Anti-Terror-Paket: Einsatz der Peilsender wird fixiert

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Nach scharfer Expertenkritik hat jetzt das Innenministerium Klarstellungen zum Löschen von Daten und dem Einsatz von Peilsendern veranlasst. Die Ausweitung der Polizeibefugnisse kann frühestens mit 1. April in Kraft treten.

Wien/Ett. Vor der Sitzung des parlamentarischen Innenausschusses steht jetzt fest, welche Änderungen die beiden Regierungsparteien SPÖ und ÖVP am noch ausständigen zweiten Teil des sogenannten Anti-Terror-Pakets nach scharfer Kritik von Rechtsexperten vornehmen. Dazu gehören, wie der „Presse“ im Innenministerium im Detail erläutert wurde, mehrere Punkte, die in der Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes jetzt ausdrücklich klargestellt beziehungsweise noch neu eingefügt werden: eine Bestimmung zur Löschung von einschlägig gesammelten Daten, erweiterte Gefahrenerforschung durch den Verfassungsschutz auch gegen Einzelpersonen erst nach Genehmigung des Rechtsschutzbeauftragten des Innenministeriums, zusätzliche Genehmigung durch den Beauftragten für jede Observation, Wegweisung von Einzelpersonen nur auf ausdrückliches Verlangen etwa eines Grundeigentümers.

Die schon seit dem Sommer des Vorjahres von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) angestrebten neuen Polizeibefugnisse dienen im Kern der erweiterten Gefahrenerforschung, die nun auch gegen Einzelpersonen (bisher ab drei Personen) bei Verdacht auf weltanschaulich-religiös motivierte Gewalt zulässig sein soll. Nach ersten Korrekturen des Entwurfs nach der Begutachtung noch im Herbst 2011 durch die zuständige Innenministerin wurde die Vorlage bereits im Ministerrat beschlossen.

Neuregelung soll ab April gelten

Allerdings gab es danach noch immer Vorbehalte bei SPÖ-Parlamentariern. Bei einem Hearing im Parlament Anfang Dezember äußerten schließlich vor allem auch Rechtsanwaltsvertreter neuerlich massive Bedenken. Daraufhin wurde ein Nationalratsbeschluss noch vor Weihnachten abgeblasen.

Jetzt geht die Koalition nach Rücksprache mit dem Innenressort vor der Sitzung des Innenausschusses am 2. Februar auf die Expertenkritik genauer ein. Bleibt es beim regulären parlamentarischen Fahrplan, kann die Ausweitung der Polizeibefugnisse frühestens mit 1. April 2012 in Kraft treten.

Daten: Neu ist nun die explizit verankerte Gesetzesbestimmung, dass nicht mehr benötigte Daten aus der erweiterten Gefahrenerforschung gelöscht werden müssen.

Genaue Verdachtsmomente: Schon bisher war in den geplanten Gesetzesbestimmungen vorgesehen, dass der Rechtsschutzbeauftragte im Innenministerium, der grundsätzlich unabhängig und weisungsfrei ist, eine Aktion im Rahmen der erweiterten Gefahrenerforschung des Verfassungsschutzes auf alle Fälle zuerst genehmigen muss. Nun wird in der Novelle überdies ausdrücklich festgehalten, dass dabei in jedem Einzelfall eine klar definierte Begründung der Verdachtsmomente angegeben werden muss und dass mit Gewalt aus weltanschaulich-religiösen Motiven zu rechnen sei.

Überwachung: Wird eine Observation einer Person beantragt, so muss diese jeweils auch zusätzlich vom Rechtsschutzbeauftragten genehmigt werden. Das soll in die Begründung für die Novelle einfließen.

Tätigkeitsbericht: Ausdrücklich wird verankert, dass der Rechtsschutzbeauftragte in seinem jährlichen Tätigkeitsbericht künftig auch Verfahren der erweiterten Gefahrenerforschung einbezieht.

Gefahrenpotenzial: Aller Voraussicht nach in einer Feststellung des Parlamentsausschusses soll das „subjektive Gefahrenpotenzial“ dargelegt werden, dass nämlich ohne Einsatz der erweiterten Gefahrenerforschung mit schwerer Gewalt gegen die öffentliche Sicherheit zu rechnen sei.

Wegweisung: Um einen anderen Aspekt der neuen Polizeibefugnisse geht es bei der Wegweisung von Einzelpersonen durch die Exekutive. Nun wird explizit verankert, dass diese nur auf ausdrückliches Verlangen eines Verfügungsberechtigten (etwa eines Grundbesitzers gegen einen Demonstranten, Anm.) erlaubt ist. Die Polizei kann demnach nicht von sich aus aktiv werden.

Peilsender: Für die Observation mit technischen Hilfsmitteln erfolgt ebenfalls eine Klarstellung. Es wird festgeschrieben, dass dafür Peilsender und keine anderen technischen Geräte eingesetzt werden dürfen.

In der Debatte ist von Kritikern die Genehmigung durch einen Richter und nicht durch den Rechtsschutzbeauftragten gefordert worden. Dem wird in der überarbeiteten Version nicht nachgekommen. Begründung: Das Polizeigesetz betreffe die Verwaltung, diese sei getrennt von der Justiz mit Richtern. Anlaufstelle für Betroffene bleibe daher der Rechtsschutzbeauftragte.

Auf einen Blick

Terrrorabwehr. Bereits im Herbst des Vorjahres wurde der Justizteil des Anti-Terrorpakets (etwa die Regelungen bei Aufrufen zur Verhetzung) vom Nationalrat beschlossen. Nun folgt Teil 2 des Anti-Terrorpakets, für den das Innenministerium zuständig ist: mehr Polizeibefugnisse im Sicherheitspolizeigesetz zur Gefahrenerforschung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2012)

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