Parteiwerbung durch Ministerium nicht strafbar

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Optisch idente Inserate begründen keinen Amtsmissbrauch, so der Staatsanwalt. Für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter ist diese Entscheidung „ein echter Skandal“. Ausgangspunkt war die EU-Wahl im Juni 2009.

Wien. Für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter ist es „ein echter Skandal“. „Das lasse ich mir auf keinen Fall gefallen.“ Eine Entscheidung der Korruptionsstaatsanwaltschaft erregt das Missfallen des SPÖ-Politikers: Diese hat bereits im April dieses Jahres still und leise eine Anzeige der SPÖ gegen Beamte des Innenministeriums zurückgelegt. Der Vorwurf: Amtsmissbrauch.

Ausgangspunkt war die EU-Wahl im Juni 2009: Die ÖVP hatte den früheren Innenminister Ernst Strasser ins Rennen geschickt. Anstoß erregten offizielle Wahlinformationen des Ministeriums, die in ihrer optischen Aufmachung mit der Wahlwerbung Strassers nahezu ident aussahen.

Die Strasser-Werbelinie kam übrigens von einem alten Bekannten aus dem Innenressort: Sie wurde von der Werbeagentur Headquarter entwickelt, bei der Christoph Ulmer, der frühere Kabinettschef Strassers, Geschäftsführer und Miteigentümer ist.

Vorteil für Strasser

Der offizielle Werbefolder, der vom Innenministerium an jeden Haushalt in Österreich versandt wurde, sei offensichtlich von Headquarter entworfen, anschließend vom Innenministerium als offizielles Informationsmaterial übernommen worden, heißt es in der Anzeige der SPÖ. Damit sei einer wahlwerbenden Gruppe ein Vorteil verschafft worden, womit der dringende Verdacht des Amtsmissbrauchs bestehe.

Die Staatsanwaltschaft sah durchaus auch die Übereinstimmungen im Layout. Aber, so deren Sprecher Martin Ulrich zur „Presse“: Bei der Werbung des Innenministeriums habe der objektive Informationsgehalt überwogen. Dort sei beispielsweise beschrieben worden, wie die Briefwahl funktioniert. Damit sei aber der mögliche Effekt einer Wahlwerbung für eine Gruppe in den Hintergrund getreten, die Sache reiche nicht aus, um die Verdachtslage der Untreue zu begründen. Auch der Rechtsschutzbeauftragte im Justizministerium sei von der Entscheidung informiert worden, er habe keinen Grund für ein Einschreiten gesehen, so Ulrich.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Kräuter will sich mit der Entscheidung nicht abfinden. Er überlegt neue Anzeigen und parlamentarische Anfragen. Kräuter: „Wenn das Schule macht, dass das Innenministerium kampagnisiert und das keine Konsequenzen hat, dann muss einem angst und bange werden.“

Informationen weitergegeben

Christoph Ulmer steht gemeinsam mit einem weiteren ehemaligen Strasser-Mitarbeiter im Mittelpunkt einer Affäre, die jetzt das Innenministerium erschüttert: Michael Kloibmüller, jetzt Kabinettschef von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Kloibmüller wird unter anderem vorgeworfen, interne Informationen an Ulmer weitergeleitet zu haben, die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Der Kabinettschef rechtfertigt sich mit einem Beratervertrag mit Ulmer: Auch dieser unterliege damit der Amtsverschwiegenheit. Eine Argumentation, die bei Verfassungsjuristen auf Kritik stößt: Für Verfassungsrechtler Bernd Christian Funk ist es zwar für Ministerien und Regierungen grundsätzlich zulässig, externe Berater zuzuziehen: „Aber das enthebt nicht von der Verpflichtung zur Wahrung der gesetzlichen Regeln zur Einhaltung der Amtsverschwiegenheit“, so Funk im ORF-“Mittagsjournal“. Diese Regeln würden sich im Strafrecht, im Verfassungsrecht und im Datenschutzrecht finden. Funk: „Wenn hier Informationen geflossen sind, die geeignet waren, Geheimnisse zu offenbaren oder zu verwerten, zum Nachteil des Staates oder betroffener Privater, dann könnte das durchaus strafbar sein.“

Bei den weitergeleiteten Informationen ging es um eine Hausdurchsuchung bei Österreich-Herausgeber Wolfgang Fellner. Diese wurde später öffentlich bekannt, Ulmer bestreitet, die Informationen weitergegeben zu haben.

Ein weiterer schwerwiegender Vorwurf gegen Kloibmüller betrifft die Telekom-Affäre: Der Kabinettschef soll den Telekom-Vorstand unter Druck gesetzt haben, Zahlungen an den Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly nicht zu offensiv zu kommunizieren.

Auch da gibt es einen Konnex mit der Ära Strasser: Vermutet wird, dass diese Zahlungen im Zusammenhang mit der Vergabe des Behördenfunks durch Strasser stehen könnten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.10.2011)

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