Schuldenbremse: Länder auf Linie, Opposition mauert

(c) FABRY Clemens
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Die für den Beschluss im Verfassungsrang nötige Zustimmung einer dritten Fraktion rückt immer weiter in die Ferne. Die Länder richten ein neues Gremium ein.

Wien/Aich/Apa. Mit den Ländern ist sich die Regierung in Sachen Schuldenbremse seit Dienstag einig, mit der Opposition noch lange nicht. Grünen-Chefin Eva Glawischnig erklärte am Mittwoch sogar, sie erwarte sich für heuer gar keine Verhandlungen mehr darüber. Sie hatte angekündigt, nur zuzustimmen, wenn die Regierung gleichzeitig Vermögensteuern und ein Einsparungspaket garantiert. Zusätzlich verärgert zeigte sich Glawischnig darüber, dass der Bund den Ländern weitgehende Zugeständnisse gemacht hatte. So sei es unverständlich, warum die Länder nun doch nicht das (strengere) Haushaltsrecht des Bundes übernehmen müssten. Die Länder setzten sich aber noch in anderen Punkten durch: So ist die Solidarhaftung zwischen den einzelnen Ländern vom Tisch. Und die Länder müssen den Nationalrat nicht um Zustimmung fragen, wenn sie in Ausnahmesituationen das Budget überschreiten.

Opposition fordert Gegenleistung

Die Koalition benötigt aber die Zustimmung zumindest einer Oppositionspartei, um die Schuldenbremse in der Verfassung verankern zu können. Alle drei Oppositionsparteien knüpfen ihre Zustimmung jedoch an Bedingungen. Auch BZÖ-Chef Josef Bucher, einst großer Fan der Schuldenbremse, ortet im Plan der Regierung nun bloß eine „Placebo-Bremse“.

Er fordert Sanktionen bei Nichteinhaltung der Vorgaben sowie die Einführung einer fixen Steuerhöchstgrenze in der Verfassung. Das BZÖ möchte noch bis Montag um eine Einigung mit der Regierung „ringen“. Aber „wenn man uns ins Boot holen will, müssen die Forderungen erfüllt sein“, machte Bucher klar. Nicht rechnen kann die Regierung zudem mit der Zustimmung der FPÖ. Denn diese fordert im Gegenzug Volksentscheide über den Euro-Rettungsschirm. Es sei schade, dass die Bundesregierung „nicht bereit sei, mit der Opposition über eine Schuldenbremse ernsthaft zu verhandeln“, sagte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache.

Flott ans Werk machen sich nach den Zugeständnissen seitens des Bundes die zuvor widerspenstigen Länder. Der Vorsitzende der Landesfinanzreferenten, David Brenner, kündigte die Schaffung eines Stabilitätsrats der Länder an. Dieser soll aus den neun Landesfinanzreferenten bestehen. Aufgabe des Gremiums wird es sein, darüber zu wachen, dass die Länder ihre Verpflichtungen aus dem Stabilitätspakt erfüllen. Der Stabilitätsrat soll mindestens dreimal pro Jahr tagen, Beschlüsse werden mit Zweidrittelmehrheit gefasst. Zur schnelleren Handlungsfähigkeit wird es ein Exekutivkomitee geben, dem nur der Vorsitzende der Landesfinanzreferenten-Konferenz und zwei weitere Mitglieder (aus unterschiedlichen Parteien) angehören. Das Exekutivkomitee solle rasch einschreiten, wenn Entwicklungen in den Ländern es nötig machen, betonte Brenner.

ÖVP will zwei Milliarden sparen

Die Schuldenbremse soll ab 2017 gelten und sicherstellen, dass das strukturelle Defizit des Bundes nur mehr maximal 0,35Prozent des Bruttoinlandsprodukts beträgt. Bereits zuvor sind aber Einsparungen nötig. Wegen ungünstiger Wirtschaftsprognosen muss der Bund bereits nächstes Jahr 900Millionen Euro mehr als ursprünglich gedacht einsparen, anderen Berechnungen zufolge sind es sogar 1,4 Milliarden Euro. ÖVP-Chef Michael Spindelegger fordert nun sogar, dass man im nächsten Jahr bereits zwei Milliarden einspart, um beim Defizit deutlich unter die (von der EU gewünschte) Drei-Prozent-Marke zu kommen. Die ÖVP will in den Bereichen ÖBB, Pensionen, Beamten, Verwaltung und dem Gesundheitssystem die Kosten zügeln.

Auf einen Blick

Die Schuldenbremse kann nur dann im Verfassungsrang beschlossen werden, wenn eine Oppositionspartei zustimmt. FPÖ, BZÖ und Grüne sträuben sich aber dagegen und stellen Forderungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2011)

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