Steuerquote in Verfassung: Hürde für Schuldenbremse

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Eine „Reichensteuer“ sorgt ÖVP-intern für Zündstoff. Die Koalition ist uneinig über eine fix festlegte Abgabenquote. Für ÖGB-Chef Foglar „kommt das überhaupt nicht infrage“.

Wien/Ett/Apa. Je länger die Debatte über die konkreten Maßnahmen der von der Regierung geplanten Schuldenbremse dauert, umso mehr Differenzen tauchen auf. Gegen das Vorhaben von Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP), ein Limit für die Steuer- und Abgabenlast für die Bevölkerung ebenfalls in der Verfassung festzuschreiben, stemmt sich der Koalitionspartner SPÖ. Fekter ist damit dem BZÖ entgegengekommen, das seine Zustimmung zu einer Verfassungsregelung im Nationalrat an eine fixe Abgabenquote geknüpft hat. Für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter ist das „keine besonders gute Idee“, weil das der Politik „Spielraum für Gerechtigkeit nimmt“.

Donnerstagnachmittag gab es auf Klubebene im Parlament Gespräche mit BZÖ und Grünen. Die rot-schwarzen Regierungsparteien brauchen die Stimmen einer Oppositionspartei für eine Verfassungsregelung.

Noch deutlicher fällt die Ablehnung des ÖGB – eine Reihe von Gewerkschaftern sitzt im Parlament – zu einer fixen Abgabenquote aus. „Das wäre für uns ein komplettes No-go. Das kommt überhaupt nicht infrage“, betonte ÖGB-Präsident Erich Foglar im Gespräch mit der „Presse“ nach einer Sitzung des ÖGB-Vorstandes. Dieser hat die bisherige ablehnende Position ohne Gegenstimme – bei Enthaltung der schwarzen Christgewerkschafter – zur Schuldenbremse in der Verfassung bekräftigt. Foglar: „Wir stehen dem sehr skeptisch bis ablehnend gegenüber.“ Die ÖGB-Vorstand habe „eine Menge Fragen“ an die Regierung formuliert, weil „völlig nebulos“ sei, welche Maßnahmen vorgesehen seien. Der ÖGB bekenne sich zu einem Schuldenabbau. „Aber“, so verlangt der ÖGB-Chef, „es muss ein großer Teil von den Einnahmen kommen.“

Was brächte ein Solidarbeitrag?

Damit gibt es neben der fehlenden Zweidrittelmehrheit für ein Verfassungsgesetz die nächste Hürde für die Schuldenbremse. Denn während SPÖ und ÖGB auch Steuern auf Vermögen beziehungsweise für Spitzenverdiener heranziehen wollen, gibt es in der ÖVP darüber Differenzen. Die ÖVP-Parteiführung lehnt eine Vermögenssteuer und Substanzbesteuerung ab. ÖVP-Generalsekretär Johannes Rauch hält aber den von der Chefin des schwarzen Arbeitnehmerbundes (ÖAAB), Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, vorgebrachten Plan eines befristeten „Solidaritätsbeitrags für Superreiche“ ab 500.000 Euro brutto Jahreseinkommen für „,diskussionswürdig“.

Fekter hat Steuererhöhungen bei einer mit stehenden Ovationen bedachten Rede beim Wirtschaftsparlament, dem obersten Organ der Wirtschaftskammer, eine Absage erteilt. Wörtlich verteidigte sie die Schuldenbremse so: „Den Sozen in allen Parteien sei gesagt: Mehr Zinsen zu zahlen ist unsozial.“

Mikl-Leitner liegt mit ihrer Idee einer Art „Reichensteuer“ näher bei der SPÖ. Ein Solidarbeitrag für Einkommen ab 500.000 Euro im Jahr würde 1900 bis 2000 Personen treffen. Bei einem um fünf Prozent höheren Steuersatz brächte das rund 30 Millionen Euro. Die SPÖ hat schon vor Längerem neben einer Steuer auf Vermögen ab einer Million Euro („Millionärssteuer“) eine Solidarabgabe ab 300.000 Euro Jahreseinkommen brutto vorgeschlagen. Das träfe rund 7000 Spitzenverdiener und brächte schätzungsweise rund 300 Millionen Euro.

Die ÖVP will freilich von der auf neue Steuern ausgerichteten Debatte wegkommen. Die ÖVP-Spitze ging am Donnerstag mit dem schwarzen Regierungsteam, Klubobmann Karlheinz Kopf und dem Zweiten Nationalratspräsidenten, Fritz Neugebauer, in eine geheime, zweitägige Klausur.

ÖVP: Hunderte Millionen bei ÖBB sparen

Ein Hauptansatzpunkt der ÖVP bei den Einsparungen gilt den ÖBB. Nach einem der „Presse“ vorliegenden Papier soll dort in Summe mehr als eine Milliarde eingespart werden. Die Zuschüsse machten bis 2073 rund 200 Milliarden Euro aus. So müssten sämtliche Investitionsprogramme bewertet werden, wobei die Projekte selbst – etwa der Brennerbasistunnel – nicht infrage gestellt werden (Sparpotenzial: 500 Millionen Euro); es müsse ein neues, flexibleres Dienstrecht samt Anhebung des tatsächlichen Pensionsantrittsalters bis 2020 von 53 auf 62 Jahre geben (laut ÖVP 100 Millionen Einsparungen pro Jahr); weiters soll der Verkauf von nicht betriebsnotwendigem Vermögen wie Kraftwerken und Immobilien erfolgen (erwarteter Erlös: rund 400 Millionen Euro).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.11.2011)

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