Unesco streicht "Wiener Ball" aus Weltkulturerbe-Liste

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AUFMARSCH d. BURSCHENSCHAFTER / TOTENGEDENKEN(c) APA (Robert Newald)
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Die Unesco reagiert auf die Kritik an der Erhebung des WKR-Balls zum immateriellen Kulturerbe. Die gesamte Liste der Wiener Traditionsbälle wird aus dem Kulturerbe-Verzeichnis entfernt.

Die österreichische Unesco-Kommission hat das gesamte Element "Wiener Ball" - und damit auch den Ball des Wiener Korporationsringes (WKR) - aus dem Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes in Österreich gestrichen. "Wir bedauern, dass wir im Rahmen der Einreichung die Listung des WKR-Balls übersehen haben und haben uns nun entschieden, die gesamte Liste der Wiener Traditionsbälle per sofort aus dem Verzeichnis zu entfernen", erklärte Eva Nowotny, Präsidentin der Kommission am Donnerstag in einer Aussendung.

Damit reagierte die Organisation auf die Kritik an der Erhebung des Balls zu einem immateriellen Kulturerbe Österreichs.

Es liege nun beim Antragsteller - dem Kontaktkomitee der Wiener Nobel- und Traditionsbälle -, die Liste der Bälle abzuklären. "Eine abgeklärte Liste kann selbstverständlich wieder aufgenommen werden", so Nowotny. Eine Eintragung in das Verzeichnis müsse grundsätzlich auch mit den Grundwerten und Grundprinzipien der Unesco im Einklang stehen, "wobei Toleranz und Respekt vor anderen Kulturen und Wertschätzung kultureller Diversität besondere Priorität haben", so die Präsidentin.

Ob sich der "Wiener Ball" - ohne den umstrittenen Ball des Wiener Korporationsringes (WKR) - neuerlich als Weltkulturerbe bewerben wird, ist aber noch offen. Das werde man sehen, im Moment gebe es noch viele Gespräche, sagte Susanne Schöner, Vorsitzende des Kontakt-Komittee der Wiener Nobel-und Traditionsbälle, die das Element "Wiener Ball" als immaterielles Kulturerbe bei der UNESCO eingereicht hatte.

Jelinek: "Verunglimpfung Österreichs"

Am Donnerstag hatte sich auch Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek zu Wort gemeldet und in einem Schreiben an SOS Mitmensch eine öffentliche Entschuldigung für die Auflistung des WKR-Balls als Kulturerbe sowie den Rücktritt des Unesco-Komitees gefordert. "Ich sehe diese Aufwertung einer skandalösen Veranstaltung, die nicht zuletzt auch dem antifaschistischen Verfassungsauftrag Hohn spricht, als eine Verunglimpfung Österreichs an", hieß es. "Ein deklariert deutschnationaler Ball kann im Übrigen niemals Österreich zu irgendwelchen Ehren gereichen, er sollte, wenn überhaupt, in das deutsche ('und heute gehört uns Deutschland und morgen die ganze Welt') Weltkulturerbe einfließen", so Jelinek.

Mit Blick auf die Ballbesucher meinte die Nobelpreisträgerin: "So sehen das sicher auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieses Balles. Sie wollen Deutsche sein und verachten die österreichische Nation." SOS Mitmensch forderte die Kommission dazu auf, noch vor dem Ball am 27. Jänner eine Streichung des WKR-Balls von der Liste vorzunehmen.

Vorbereitungen laufen "reibungslos"

Am Donnerstag meldete sich auch der Vorsitzende des Ballausschusses, Udo Guggenbichler, zu Wort: Die Vorbereitungen für den Ball "laufen trotz der Androhung massiver Proteste dank der positiven Zusammenarbeit mit den Hofburg-Verantwortlichen reibungslos", hieß es in einer Aussendung. Der WKR-Ball werde heuer "im Zeichen von Demokratie und Menschenrechten stehen", betonte Guggenbichler. "Freiheit und Demokratie müssen immer wieder neu erkämpft werden."

Die Veranstaltung sorgt Jahr für Jahr für Kritik, Gegendemos und Ausschreitungen. Ab dem kommenden Jahr wird der Ball nicht mehr in der Wiener Hofburg stattfinden. Bereits Anfang Dezember hatte die Wiener Hofburg Kongresszentrum BetriebsgmbH mitgeteilt, dass die Hofburg nicht mehr als Veranstaltungsstätte zur Verfügung stehe. Als Begründung wurde die "aktuelle politische und mediale Dimension, welche die Abhaltung des WKR-Balles in den letzten Jahren angenommen hat", angeführt.

Unesco

Grundsätzlich entscheidet die Unesco nicht von sich aus, was zum immateriellen Kulturerbe erklärt wird, sondern prüft entsprechende Anträge von Traditionsträgern. In diesem Fall war dies das Kontaktkomitee der Wiener Nobel- und Traditionsbälle.

(APA/Red.)

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