Neue Gerichte: Einigung bereits in Reichweite

(c) Clemens FABRY
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Künftig sollen Bürger sofort zu echten Richtern kommen - der Durchbruch könnte nächste Woche gelingen. Noch feilschen Bund und Länder aber ums Geld. Gemeindevertreterverbände protestierten gegen die Reform.

Wien/Aich. Wer sich im Verwaltungsbereich – etwa durch einen Steuer- oder Baubescheid – unfair behandelt fühlt, muss momentan bei einem der 120 Senate und Sonderbehörden berufen. Dort sitzen aber keine echten Richter; wer einen solchen will, müsste sich jahrelang bis zum Verwaltungsgerichtshof durchkämpfen.

Künftig sollen Bürger aber sofort zu echten Richtern kommen: Die 120 Senate und Sonderbehörden würden laut Regierungsplan durch zwei Gerichte auf Bundesebene sowie neun auf Länderebene (je eines pro Bundesland) ersetzt werden. Unklar ist freilich noch, wer die Mehrkosten dafür tragen wird, hieß es am Mittwoch aus dem Kanzleramt auf Anfrage der „Presse“.

Ein entscheidender Schritt soll nächste Woche, Dienstag, bei der Konferenz der Landeshauptleute in Kaprun (Salzburg) gegangen werden. Länder-Chefverhandler Josef Pühringer erklärte im ORF-Radio, dass der Bund für die Mehrkosten allein aufkommen müsse. Staatssekretär Josef Ostermayer erwiderte, dass das so nicht ausgemacht sei. Man sei bei dem Projekt aber „noch nie so weit“ gewesen. Die Kosten für das Projekt bezifferte er mit „einigen Millionen Euro“. Die Bundesregierung will die Reform noch heuer beschließen, der Nationalrat würde das Gesetz dann im nächsten Jahr absegnen.

Gemeinden gegen Machtverlust

Die Novelle würde für manche einen Machtverlust bringen; so müssten Bürgermeister zittern, dass ihre Baubescheide von den neuen Richtern aufgehoben werden. Gemeindevertreterverbände der ÖVP und der SPÖ Niederösterreich protestierten am Mittwoch gegen die Reform: „Es ist einfach nur weltfremd, wenn man sich vorstellt, dass ein unabhängiger, weisungsfreier Richter aus St. Pölten künftig inhaltlich über eine Ortsbildfrage einer Waldviertler Gemeinde entscheiden soll“, hieß es in einer Aussendung. Auch Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer kritisiert den Eingriff in die Gemeindeautonomie. Zudem fürchtet er lange Verfahrensdauern bei den Gerichten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2011)

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