Telekom-Geld: Schmiermittel der Politik

(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
  • Drucken

E-Mails zwischen Konzernmanagern der Telekom und Politikern zeichnen ein Sittenbild aus Freunderlwirtschaft, dubiosen Geldflüssen und Parteispenden. Der Inhalt ausgewählter Mails wurde nun veröffentlicht.

Wien. Anfangs ging es noch zäh, doch mittlerweile kommen im Korruptions-U-Ausschuss täglich neue Details zum „System Telekom“ ans Tageslicht. Der Verdacht, dass mit dubiosen Zahlungen und nicht deklarierten Parteispenden über Jahre hinweg alle politischen Lager bedacht wurden, hat sich erhärtet. Einen Tag bevor PR-Mann Peter Hochegger und Telekom-Chef Hannes Ametsreiter im U-Ausschuss auftreten, sorgten allerdings Informationen abseits des Parlaments für neue Erkenntnisse zum Thema Parteienfinanzierung.

Dem Magazin „News“ liegen angeblich 200.000 E-Mails vor, die in den vergangenen zehn Jahren zwischen Politikern und Telekom-Managern hin- und hergingen. Der Inhalt ausgewählter Mails wurde nun veröffentlicht. Der Schriftverkehr bestätigt die Arbeit der Revision der Telekom Austria und der Staatsanwaltschaft Wien: Eine Gruppe von Managern, allen voran die beschuldigten Telekom-Manager Rudolf Fischer und Gernot Schieszler, unterhielten mit Hochegger eine „Firma in der Firma“. Diese verteilte jahrelang mittels Scheingeschäften Geld vom Konzern an Parteien und Politiker.

28 „Mitarbeiter“ von Hochegger

Laut Hochegger sollen in der Zeit von 2000 bis 2010 exakt 28 ehemalige Politiker, frühere Kabinetts- und Parteimitarbeiter sowie Funktionäre aller Parteien für ihn gearbeitet haben. Zehn dieser „Mitarbeiter“ seien von der SPÖ, sieben von der ÖVP, sechs aus dem FPÖ- bzw. BZÖ-Lager und fünf von den Grünen gewesen. Konkret nennt Hochegger SPÖ-Telekom-Sprecher Kurt Gartlehner und Ex-FPÖ-Telekom-Sprecher Reinhard Firlinger. Die grüne U-Ausschuss-Vorsitzende Gabriela Moser sei hingegen nicht auf seiner Payroll gestanden.

Erst am Dienstag kam das BZÖ in Erklärungsnotstand, nachdem der Werber Kurt Schmied vor dem U-Ausschuss erzählt hat, dass im Jahr 2006 Telekom-Gelder in Höhe von 720.000 Euro in den Wahlkampf der Orangen geflossen sind.

Bei den Geschäften mit der ÖVP spielten Michael Fischer und Michael Jungwirth eine Rolle: Fischer ist seit Juni 2007 bei der Telekom für Public Affairs zuständig und war zuvor ÖVP-Direktor. Jungwirth leitet seit April 2009 die Telekom-Stabsstelle „Stragetische Vorstandsagenden“ und war unter anderem Fachreferent im Verkehrsministerium unter Hubert Gorbach (FPÖ/BZÖ).

In den nun aufgetauchten E-Mails, die weder dem U-Ausschuss noch der Staatsanwaltschaft vorliegen, wie deren Sprecher Thomas Vecsey der „Presse“ bestätigt, geht es vorerst um die ÖVP: um Spenden an die Bundespartei, Sponsorverträge mit Vorfeldorganisationen, Sponsoring von Bundesparteitagen, Gefallen für ÖVP-Politiker und deren Kinder, Reisen auf Telekom-Kosten für ehemalige Parteigrößen.

Das liest sich dann so: „Lieber Gernot (Schieszler, Anm.), Rudi Fischer hat 100.000 Euro via Peter Hochegger an die ÖVP-Bundespartei für 2007 zugesagt. Mit der Bitte um Berücksichtigung. Liebe Grüße, Michael (Fischer, Anm.).“ In einem weiteren Mail bittet Michael Fischer (noch als ÖVP-Direktor) Rudolf Fischer um einen Sponsoringbeitrag für den Bundesparteitag am 21. April 2007. Der frühere ÖVP-Abgeordnete Wendelin Ettmayer – damals schon in Pension, aber auf EU-Ebene gut vernetzt und deshalb für die Telekom hilfreich – wurde von der Telekom zum Hahnenkamm-Rennen nach Kitzbühel eingeladen. Mit Begleitung. Michael Fischer stellte ein „exklusives und gemütliches Programm“ in Aussicht, was Ettmayer gern annahm.

„Kein Telekom-Geld in Büchern“

„Es sind keine Telekom-Zahlungen in den Büchern der ÖVP zu finden. Wir haben dies mehrfach geprüft“, sagt ÖVP-Bundespartei-Sprecherin Michaela Berger zur „Presse“. Bei den 100.000 Euro dürfte es um Geld für die Junge Wirtschaft gehen. Für das Sponsoring des Bundesparteitags habe es Gegenleistungen in Form von Werbeflächen gegeben. Berger räumt aber ein, dass die Optik „mehr als schief“ sei. „Die Telekom-Affäre muss restlos aufgeklärt werden. Dabei ist jede Partei gefordert, ihren Beitrag zu leisten und von parteipolitischen Spielchen abzusehen“, sagt ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch.

Im Korruptionsskandal steht nun aber auch Telekom-Chef Hannes Ametsreiter zusehends unter Druck. Denn sowohl Michael Fischer als auch Jungwirth arbeiten weiter im Konzern. Nach einer anonymen Anzeige wird gegen Ametsreiter wegen Bestechlichkeit ermittelt. Die Untersuchungen seien aber weitgehend abgeschlossen und hätten ergeben, dass die Vorwürfe haltlos seien, heißt es dazu im Konzern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.