Heinisch-Hosek: 'Frauen kein Kostenfaktor auf zwei Beinen'

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Frauen- und Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) will Golden Handshakes für Beamte abschaffen. Ein höheres Frauenpensionsalter lehnt sie ab.

Sie haben den Beamten eine Lohnerhöhung um 2,5 Prozent angeboten. Die Forderung steht bei 3,9 Prozent. Sonntagnachmittag wird weiterverhandelt. Was passiert, wenn die Gewerkschaft hart bleibt?

Gabriele Heinisch-Hosek: Dann ist der Fahrplan nicht mehr einzuhalten. 24 Stunden vor einem Beschluss muss das Gesetz dem Nationalrat übermittelt werden. Und noch einmal 24 Stunden brauchen meine Mitarbeiter, um das Gesetz fertig zu machen.

Der Nationalrat hat am Mittwoch seine letzte Sitzung vor Weihnachten. Das heißt: Ohne Einigung am Sonntag kann die Lohnerhöhung mit 1. Jänner nicht wirksam werden.

Richtig. Daher sollte die Gewerkschaft auf den Boden der Realität zurückkehren und unser Angebot annehmen.

Sind die 2,5 Prozent in Stein gemeißelt?

Ich bin ja keine Steinmetzin. Aber das ist mein letztes Angebot. 2,5 Prozent sind immerhin 277 Millionen Euro.

Die Gewerkschaft droht mit Streik. Glauben Sie, dass es so weit kommen wird?

Nein, wir haben uns bisher immer noch geeinigt.

In der Steiermark gibt es eine Nulllohnrunde für die Landes- und Gemeindebediensteten. Warum ist das im Bund nicht möglich, wo doch alle übers Sparen reden?

Wir werden sparen, aber es gibt ein Bekenntnis dazu, dass kleinere und mittlere Einkommen nicht leiden sollen.

Finanzministerin Maria Fekter will die Golden Handshakes im Bundesdienst abschaffen. Was halten Sie von diesem Vorschlag?

Auch ich habe Interesse daran, dass wir das faktische Pensionsantrittsalter der Beamten heben. Fekter meint die Jubiläumszulagen. Man bekommt sie nach 25 Dienstjahren und dann nach 35 oder 40. Und ja, darüber wird zu reden sein.

Das bedeutet?

Die 40-jährige Jubiläumszuwendung finde ich o. k. – das ist ein Anreiz für die Mitarbeiter, uns länger erhalten zu bleiben. Aber die 35-jährige sollten wir streichen. Wenn jemand in Frühpension geht, sollte er nicht auch noch mit vier Monatsgehältern belohnt werden.

Und die Zulage nach 25 Dienstjahren?

Jubiläumszulagen für langjährige Mitarbeiter gibt es in der Privatwirtschaft auch. Da habe ich überhaupt nichts dagegen. Wenn vom öffentlichen Dienst weitere Beiträge zum Sparpaket gefordert werden, werden wir auch darüber nachdenken müssen.

Wie stehen Sie zu den Ruhensbestimmungen? Beamte in Frühpension dürfen im Gegensatz zu ASVG-Versicherten dazuverdienen, so viel sie wollen.

Die Zuverdienstmöglichkeiten sind historisch gewachsen. Für Änderungen müsste man das Dienstrecht radikal umbauen. Das ist derzeit kein Thema.

Halten Sie diese Bestimmung für gerecht?

Ich stehe dazu. Aber wenn wir in Zukunft über ein neues Dienstrecht sprechen, sollten wir ohne Tabus über alles diskutieren.

Diskutiert wird derzeit auch, ob das Frauenpensionsalter nicht früher, als 2024, an jenes der Männer angeglichen werden soll.

Ich sehe nicht ein, warum wir das früher machen sollten. Frauen sind doch kein Kostenfaktor auf zwei Beinen. Und wenn sie länger arbeiten wollen, dann können sie das schon jetzt.

Im öffentlichen Dienst müssen Frauen bereits bis 65 arbeiten. Warum soll das in anderen Berufsgruppen nicht möglich sein?

Weil die Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen noch nicht beseitigt wurden. Im Gegensatz zur Privatwirtschaft haben wir gleiche Einkommen.

Im Bundesdienst gibt es einen Unterschied von knapp 16 Prozent. Das schreiben Sie selbst in Ihrem Einkommensbericht.

Das liegt unter anderem daran, dass wir viel mehr Sektionschefs als Sektionschefinnen haben und dass Männer mehr Überstunden machen. Aber wir können diese 15,7 Prozent wenigstens erklären. Die Privatwirtschaft kann das nicht. Und dort gibt es einen Einkommensunterschied von bis zu 40 Prozent.

Die Regierung will eine Schuldenbremse in der Verfassung verankern, aber einige SPÖ-Abgeordnete sträuben sich dagegen. Können Sie das verstehen?

Ich goutiere nicht, dass sich Einzelne der gemeinsamen Vorgangsweise entziehen.

Wie soll der Staat aus Ihrer Sicht sparen?

Ohne neue Einnahmen werden wir nicht zurechtkommen. Ich bekenne mich zu einer Reichensteuer. Die Details müssen erst diskutiert werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.12.2011)

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