"Telekom wünscht sich was, und es geschieht"

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Wie kommen 200.000 Mails der Telekom Austria an die Öffentlichkeit? Konzernchef Hannes Ametsreiter lässt das untersuchen – er selbst weiß keine Antwort.

Wien. Das hat sich Hannes Ametsreiter nie vorgestellt und schon gar nicht gewünscht – in einem U-Ausschuss zum Thema Korruption Fragen beantworten zu müssen, die sich von jenen der Ermittler der Staatsanwaltschaft Wien nicht wesentlich unterscheiden dürften. Der Marketing-Mann – das war der Boss der Telekom Austria (TA) während seiner ganzen Karriere – war bisher auf positive Nachrichten aus seinem Konzern eingestimmt, den er seit 2009 führt. Kriminelle Machenschaften? Damit musste sich der Salzburger bisher nicht auseinandersetzen.

Das ist anders, seitdem die Telekom im Mittelpunkt des wahrscheinlich größten Korruptionsskandals der Zweiten Republik steht. Manager seines Konzerns, allen voran Rudolf Fischer und Gernot Schieszler, haben mit dem PR-Profi Peter Hochegger über viele Jahre Geld aus dem Konzern an Politiker und Parteien verschoben. Scheingeschäfte über neun Millionen Euro hat die von der Telekom beauftragte Deloitte gefunden. Derzeit dreht die BDO jeden Beleg um und hat schon Millionen Mails gescreent, wie Ametsreiter berichtet.

Mails sind auch das große Thema am Donnerstag. Das Magazin „News“ hat einige der ihm nach eigenen Angaben vorliegenden 200.000 E-Mails veröffentlicht, aus denen Kontakte zwischen ÖVP-Politikern und Telekom-Managern aus den letzten zehn Jahren hervorgehen.

Er kenne die E-Mails nicht, sagt Ametsreiter. Wie sie an „News“ kamen, könne er nur mutmaßen, er habe aber sofort den Auftrag gegeben, dies zu untersuchen. Prinzipiell würden Mails von Mitarbeitern, die die Telekom verlassen, 31 Tage aufbewahrt und dann gelöscht. Jeder könne aber seine Mails auf einen USB-Stick laden.

In diesem sowie in den anderen Fällen verspricht Ametsreiter volle Aufklärung. Allerdings pocht er wieder auf die Börsenotierung der Telekom, die Einfluss auf die Freigabe firmenrelevanter Daten habe. Deshalb hat sich die Telekom vom Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk ein Gutachten erstellen lassen. Er, Ametsreiter, könne daher nicht sagen, ob die Mails vollständig dem U-Ausschuss zur Verfügung gestellt werden. Selbst Auskünfte darüber, ob diese Mails bereits der Staatsanwaltschaft übermittelt wurden, will Ametsreiter vom Rat seiner Juristen abhängig machen.

Als der grüne Abgeordnete Peter Pilz vier bisher unbekannte Mails aus dem Ärmel zieht, in denen auch Ametsreiter Adressat war, gehen die Wogen im Saal hoch – und der ohnehin blasse Telekom-Boss wird noch blasser. Dem Mailverkehr zwischen der Telekom und der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) – konkret dessen Chef Theodor Thanner – zufolge konnte die Telekom eine drohende Kartellstrafe von 7,2 auf 1,5 Millionen Euro drücken. Es ging um den Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung beim Breitbandausbau. „Die Telekom wünscht sich was, und es geschieht“, wettert Pilz mit dem Hinweis, dass in einem Mail ausdrücklich die Rede davon ist, dass die „Vorgangsweise abgestimmt“ worden sei. Pilz vermutet deshalb Absprachen und ist der Ansicht, dass die Justiz diesen Vorgang wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs untersuchen müsse. „Das ist der nächste Fall – der Fall Ametsreiter.“

Am Donnerstag waren übrigens zehntausende Telekom-Kunden ohne E-Mail-Service, weil dem Konzern am Mittwoch ein Mailserver abgestürzt war. Schuld seien defekte Festplatten, die getauscht werden müssten, hieß es. Das habe aber nichts mit den geleakten 200.000 Mails zu tun.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.02.2012)

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