U-Ausschuss: Schmiergelder, fehlender Zeuge

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Gleich die erste geladene „Auskunftsperson“ blieb dem U-Ausschuss fern. Dafür droht nun eine Geldbuße. Beamte des Infrastrukturministeriums wurden zum Thema „Gesetzeskauf“ befragt.

Wien. Georg Serentschy, Chef der Telekom-Regulierungsgesellschaft (RTR), hätte den viel beachteten Anfang machen sollen: Als erste „Auskunftsperson“ hätte er am Donnerstag in der ersten (medien-)öffentlichen U-Ausschusssitzung die Telekom-Affäre rund um Schmiergelder und mutmaßlich „gekaufte“ Verordnungen beleuchten sollen. Doch daraus wurde nichts. Serentschy habe erst vor 24 Stunden erfahren, dass der Staatsanwalt auch gegen ihn ermittelt, ließ er Donnerstagvormittag den Medien durch sein Büro ausrichten. Fazit: Der Zeuge kam einfach nicht; die erste öffentliche Aussage vor dem U-Ausschuss platzte.

Nicht ohne Konsequenzen für Serentschy, der 2002 unter FPÖ-Verkehrsminister Mathias Reichhold bestellt worden war: U-Ausschussvorsitzende Gabriela Moser (Grüne), verkündete den Antrag auf Verhängung einer Ordnungsstrafe „in angemessener Höhe“. Darüber muss nun das Bezirksgericht Innere Stadt entscheiden, bis zu 1000 Euro Strafe sind möglich. Für kommenden Dienstag um 9 Uhr ist der oberste Telekom-Regulator erneut geladen – unter Androhung einer polizeilichen Vorführung, sollte er wieder nicht erscheinen.

Verordnung nach Interesse der Telekom

Die Pikanterie an der Sache: Serentschy hat noch am Vorabend bei Moser und bei Verfahrensanwalt Klaus Hoffmann, dem früheren Präsidenten der Wiener Anwaltskammer, nachgefragt, ob er wirklich kommen müsse. Beide hatten dies bejaht, trotzdem blieb der Zeuge fern. Im Gegensatz dazu trat schließlich jene Beamtin des Infrastrukturministeriums, die für die legistische Neufassung der viel zitierten Universaldienstverordnung verantwortlich war, vor die Abgeordneten. Ein bisschen schüchtern wirkend – wohl auch wegen ihrer unvermuteten Rolle als Erstrednerin – stand Eva-Maria Weissenburger im Mittelpunkt ausgedehnter Fragerunden.

Im Kern ging es darum, ob sich die Telekom 2006 von Infrastrukturminister Hubert Gorbach (BZÖ) eine für das Unternehmen finanziell günstige Verordnung gleichsam erkauft hat. Gorbach steht im Verdacht, nach seinem Ausscheiden aus dem Ministeramt über den Lobbyisten Peter Hochegger 250.000 Euro von der Telekom erhalten zu haben. Der Ex-Politiker – er ist für 1. Februar als Zeuge vor den U-Ausschuss geladen – bestreitet sämtliche Vorwürfe.

Weissenburger sagte unter Wahrheitspflicht: „Mir ist aufgetragen worden, einen Text anhand des von der Telekom vorgelegten Entwurfes zu übernehmen.“ Gemeint ist freilich die Universaldienstverordnung. Laut dem Ausschussmitglied Peter Pilz (Grüne) habe man sich seitens der Telekom eine Verordnung erwartet, die 40 Millionen Euro zusätzlich einbringen könnte. 1,2 Millionen Euro an Schmiergeldern seien im Zuge der Änderung der Verordnung geflossen. Letztlich stieg die Telekom Austria dank der neuen Verordnung mit zehn Millionen Euro zusätzlich pro Jahr aus.

Geld für Gesetze „bis heute“?

Die Universaldienstverordnung regelt bestimmte Pflichten von Telekom-Unternehmen, etwa Vorgaben zur Versorgung entlegener Gebiete mit Telefonzellen oder die gebührenfreie Erreichbarkeit von Telefonnummern. Gegen Ende seiner Amtszeit hat Gorbach die (bis heute geltende) Novelle unterschrieben. Diese ermöglicht der Telekom Austria als Marktführerin von den privaten Mitbewerbern künftig bestimmte Gebühren zu kassieren.

ÖVP-Fraktionsführer Werner Amon ließ vor der Ausschusssitzung zu eben diesem Thema mit Vorwürfen aufhorchen: Er sei überrascht, welche Dimension der Gesetzeskauf im Umfeld des Infrastrukturministeriums „bis heute“ habe.

SPÖ-Fraktionsführer Hannes Jarolim erinnerte an ein Treffen im Verkehrsministerium, an dem offenbar auch Lobbyist Hochegger und Serentschy teilgenommen hätten. Bei einem solchen Gipfeltreffen könnte besprochen worden sein, wie man künftig die Finanzen der Telekom, an der die ÖIAG einen 28,4-Prozent-Anteil hält, aufbessern könnte. Zeugin Weissenburger bestätigte, dass „Vertreter der Telekom im Haus waren, um Vorschläge darzulegen“.

Am Nachmittag hatten sich der Vorgesetzte der Zeugin, Abteilungsleiter Christian Singer, sowie dessen Kollege Alfred Stratil den Fragen der Abgeordneten zu stellen. Direkt auf mögliche Parteienfinanzierung angesprochen, schloss Singer aus, je etwas Derartiges „erlebt“ zu haben. Auch sein Kollege verneinte, dass die Änderung der Verordnung mit Parteienfinanzierung zu tun gehabt haben könnte. Die nächste Ausschusssitzung ist für kommenden Dienstag anberaumt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2012)

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