Nulldefizit bis 2016: "So ein Sparpaket hatten wir noch nie"

Milliarden Euro Regierung beschliesst
Milliarden Euro Regierung beschliesstAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Größter Brocken ist eine Reform des Pensionssystems. Den Beamten wird eine Nulllohnrunde verordnet, Besserverdienern eine Solidarabgabe. Spindelegger zu den Verhandlungen: "Die härtesten Wochen meines Lebens."

Es ist 26,5 Milliarden Euro schwer, zu 70 Prozent mit Sparmaßnahmen gefüllt und zu knapp einem Drittel mit neuen Steuern: Die Regierung hat am Freitag nach wochenlangen Verhandlungen ihr Spar- und Steuerpaket im Ministerrat beschlossen. Aus Regierungssicht ist der große Wurf dabei durchaus gelungen, SP-Bundeskanzler Werner Faymann wertet das Sparpaket als historisch: "Wir werden 2016 zum ersten Mal seit 50 Jahren einen ausgeglichenen Haushalt haben" - also ein Nulldefizit.

Es sei ein Reformpaket, das "keine Massensteuern enthält, keinen Ausverkauf von Familiensilber". Es werde dauerhaft gespart. Und der Kanzler lobt auch die Regierung: Dass zehn Prozent der Sitze in Bundesrat, Nationalrat und in der Regierung eingespart werden sollen, sei ein "vorbildliches Vorgehen".

"So ein Sparpaket haben wir noch nicht gehabt", sagt auch Vizekanzler Michael Spindelegger. "Das Ergebnis kann sich sehen lassen." Zehn Wochen habe man verhandelt - für Spindelegger waren es "die härtesten Wochen meines Lebens". Am Ende habe man aber Ergebnisse geliefert. Mit Blick auf Faymann sagte Spindelegger: "Ich darf mich bedanken, bei dir lieber Werner." Und Faymann sagte: "Wir haben das Gemeinsame gesucht und gefunden."

7,3 Milliarden Euro durch Pensionen

Den "größten Brocken" zum Sparpaket liefern mit 7,3 Milliarden Euro die Pensionen. Die Harmonisierung der Pensionssysteme wird deutlich rascher als erwartet über die Bühne gehen: Ab 2014 soll es nur noch eine Rechtsgrundlage geben. Die Regierung nimmt auch Einschnitte bei der Korridorpension, also der klassischen Frühpension, vor. Diese kann künftig erst nach 40 Versicherungsjahren (bisher: 37,5) angetreten werden. Zudem werden höhere Abschläge fällig.

Bis 2016 wird sich das faktische Pensionsantrittsalter dennoch nur um 1,2 Jahre erhöhen, schätzt Vizekanzler Spindelegger im ORF-Interview. Erst 2020 würde der Österreicher dann im Schnitt um vier Jahre später in Pension gehen. Wer die Pension schon angetreten hat, muss sich in den nächsten beiden Jahren mit einer Pensionserhöhung um einen Prozentpunkt (2013) bzw. 0,8 Prozentpunkte (2014) unter der Inflationsrate abfinden. Spindelegger: "Ich weiß, dass das schwer ist für viele."

--> Details zum Pensionspaket im Sparpaket

Noch schwerer trifft es die Beamten: Sie werden nächstes Jahr komplett leer ausgehen - Nulllohnrunde. Im Jahr darauf sollen die Beamten-Gehälter nur moderat - also unter der Inflationsrate - steigen. Wegen Pensionierungen freiwerdende Stellen werden auch nicht mehr nachbesetzt. Von dem Aufnahmestopp sind nur Sicherheits-, Justiz- und Bildungsbereich ausgenommen. Insgesamt sollen 1000 Stellen eingespart werden.

(c) APA

Auch an der Steuerschraube wird gedreht, wenngleich sich die ÖVP mit ihrem Nein zu Vermögenssteuern durchgesetzt hat. Besserverdiener müssen trotzdem bluten, ab einem Jahresgehalt von 185.920 Euro brutto wird die Steuerbegünstigung bei Urlaubs- und Weihnachtsgeld eingeschränkt bzw. aufgehoben. Ein weiterer großer Steuer-Brocken: Die zehnjährige Spekulationsfrist bei Immobilien wird abgeschafft und eine "Umwidmungsabgabe" beim Verkauf von Grundstücken fällig.

"Manipulationsgebühr" bei Kündigungen

Im Sparpaket stecken auch einige Überraschungen: Die von der ÖVP stets verteidigte Gruppenbesteuerung wird nun doch eingeschränkt, zudem sollen Unternehmer für Kündigungen eine "Manipulationsgebühr" an das AMS bezahlen.

Mit dem Sparpaket soll das Defizit 2013 auf 2,2 Prozent und damit deutlich unter die Maastricht-Vorgabe von 3,0 Prozent gedrückt werden. 2016 soll dann ein ausgeglichener Staatshaushalt hauchdünn - um 0,1 Prozent - verfehlt werden, was Faymann und Spindelegger aber schon als Nulldefizit werten. Nach den Aufzeichnungen des Wifo sei dies das letzte Mal im Jahr 1951 der Fall gewesen, so Faymann.

Spindelegger schließt nicht aus, dass das Nulldefizit schon vor 2016 erreicht wird. Derzeit würden die Zahlen nämlich auf eher pessimistischen Prognosen des Wifo basieren. Durch die Sparmaßnahmen soll bis 2020 der Schuldenberg jedenfalls auf 60 Prozent des BIP schrumpfen - damit wäre ein weiteres Maastricht-Kriterium erfüllt.

Prinzip Hoffnung

Ob dieses Ziel tatsächlich erreicht wird, bleibt abzuwarten. Einige der geplanten Spar- und Steuermaßnahmen gründen nämlich auf dem Prinzip Hoffnung: Bei der Finanztransaktionssteuer etwa spekuliert die Regierung mit einer Einführung auf EU-Ebene - und plant eine Milliarde Euro Mehreinnahmen bis 2016 ein. Im Gesundheitssektor muss noch ausgetüftelt werden, wie die kalkulierten 1,4 Milliarden Euro im Detail aufgestellt werden.

--> Download: Das Sparpaket im Wortlaut

Auch der Konsolidierungsbedarf der Länder relativiert sich bei der Durchsicht der Papiere: 5,2 Milliarden Euro wollen die Länder bis 2016 liefern, wobei sich prognostizierte 2,3 Milliarden Euro davon durch die Beteiligung an Mehreinnahmen aus neuen Steuern ergeben sollen. Den Rest wollen die Länder nun ausverhandeln - unter sich.

"Die Presse", GK, Quelle APA

(jst)

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