„Fühlen uns für die Krise gerüstet“: Die ÖVP-Spitze übt den Kampfoptimismus

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Vizekanzler Spindelegger und Wirtschaftsminister Mitterlehner planen eine Schuldenbremse in der Verfassung und wollen bei Pensionen und in den Ländern sparen. Die Abgabenquote soll nicht wachsen.

Wien/Cim. „Gewitterwolken sind da, und das Katastrophenszenario tritt ein.“ Um das zu sagen, stünden sie nicht da. Sondern, um zu sagen, wie es weitergehen soll. Vizekanzler Michael Spindelegger und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (beide ÖVP) geben sich bei einer gemeinsamen Pressekonferenz unerschütterlich optimistisch. Nachdem Wifo und IHS ihre trüberen Aussichten für die österreichische Wirtschaft vorgestellt haben, warnen sie vor voreiligen Schritten. Die richtige Antwort, so Spindelegger: „Klug sparen, richtig investieren.“

Beim „klugen“ Sparen könne ein Schuldenlimit in der Verfassung helfen. Spindelegger gibt das Ziel vor, die Verschuldung bis 2015 von derzeit 72,5 Prozent des BIPs auf 70 Prozent herunterzubringen. 2020 soll das Maastricht-Kriterium von 60 Prozent erreicht sein. Diese Ziele sollen in die Verfassung geschrieben werden. Einen entsprechenden Gesetzestext habe die ÖVP schon am Montag an die SPÖ übergeben. „Um das Triple-A-Rating halten zu können, müssen wir das jetzt angehen, denn die Mitgliedsgebühr für diesen exklusiven Klub heißt Schuldenabbau.“

Sparen bei privilegierten Pensionen

Sparen will die ÖVP etwa bei den Pensionen: So wolle man den Gang in die Frühpension stoppen und Sonderrechte bei Pensionen abbauen, vor allem bei den ÖBB, in der Nationalbank und in den Ländern. Die Sozialpartner sollen dazu bis 10. Oktober Vorschläge machen. Außerdem müsse die Verwaltungsreform umgesetzt werden, sagt Spindelegger. Dazu hätten Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und er die Landeshauptleute für den 21. Oktober eingeladen.

Mitterlehner warnte am Freitag davor, angesichts der laut Wifo und IHS-Prognosen schlechteren Aussichten „in Panik, in Tatenlosigkeit, in den Ruf zum Staat hin“ zu verfallen. „Wenn wir jetzt in den Chor derer, die schon wieder mit Konjunkturprogrammen und Gegenmaßnahmen kommen, einstimmen, haben wir mehrere negative Reaktionen zu befürchten“, so Mitterlehner. Stattdessen müsse man neue Märkte erschließen und auf Innovationen setzen, sagt Mitterlehner. Stichwort: Öko statt Auto. Innovationen will das Ministerium auch fördern, indem die Gründung von Unternehmen, etwa bei GmbH, billiger werden soll.

Sollte sich 2012 eine Krise anbahnen, wovon man in der ÖVP erst einmal freilich nicht ausgehen will, fühle man sich gerüstet. „Wir sind krisenerfahren, wir haben ein Instrumentarium zur Hand, das wir entsprechend ausweiten können“, so Mitterlehner. Das gehe zum Beispiel in Richtung Haftungen. Sollten Unternehmen Probleme haben, an Kredite zu kommen, könne man gegensteuern. Aber, von derartigen Szenarien sei man weit entfernt, betonte der Minister.

Die Abgabenquote soll nach den Plänen der ÖVP nicht wachsen, schließlich liege sie mit 44,4 Prozent schon über dem Europa-Schnitt von 39 Prozent. Eine mögliche Steuerreform sei trotz aller Ambitionen zum Sparen nicht vom Tisch. „Je nachdem, wie sich die Lage entwickelt, könnten wir mit Entlastungen die Investitionen anregen. Das kann 2013 sein, oder auch 2014“, so Spindelegger.

Noch wächst der Schuldenberg weiter

Mit den Sparplänen soll ein Nulldefizit wieder in greifbare Nähe rücken, die ÖVP peilt ein solches nach Aussagen von Finanzministerin Maria Fekter für 2015 an. Noch ist man von einem Nulldefizit oder gar einem Abbau der Schulden weit entfernt. Im zweiten Quartal ist der öffentliche Schuldenstand erneut gestiegen – sowohl im Vergleich zum ersten Quartal 2011 als auch gegenüber dem Vergleichszeitraum 2010.

Laut jüngsten Berechnungen der Statistik Austria lag die Verschuldung im zweiten Quartal bei 213,2 Mrd. Euro oder 72,5 Prozent des BIPs. Das sind 1,1 Prozent mehr als im ersten Quartal. Der Bund weist mit 0,6 Prozent die niedrigste Steigerungsrate auf, am stärksten stiegen die Schulden in den Gemeinden mit 8,8 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2011)


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