Steuern: "Fekter macht gezielt falsche Behauptungen"

Steuerexperte wirft Fekter Lüge vor
Steuerexperte wirft Fekter Lüge vor(c) APA (Harald Schneider)
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Steuerrechtsexperte Werner Doralt kritisiert die "planlose" Politik der Regierung. Die Steuerpläne von ÖVP und SPÖ seien Schnellschüsse, die in der vorgeschlagenen Form nicht funktionieren könnten.

[Wien/Gau] Eigentlich hätte es eine Pressekonferenz mit der Finanzministerin werden sollen. Aber die kam nicht zustande, und Werner Doralt ist es nicht leid darum. Dort hätte der Doyen des heimischen Steuerrechts „das eine oder andere weniger deutlich" sagen müssen als am gestrigen Montag in intimerer Runde vor Journalisten.
Dabei ist ihm schon vieles „zu blöd geworden". Denn die Steuervorschläge der Regierung „erschöpfen sich in Schlagworten", hinter denen nur „Planlosigkeit" stehe.

Besonders Finanzministerin Maria Fekter neige zu „Schnellschüssen". Entweder bleibe es dann bei einer „substanzlosen Ankündigungspolitik", oder es drohen „Rohrkrepierer" - weil die Konzepte nicht funktionieren können. Aber auch die SPÖ bekommt wegen ihrer unausgereiften Pläne zu einer Vermögenssteuer das Fett des Experten ab. Die Kritik im Detail:

1. Eine zeitlich begrenzte „Reichensteuer" wäre leicht umgehbar.

Neuerdings können sich auch Teile der der ÖVP für eine höhere Einkommensteuer für Spitzenverdiener erwärmen, allerdings nur als zeitlich begrenzter „Solidarzuschlag". Das hält Doralt aber für „nicht durchführbar". Denn eine der wichtigsten Quellen wären die ausgeschütteten Gewinne der 130.000 GmbH im Land. Wird der Zuschlag etwa drei Jahre lang erhoben, behalten die Firmen ihre Gewinne solange im Unternehmen. Nur die Gehälter angestellter Manager zu belasten, wäre eine branchenspezifische Steuer - und möglicherweise gleichheitswidrig.

2. Eine Vermögenssteuer funktioniere nur auf Grund und Boden.

Die SPÖ sei mit ihren Plänen zu einer Vermögenssteuer vorgeprescht, ohne sich die Details zu überlegen. Vor allem führe die Absicht, Kapitalvermögen zu besteuern, Betriebsvermögen aber nicht, zu einem „unlösbaren „Widerspruch". Dann wären nämlich Kapitalgesellschaften, wo die Anteile das Betriebsvermögen repräsentieren, gegenüber Einzelunternehmen benachteiligt. Das eigentliche Finanzkapital könnte ins Ausland abwandern. Nicht flüchten kann das Grundvermögen. Eine höhere Grundsteuer wäre also der „einzige Ansatz" für eine Vermögenssteuer, was auch die OECD so sehe.

3. Eine Reform der Grundsteuer scheitere an der Gemeinde Wien.

Die Einheitswerte für die Berechnung der Grundsteuer wurden seit 30 Jahren nicht mehr angepasst. Damit verzichte der Staat auf eine Mrd. Euro pro Jahr. Die Anpassung täte „nicht weh", weil sich auch früher „niemand über die Grundsteuer beklagt hat - sie war eine Bagatellabgabe". Aber wären nicht die Mieter durch höhere Betriebskosten die Hauptleidtragenden? Die Zurechnung zu den Betriebskosten hält Doralt für ein Relikt, das „längst geändert" werden sollte. Lange hatte sich der Experte gewundert, warum die SPÖ seinen Vorschlag nicht aufgriff. Des Rätsels Lösung: Die Gemeinde Wien ist der größte Vermieter des Landes - und sorgt für eine „Pattstellung".

4. Ein Einheitstarif für Steuer und Sozialversicherung käme zu teuer.

Einen Gesamttarif aus Einkommensteuer plus Sozialversicherung nennt Doralt einen „schönen Traum". Denn da die Einkommensteuer progressiv verläuft, die Sozialversicherung aber nur proportional zum Einkommen steigt, wäre eine Harmonisierung nur durch einen „totalen Umbau" des Beitragssystems möglich. Die Versicherungsanstalten müssten auch die Kosten tragen - und „warum sollten sie dem zustimmen?". Zudem käme die Zusammenlegung zu teuer: Mehreren Milliarden an Einnahmenentgang stünden Einsparungen in der Verwaltung von nur 300 bis 400 Mio. gegenüber.

5. Fekter verbreite „gezielt falsche Behauptungen" über Stiftungen.

In Interviews sprach die Finanzministerin von einem Abzug von Privatstiftungen. Doralts Rückfragen hätten ergeben, dass bisher „keine einzige" Stiftung Österreich verlassen habe: „Wie wollen Politiker Vertrauen schaffen, wenn sie gezielt falsche Behauptungen aufstellen?". Ein Sprecher der Ministerin sagte zur „Presse", Fekter habe „sicher nicht wissentlich die Unwahrheit gesagt". Tatsache sei, dass das steuerliche Umfeld stiftungsfeindlich ist und Kapital abfließt - was nicht bedeuten müsse, dass Stiftungen aufgelassen werden.

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