Rot-Weiß-Rot-Card: Bosnier und Manager liegen in Front

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793 Anträge wurden nach dem neuen Punktesystem für Zuwanderer bewilligt. Der Zulauf steigt, aber noch gibt es Anlaufprobleme bei Vollzug und Anwerbung. 204 Manager führen jetzt die Statistik an.

Wien. Österreich wird von hoch qualifizierten Ausländern nach der Einführung der Rot-Weiß-Rot-Card für Zuwanderer aus Drittstaaten außerhalb der EU seit Mitte des Vorjahres nicht überrannt, aber einige hundert Exemplare wurden bereits ausgestellt. Nach einer Zwischenbilanz für Ende November 2011 wurden beim Arbeitsmarktservice (AMS) 793 Verfahren abgeschlossen, was Voraussetzung für den Erhalt der Rot-Weiß-Rot-Karte ist. Im Gegensatz zu den ersten Wochen nach dem Start wird die neue Karte für ausländische Zuwanderer nun auch tatsächlich an Spitzenarbeitskräfte vergeben, für die sie bei der Einführung in erster Linie gedacht war, statt an Profisportler. 204 Manager führen jetzt die Statistik an.

Für den Leiter der Sozialabteilung der Wirtschaftskammer, Martin Gleitsmann, ist damit eine Trendwende beim Zuzug nach Österreich in die richtige Richtung geschafft: Die neue Karte werde „positiv angenommen“. Er verweist auf die frühere Praxis: Dabei habe es in Summe 630 Bewilligungen für Schlüsselkräfte gegeben – allerdings sei dabei auch die Zahl nachziehender Familienmitglieder einbezogen worden.

Wirtschaft und Industrie sind wegen des Fachkräftemangels in Österreich treibende Kräfte für eine Einigung der Sozialpartner und die nachfolgende Umstellung auf die „Karte“ gewesen, um einem drohenden Mangel an Spitzenkräften zu begegnen. Die Vergabe erfolgt dabei ähnlich Beispielen im Ausland nach einem Punktesystem: Dabei werden etwa Deutschkenntnisse und Bildungsgrad bewertet. Nach einer Studie im Auftrag der Industriellenvereinigung liegt das Potenzial bei 5000 Personen.

Schwerpunktkonzept soll 2012 folgen

Gleitsmann räumt selbst ein, dass die Zahl hoch qualifizierter Schlüsselkräfte, beispielsweise von Uni-Forschern, noch niedrig sei. Christian Friesl, der in der Industriellenvereinigung maßgeblich an den Vorarbeiten beteiligt war, zeigt sich im Gespräch mit der „Presse“ generell „sehr froh“ über Karte und Punktesystem. Im Vollzug gebe es aber Verbesserungsmöglichkeiten in den Verfahren. Das betrifft etwa den Umstand, dass Ansuchen im Ausland gestellt werden müssen, und eine raschere Abwicklung, die in anderen Ländern digitalisiert erfolgt. Innen- und Außenministerium seien aber sehr interessiert, Verbesserungen vorzunehmen, betont Friesl. Ein Hauptziel für das Jahr 2012 betreffe nun die Außenwirkung, nämlich die Erstellung eines Schwerpunktkonzepts für die Anwerbung und die Außenkommunikation.

Eishockey-Vereine waren besonders schnell

Nach den Managern waren in den ersten fünf Monaten bis November IT-Techniker die zweitgrößte Gruppe, die eine Bewilligung für eine Rot-Weiß-Rot-Card erhalten haben. Dahinter rangiert die Gruppe der Profisportler, die allerdings weder für Wirtschaft noch für die zuständigen Ministerien (Soziales, Inneres) als Zielgruppe der Rot-Weiß-Rot-Card im Vordergrund stehen. Ganz zu Beginn der Umstellung in den Sommermonaten 2011 machten die Profisportler einen noch größeren Teil der Inhaber einer Rot-Weiß-Rot-Card aus. Ein Hauptgrund dafür war, dass bereits im Frühherbst die Meisterschaft in Österreichs oberster Eishockey-Liga beginnt. Deren Vereine holen sich traditionell Jahr für Jahr zahlreiche Eishockey-Cracks aus Kanada.

Woher kommen nun die meisten Inhaber einer Rot-Weiß-Rot-Card? Nach den abgeschlossenen Zulassungsverfahren bis November 2011 lagen dabei Bürger aus Bosnien und Herzegowina voran. Dahinter folgten Zuwanderer, die aus den USA nach Österreich kamen. Auf Platz drei rangieren Zuwanderer aus Russland, dahinter folgen Kroaten sowie Zuwanderer aus der Ukraine.

Zum Vergleich: Werden Bewohner von EU-Staaten (die keine Rot-Weiß-rot-Karte brauchen) in die Zuwandererstatistik einbezogen, so bilden die Deutschen die größte Gruppe. Die Statistik Austria verzeichnete Ende November des vergangenen Jahres 10.538 neue Zuzügler aus Deutschland. Das waren deutlich mehr als 2010, als knapp 7000 Deutsche neu nach Österreich gekommen waren.

Auf einen Blick

Die Rot-Weiß-Rot-Card wurde mit 1. Juli des Vorjahres eingeführt: Zuwanderer aus Drittstaaten außerhalb der EU werden nach einem Punktesystem, bei dem Alter, Bildung, aber auch Deutschkenntnisse einbezogen werden, ausgesucht. Es gibt drei Gruppen: 1. „Spitzenkräfte“ (Manager, Hochqualifizierte), die ohne Beschränkung auf dem Arbeitsmarkt tätig werden dürfen. 2. Schlüsselkräfte (Mindestverdienst, auf dem Arbeitsmarkt kann keine Ersatzkraft gefunden werden). 3. „Mangelberufe“ (Fachkräfte für Berufe mit einem hohen Bedarf, bis Mai muss die Liste an Mangelberufen festgelegt werden).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2012)

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