Terrorpaket: Delikte fix, Verhetzung ausgeweitet

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THEMENBILD STPO-REFORM/ �JUSTIZIA�(c) APA (Barbara Gindl)
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Präzisere Worte sollen sicherstellen, dass nicht die Falschen eingesperrt werden. Der umstrittene Verhetzungsparagraf wird aber ausgedehnt. Strittig sind noch die Ermittlungsbefugnisse der Behörden.

Wien. Nach eineinhalb Jahren harter Verhandlungen sind sich die Regierungsparteien einig, wie die neuen Strafbestimmungen gegen den Terrorismus lauten sollen. Justizministerin Beatrix Karl und SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim gaben die Einigung bekannt. Zuvor war sprachlich noch an Änderungen gefeilt worden, damit sich die neuen Delikte nicht als Gummiparagrafen entpuppen und die Falschen eingesperrt werden. Speziell die SPÖ hatte diese Sorge gehegt.

Tatsächlich finden sich in dem der „Presse“ vorliegenden Konsenspapier mehrere Änderungen. Nun soll man sich nicht bereits strafbar machen, wenn man medial einen Inhalt publiziert, der „geeignet ist“, jemanden zu einer Terrortat anzuleiten. Stattdessen muss der Inhalt nun richtiggehend „dazu bestimmt“ sein, jemanden zu Terrortaten anzuleiten. Auch beim strittigen Gutheißen einer Terrortat wurden Abstriche gemacht. Ursprünglich sollte jeder bestraft werden, der öffentlich eine terroristische Straftat in einer Art gutheißt, die geeignet ist „das allgemeine Rechtsempfinden zu empören oder zur Begehung einer solchen Handlung aufzureizen“. Nach dem neuen Entwurf ist das Gutheißen erst strafbar, wenn es geeignet ist, die Gefahr der Begehung von Straftaten „herbeizuführen“. Die Passage mit der Empörung des allgemeinen Rechtsempfindens wurde gestrichen. Schon bisher war es in Österreich strafbar, generell zu Straftaten aufzufordern oder diese gutzuheißen. Die neuen, eigens auf Terrorismus gemünzten Delikte verlangen aber eine geringere Öffentlichkeit: So reicht es aus, wenn die Äußerungen mindestens 30 (nicht wie bisher 150 Personen) erreichen.

Ausgeweitet wird trotz Protesten der Verhetzungsparagraf: So soll es künftig auch strafbar sein, gegen Leute wegen ihres Geschlechts, ihres Alters, ihrer Behinderung, Weltanschauung oder sexuellen Neigung zu hetzen. Bisher hatte der Paragraf vor allem Religionen und Völker vor Verhetzung geschützt. Zudem war es bisher nur verboten, gegen die gesamte Gruppe zu hetzen. Nun soll es strafbar werden, auch gegen ein einzelnes Gruppenmitglied „aufzureizen“. Die von der Regierung geplante Ausweitung des Paragrafen ist umstritten, zumal es für eine Verurteilung ausreicht, wenn man eine Gruppierung „verächtlich macht“. Kritiker sehen in dem Paragrafen eine Einschränkung der Meinungsfreiheit, die auch Kabarettisten treffen könnte. Befürworter verweisen darauf, dass es auch beim alten Paragrafen keine Verurteilungen von Komikern gab.

Während sich SPÖ und Justizministerium einig sind, gibt es noch Differenzen zwischen der roten Reichshälfte und dem Innenministerium. Hier geht es um Ermittlungsbefugnisse der Behörden, insbesondere um das Verknüpfen von Daten. Die SPÖ hatte dagegen Bedenken angemeldet.

Höhere Strafen bei Gewalt gegen Kinder

Karl präsentierte am Montag auch offiziell ihre Pläne für ein strengeres Strafrecht bei Gewalt gegen Kinder. Neue Mindeststrafen sollen eingeführt, bestehende Mindeststrafen erhöht werden. Überdies will die Ministerin, wie die „Presse“ berichtete, auch das sogenannte „Grooming“ unter Strafe stellen. Hierbei geht es um die Anbahnung sexueller Kontakte zu Unmündigen via Internet. Bis zu zwei Jahren Haft soll drohen, wenn man mit unter 14-Jährigen online Kontakt hält, um niedrige Absichten zu verfolgen. Überdies kündigte Karl eine kindgerechtere Befragungsmöglichkeit in Strafprozessen an. Es habe sich nämlich gezeigt, dass Verfahren, bei denen Vorschulkinder als mutmaßliche Opfer eine Zeugenaussage machen, oft eingestellt würden oder mit Freisprüchen endeten. Ziel des Projekts sei es nun, die Belastungen der Kinder durch die Befragung zu minimieren.

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) begrüßte Karls Pläne, kritisierte aber, dass die Strafverschärfungen nur bei Delikten gegen unter 14-Jährige greifen sollen. Die Altersgrenze müsse höher liegen, meinte Heinisch-Hosek.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2011)

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