Absage an neue Beamtenbesoldung

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Trotz des Drucks der Gewerkschaft ist für Ministerin Heinisch-Hosek ein Umbau des Gehaltsschemas „im Moment“ kein Thema. Heute startet sie einen großen Reformdialog.

Wien. Noch bevor übermorgen, Samstag, die Verhandlungen über die Erhöhung der Beamtenbezüge für 2012 fortgesetzt werden, winkt die für den öffentlichen Dienst zuständige Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) bei einem Sonderwunsch der Beamtengewerkschaft ab. Ein völlig neues Besoldungssystem gemeinsam mit einer großen Dienstrechtsreform „ist für mich kein Thema“, betont die Ministerin im Gespräch mit der „Presse“. „Im Moment ist das finanztechnisch nicht möglich“, erklärt sie unter Verweis auf geschätzte Mehrkosten von 200 bis 300 Millionen Euro pro Jahr.

Heinisch-Hosek stemmt sich damit dem Druck der Beamtengewerkschaft entgegen. Diese hat am Mittwoch bei ihrem Kongress in einem ohne Gegenstimme beschlossenen Leitantrag nochmals auf eine Reform des Dienstrechts und eine neue Besoldungsstruktur mit höheren Einstiegsgehältern gedrängt. Sie selbst wolle auch ein neues Dienstrecht und „attraktive Einstiegsgehälter“, versichert Heinisch-Hosek: „Aber bitte morgen und nicht heute.“ Als „Realistin“ halte sie das derzeit nicht für praktikabel.

Die Ressortchefin wirbt für ihre jetzige Absage um Verständnis angesichts der prekären Finanzsituation in Europa: „Rund um uns treten Regierungen zurück.“ Auch in Österreich gebe es „mehr Baustellen“, so steige beispielsweise die Arbeitslosigkeit jetzt wieder.

„Möchte eine Modernisierung“

Die Beamtenministerin gibt heute, Donnerstag, selbst das Startzeichen für einen umfangreichen „Reformdialog“ über den öffentlichen Dienst. „Mir ist der öffentliche Dienst sehr, sehr viel wert.“ Und: „Ich möchte Veränderungen und eine Modernisierung.“ Im Zuge des Dialogs könne auch über ein neues Gehaltsschema gesprochen werden. Die Lebensverdienstsumme für einzelne Bedienstete soll unverändert bleiben.

Für diesen Reformdialog nehme man sich ein Jahr lang Zeit. Basis sind die Vorarbeiten einer von ihr im Vorjahr eingesetzten Expertengruppe. 50 Empfehlungen sollen danach in den Bundesländern und auch unter aktiver Beteiligung der Bürger diskutiert werden.

„Sozial verträglicher Abschluss“

Heinisch-Hosek kommt eben von einer Verwaltungsmesse in Berlin, wo Österreich etwa bei E-Government als Vorbild gesehen werde, wie sie am Mittwoch vor rund 250 Personalleitern im Bundesdienst im Wiener Museumsquartier hervorstrich. „Hier in Österreich können wir mehr als froh sein, dass wir einen ganz stabilen öffentlichen Dienst haben.“ Obwohl die Beamtengewerkschaft 4,65 Prozent mehr Gehalt für das kommende Jahr fordert, zeigt sie sich zuversichtlich bezüglich der samstägigen Gehaltsrunde: Ihr sei ein „sozial verträglicher Abschluss“ wichtig. Allerdings werde sie den Aspekt der Sicherheit des Arbeitsplatzes im Bundesdienst ebenfalls geltend machen.

Ihr Gegenüber am Verhandlungstisch bleibt Fritz Neugebauer. Der schwarze Christgewerkschafter ist, wie in einem Teil der Mittwochsausgabe berichtet, mit 85,6 Prozent nach 14 Jahren als Vorsitzender wiedergewählt worden. Das war zwar deutlich mehr als die 80,6 Prozent bei seiner Kür 2006. Dennoch verzeichnete er offenbar aus Widerstand gegen sein erneutes Antreten mit 67 Jahren diesmal wieder etliche Streichungen.

ÖVP-Chef lädt Gewerkschaft ein

Vizekanzler ÖVP-Obmann Michael Spindelegger nahm das „hervorragende Ergebnis“ für Neugebauer zum Anlass, um die Gewerkschaft sofort in die Pflicht zu nehmen und zu einer „Reformpartnerschaft“ einzuladen, die Österreich dringend brauche. „Wir müssen alle unsere Kräfte bündeln, auch die Gewerkschaften möchte ich dafür gewinnen“, so Spindelegger via Parteiaussendung. Konkret wolle er vor allem bei den Pensionen ansetzen. Der Haken dabei: Neugebauer und die Beamtengewerkschaft bekämpfen schon jetzt die Verschärfungen der Hacklerfrühpension, die ab 2014 ein abruptes Anheben des Zugangsalters von 60 auf 62 Jahren vorsehen.

Auf einen Blick

Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek setzt am Samstag die Verhandlungen mit der Beamtengewerkschaft über die Gehaltserhöhung im öffentlichen Dienst für 2012 fort. Für den Bundesdienst kostet ein Prozent mehr rund 111 Millionen Euro, die Gewerkschaft hat plus 4,65Prozent verlangt. Ein ganz neues Gehaltsschema mit höheren Anfangsbezügen ist für Heinisch-Hosek wegen Mehrkosten von 200 bis 300 Millionen Euro „kein Thema“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.11.2011)

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