U-Ausschuss: Juristenstreit um Geldstrafen

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Wenn Ex-Politiker vor dem U-Ausschuss schweigen, drohen Strafen. Die genaue Höhe ist umstritten. Allerdings kann das Parlament selber keine Strafen der verhängen.

Wien. Heute, Donnerstag, hält der parlamentarische U-Ausschuss zur Klärung diverser Korruptionsskandale eine Sitzung ab. Hinter verschlossenen Türen wird die Frage erörtert: TV-Live-Übertragungen von Ausschusssitzungen ja oder nein? Und vor allem geht es um den Zeitplan. Konkret: Für welche Termine sollen welche „Auskunftspersonen“ zu (medien-)öffentlichen Anhörungen ins Parlament kommen?

Doch was geschieht, wenn Ex-Politiker – von Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel bis Ex-Vizekanzler Hubert Gorbach, von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser bis Ex-Innenminister Ernst Strasser – ihren zu erwartenden Ladungen nicht folgen? Oder vor dem U-Ausschuss ungerechtfertigt schweigen? Letzteres kann nach Auskunft von Rechtsexperten im Parlament teuer werden. Betroffene riskieren demnach bis zu 10.000 Euro Geldbuße. Oder gar Haftstrafen. Allerdings kann das Parlament selber keine Strafen verhängen. Es kann lediglich entsprechende Anträge bei Gericht stellen. Die Entscheidung liegt dann laut der „Verfahrensordnung“ für parlamentarische Untersuchungsausschüsse beim Bezirksgericht (BG) Innere Stadt.

Wie kann nun das BG vorgehen? Es könnte Ordnungsstrafen verhängen. Etwa bei ungerechtfertigtem Fernbleiben eines Ex-Politikers. Maximale Sanktion: 1000 Euro Geldstrafe. Oder das Gericht spricht Beugestrafen aus. Eben dann, wenn eine Auskunftsperson ungerechtfertigt schweigt.

Kürzlich hatte Karl-Heinz Grasser wissen lassen, dass er im Hinblick auf das gegen ihn laufende Buwog-Strafverfahren vor dem Ausschuss nicht aussagen wolle. Freilich gilt auch vor dem U-Ausschuss, dass sich niemand durch seine Aussage selber der Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung aussetzen muss. Dies heißt aber nicht, dass Grasser pauschal schweigen darf. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass dem Ausschuss sowieso die umfangreichen Grasser-Aussagen aus dem Justizakt zur Verfügung stehen.

Strafen auch im Eurofighter-Ausschuss

Über die Höhe der Ordnungs- bzw. Beugestrafen streiten nun selbst Juristen. Die im Parlament genannte 10.000-Euro-Strafe wird von einigen im BG tätigen, für die Anträge des Parlaments zuständigen Strafrichtern bestritten. Gerichtssprecher Markus Riedl bestätigt: „Einige Kollegen“ würden die Rechtsansicht vertreten, dass 1000 Euro jedenfalls die Strafobergrenze darstellen.

Sowohl im Banken- als auch im Eurofighter-U-Ausschuss (2006, 2007) war das BG aktiv geworden. Zweimal (Banken) wurde Anträgen des Parlaments nicht nachgegeben, zweimal (Eurofighter) verhängte man je 1000 Euro Strafe wegen Aussageverweigerung. Ehe diese Strafen rechtskräftig wurden, wurde aber der U-Ausschuss beendet.

Pikanterie am Rande: Das BG Innere Stadt ist im City Tower in der Marxergasse (3. Bezirk) angesiedelt – in einer Immobilie, deren Vermietung an die Justiz (über Vermittlung des Maklers Ernst Karl Plech) auch Teil der Ausschuss-Untersuchungen werden soll.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2012)

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