Der Kanzler und sein Web-Team könnten "Marionetten-Accounts" für Faymanns Online-Auftritt organisiert oder wenigstens geduldet haben, so der Verdacht. Die Kritik am Projekt wächst - das Kanzler-Team wehrt ab.
Wien. Die Häme des Werner Failmann ließ nicht lange auf sich warten: „Übrigens. Faymann lässt auf Eure Kosten Fake-Accounts anlegen, die ihm huldigen. Da werden Profilphotos von I-tunes gekauft und die Postings der Profile sind alle sehr ähnlich. Peinlich, wenn man sich die Liebe des Volkes kaufen muss - und sie trotzdem nicht bekommt", postete das beliebte Faymann-Double am Donnerstagvormittag auf Facebook. Just dort also, wo der SP-Bundeskanzler - so der Vorwurf in der neuen Ausgabe des Magazins „Datum" - „falsche Freunde" aktiviert haben soll.
Ein Teil jener Facebook-Autoren, die immer wieder positiv zu Kanzlers Einträgen posten, sollen nämlich gar keine echten Accounts, sondern eine Art „Marionetten-Account" führen; bestellt und betrieben von SPÖ- oder wenigstens SPÖ-nahen Kräften. So lautet der Verdacht, den im „Datum" nun Judith Denkmayr, Geschäftsführerin der Social-Media-Agentur „Digital Affairs" in den (virtuellen) Raum stellt.
„Entweder es handelt sich dabei um Personen, die ausschließlich wegen des Kanzlers auf Facebook sind oder eben um so genannte Sock Puppets, also Marionetten-Accounts, die eingesetzt werden, um im Sinne der Plattformbetreiber zu agieren", wird Denkmayr zitiert. Und weiter: „Ich finde auch die Sprache dieser Kommentare, die Schreibweise, den Ausdruck verdächtig ähnlich." Auch eine eigene PR-Agentur könnte dahinterstecken, so der Verdacht.
Viel Lob für den Kanzler
So postete zuletzt nur beispielsweise - für die Online-Plattform Facebook völlig untypisch, weil gänzlich unkritisch - eine gewisse Hannah S., die zu den Viel-Postern zählt: „finanzmärkte regulieren muss jetzt auf der tagesordnung stehen. finde gut, dass da der kanzler in dem bereich so aktiv ist. . . ." Auffallend an mehreren solcher Postings und Accounts ist, dass sie entweder kein Profilfoto aufweisen, nur verschwommene Fotos - oder aber (professionelle und zu bezahlende) iStockphotos. So wie das Profil des angeblichen Users „Hannes W.", dessen Account aber ein Bild zeigt, das es bei iStockphoto als Teenie-Symbolfoto zu kaufen gibt. Für Faymann-Kritiker ist das zumindest ein Hinweis darauf, dass da nicht alles mit rechten Dingen zugehen könnte.
Wobei sich - auszuschließen sei es nicht - auch andere heimische und internationale Politiker im Netz „nicht ganz echter" Sympathisanten bedienen könnten, heißt es bereits hinter vorgehaltener Hand. Immerhin tobt schon seit Jahren ein heftiger Kampf um Anhänger im Web, der sich dann auch bei Wahlen materialisieren soll. Vorbild für viele ist seit seinem Wahlkampf vor vier Jahren US-Präsident Barack Obama mit mittlerweile 24 Millionen Facebook-Freunden. Aber auch Angela Merkel oder Nicolas Sarkozy haben eigene Online-Auftritte; in Deutschland gab es erst kürzlich ein Online-„Facelift" für Merkel.
Faymann-Team wehrt Kritik ab
Die Social-Media-Beauftragte Faymanns, Angelika Feigl, die seit Jahresbeginn eigens am (sogenannten) „Faymann-Web" arbeitet, sieht jedenfalls keinen Anlass für die jüngste Kritik. Sie verweist gerne auf knapp 500.000 Aufrufe von Beiträgen seit dem 26. Oktober durch die mittlerweile mehr als 4000 Facebook-Freunde, die „Bundeskanzler Werner Faymann" nun auf der Online-Plattform habe. So viele Fake-Accounts? „Ganz unmöglich", lautet die Verteidigungslinie in SPÖ-Kreisen.
Außerdem, so Feigl zur "Presse": Einzelne User, die jetzt im schiefen Licht stünden, kenne sie sogar persönlich. "Das sind eben echte Fans, die gern zugunsten des Kanzlers posten. Deren Meinung muss auf Facebook auch erlaubt sein, da verstehe ich die Kritik von außen nicht." Andere, die offensichtlich Fake-Accounts auf die Kanzler-Seite hätten stellen wollen, habe man bereits "gewissenhaft aussortiert" - und das werde man auch in Zukunft tun. Faymann-Fans, die verdächtige Profile entdecken, sollten dies umgehend melden.
Die Kritik der Opposition reißt unterdessen nicht ab. Am Donnerstag erneuerten Einzelne ihren Vorwurf, dass sich Faymann „seinen" neuen Webauftritt auf Facebook sowie auf Twitter, flickr und www.bundeskanzleramt.at bereits rund 100.000 Euro aus dem Steuertopf habe kosten lassen. Für den Aufbau des Unternehmens und die Folgemonate des Betriebs sind knapp 200.000 Euro vorgesehen, bestätigte man schon vonseiten des Kanzleramts: Man werde aber nicht nur kurz-, sondern mittelfristig mit der Summe auskommen (müssen).
„Torpedo in falsche Richtung"
Wobei speziell Facebook medientechnisch betrachtet bisher eher mäßige Erfolge gebracht habe, wie Experten sagen. Etwa der Politikberater Thomas Hofer: „Sehr defensiv" nennt er den Online-Auftritt des Kanzlers und seines Teams; inhaltlich biete man bisher nur „das Notwendigste" - und das auf eine für Facebook untypische „sehr brave" Art und Weise.
Sollte der jüngste Vorwurf von Marionetten-Accounts stimmen, „wäre das natürlich ein Eigentor der Sonderklasse", so Hofer zur „Presse": „Denn gerade in der Zielgruppe, in die man mit dem Auftritt reinwill, wäre das Gift. Dort zu faken und sich etwa über eine Agentur Fans zu beschaffen, wäre das exakte Gegenteil dessen, was Faymann eigentlich erreichen will." Hofer: „Es wäre ein Torpedo in die falsche Richtung" - und der Schaden kaum wieder gutzumachen.
Mit Fake hat Werner Failmann, das Double, unterdessen kein Problem: Er (oder sie?) erklärt sich online und auch in Aussendungen stets gleich selbst zur Fälschung. Als Parodie auf den Kanzler eben. Und offiziell gut „gefällt" das auf Facebook aktuell 6300 Anhängern. Tendenz deutlich steigend.