Rechnung an eine Valora zu schicken“, sagt Langthaler der „Presse am Sonntag“. „Ich habe mich gewundert, aber damals nicht nachgefragt.“

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