Der VP-Bundesrat bittet um seine Auslieferung an die Justiz. Er wolle so behandelt werden, wie "irgendein anderer Staatsbürger". Er soll in angebliche Schmiergeldzahlungen verstrickt sein.
In der Causa "Blaulichtfunk" hat VP-Bundesrat Harald Himmer am Freitagnachmittag selbst um seine Auslieferung gebeten. "Ich möchte nicht anders behandelt werden als irgendein anderer Staatsbürger und bitte daher, dass meine Immunität aufgehoben wird", ging Himmer via Aussendung in die Offensive. Den Behörden Rede und Antwort zu stehen, sehe er als den direktesten Weg, um zur Aufklärung der "haltlosen" Vorwürfe gegenüber seiner Person beizutragen.
Die Staatsanwaltschaft Wien hat kürzlich gegen Himmer - er ist Chef von Alcatel-Lucent Österreich - einen Auslieferungsantrag wegen der "Blaulichtfunkaffäre" gestellt.
Der designierte Wiener VP-Chef Manfred Juraczka hatte heute bereits versichert, seine Partei werde im Immunitätskollegium, das kommenden Freitag tagt, für Himmers Auslieferung stimmen.
In der Causa steht der Verdacht im Raum, dass bei der Vergabe des Blaulichtfunksystems Tetron an ein Alcatel/Telekom-Konsortium über Alfons Mensdorff-Pouilly Schmiergeld geflossen sein soll. Sowohl Himmer als auch Mensdorff-Pouilly haben stets alle Vorwürfe zurückgewiesen.
Blaulichtfunk Der Blaulichtfunk ("Tetron") sollte ein bundesweites, gruppentaugliches und abhörsichereres Funksystem für Polizei, Rettung und Feuerwehr werden, allerdings ist es bis heute nicht bundesweit im Einsatz. Ursprünglich sollte das System 2009 bundesweit funken. Vergeben wurde das Projekt unter dem damaligen VP-Innenminister Ernst Strasser, gegen den in einer anderen Causa (EU-Lobbying gegen Bares) ermittelt wird. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.
Im Jänner 2012 begann die Beweisaufnahme im Korruptions-U-Ausschuss, mit der Befragung von Investor Martin Schlaff am 11. Oktober ging sie zu Ende. An 53 Sitzungstagen wurden 132 Zeugen (teils mehrfach) befragt, die Akten umfassten 1,6 Millionen Seiten. (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH) Politisch führte der Ausschuss zum Beschluss des "Transparenzpakets", das unter anderem die Offenlegung von größeren Parteispenden und eine Verschärfung des Korruptionsstrafgesetzes bringt. Ob es in den untersuchten Affären auch strafrechtliche Konsequenzen gibt, wird die Staatsanwaltschaft entscheiden. Die Ausschuss-Untersuchungen im Überblick. (c) Www.BilderBox.com (Www.BilderBox.com) Den Beginn machte die Untersuchung der Causa Telekom Austria. Das Unternehmen wünschte sich im Jahr 2006 eine Novellierung der Universaldienstverordnung, davon erhoffte es sich angeblich rund zehn Millionen Euro an Mehreinnahmen. Um nichts dem Zufall zu überlassen schickte die Telekom einen Entwurf, der – nach kleinen Änderungen – auch zum Gesetz wurde. (c) APA (ROBERT JAEGER) Ein "absolut normaler Vorgang", befanden die Beamten des Verkehrsministeriums unter der damaligen Leitung von Hubert Gorbach (FPÖ/BZÖ). Die Telekom überwies - nach Gorbachs Polit-Aus - 268.800 Euro an dessen Sekretärin. Ein Teil des Geldes soll auf den Konten des Ex-Politikers gelandet sein. Gorbach bestritt im U-Ausschuss den Vorwurf des Gesetzeskaufs. Er betonte: "Mir war wurscht, wer profitiert." (c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER) Als sicher gilt, dass die Telekom Teile des BZÖ-Wahlkampfs 2006 finanzierte. Die Telekom soll über ihren Lobbyisten Peter Hochegger rund 960.000 Euro an jene Werbeagenturen gespült haben, die die orange Kampagne abwickelten. Angeblich sollen die Zahlungen in Zusammenhang mit der Universaldienstverordnung stehen. Das BZÖ bestreitet das. (c) Die Presse (Clemens Fabry) Das zweite Beweisthema behandelte die Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004. Dabei wurde der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser von seinen Ex-Kabinettsmitarbeitern Michael Ramprecht und Heinrich Traumüller belastet. Traumüller behauptete, er habe Grasser über das Ergebnis der ersten Bieterrunde informiert, woraufhin dieser den für 8. Juni geplanten Zuschlag an den Bestbieter verschieben ließ. (c) Dapd (Hans Punz) Ramprecht (Bild) sagte, der Immobilienmakler Ernst Karl Plech habe ihm den Auftrag gegeben, dafür zu sorgen, dass Lehman Brothers die Buwog-Privatisierung abwickelt. Plech habe gesagt: „Der Minister will Lehman" - obwohl sich die einberufene Vergabekommission bereits für die CA-IB entschieden gehabt habe. Kurzfristig wurde eine zweite Bieterrunde einberufen. (c) Dapd (Hans Punz) Die Ergebnisse der zweiten Runde: Immofinanz und Raiffeisen boten 961,28 Millionen, die CA Immo 960 Millionen Euro. Grasser soll das Limit der CA Immo gekannt und an die Lobbyisten Peter Hochegger und Walter Meischberger weitergegeben haben. Diese sollen von der Immofinanz fast zehn Millionen Euro Provision kassiert haben. Grasser betont, er habe „das Beste für die Republik" erreichen wollen – ohne zu beeinflussen. Alles sei "supersauber" gewesen. (c) APA (HELMUT FOHRINGER) Massive Ungereimtheiten gab es auch um die Vergabe des digitalen Behördenfunks - verantwortlich zeichnete hier der damalige VP-Innenminister Ernst Strasser. Statt dem ursprünglich beauftragten Konsortium "mastertalk" kam "Tetron" um Motorola und Alcatel zum Zug. Die Telekom verdiente mit, da sie die Netz-Infrastruktur mitlieferte. (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER) Im Zuge des Deals soll der Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly - Ehemann von Ex-ÖVP-Ministerin Maria Rauch-Kallat - von Telekom und Motorola mehr als drei Millionen Euro erhalten haben. Der Graf bestreitet allerdings, dass es sich dabei um Schmiergeld handelte. Auch Strasser weist alle Vorwürfe zurück. (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER) Um über zwei Millionen Euro engagierte der Automatenkonzern Novomatic gemeinsam mit der Telekom Austria die Lobbyisten Peter Hochegger und Walter Meischberger. Ihre Aufgabe im Jahr 2006 war es – unbemerkt von den Casinos Austria – mit einem Gesetzesänderungsantrag deren Monopolstellung zu knacken. Obwohl der Versuch letztlich gescheitert ist, erhielt Meischberger 600.000 Euro von Novomatic. (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH) Der Chef der Österreichischen Lotterien, Friedrich Stickler (Bild), gab an, bei ÖVP und BZÖ interveniert zu haben. Die ÖVP habe daraufhin ihre Zustimmung zurückgezogen, auch das BZÖ machte sich überraschend nicht mehr für die Gesetzesänderung stark. Ob es da einen Zusammenhang gibt mit einem 300.000 Euro Auftrag an die BZÖ-Werbeagentur Orange - für eine neunseitige Studie, die ein Mitarbeiter des damaligen BZÖ-Chefs Peter Westenthaler aus dem Ärmel geschüttelt hat –, ist noch offen. (c) Dapd (Ronald Zak) Auch der angebliche Kauf von Staatsbürgerschaften beschäftigte die Fraktionen. Dabei geht es um die Einbürgerung von zwei Russen, die ihre Staatsbürgerschaft 2007 nach Interventionen des damaligen Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider (BZÖ) bei Ex-VP-Kanzler Wolfgang Schüssel und Ex-VP-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein erhielten. Die beiden Kraftwerke-Betreiber hatten vorab je 900.000 Euro auf ein im Auftrag von Haider eingerichtetes Konto bei der Hypo Alpe Adria überweisen lassen. Sie wurden wegen des Verdachts auf Geldwäsche angeklagt, das Verfahren wird nach einem Freispruch in erster Instanz neu aufgerollt. APA/GERT EGGENBERGER Zur Causa geladen wurde Bernadette Gierlinger, Sektionschefin im Wirtschaftsministerium, die betonte, es habe keine Einflussnahme gegeben, auch Druck sei niemals ausgeübt worden. Der Grüne Peter Pilz wollte wissen, warum das Ministerium seine ursprünglich negative Stellungnahme auf eine positive geändert hatte. Da das Verfahren jedoch nicht in ihre Amtszeit fiel, blieb Gierlinger eine Antwort schuldig. APA/ROLAND SCHLAGER Gleich zwei aktive Regierungsmitglieder mussten den Abgeordneten zu Inseraten staatsnaher Unternehmen Rede und Antwort stehen. SP-Staatssekretär Josef Ostermayer bestritt, als Büroleiter des damaligen Verkehrsministers Werner Faymann Druck auf ÖBB und Asfinag ausgeübt zu haben, damit sie Inserate in Boulevardmedien schalten.Belastet wurde das Büro Faymann dagegen vom früheren Asfinag-Sprecher Marc Zimmermann. Er schilderte, dass 2007 mehrmals Medienkooperationen "auf Wunsch des Kabinetts" zustande kamen. Kanzler Faymann selbst wurde nicht in den Ausschuss geladen - SPÖ und ÖVP verhinderten das. Die Opposition tobte. (c) Dapd (Hans Punz) Sehr wohl aussagen musste hingegen VP-Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich. Er verteidigte die Inserateschaltungen und Medienkooperationen seines Ministeriums. Nach der Befragung zeigte die Opposition Berlakovich an. Es stehe der Verdacht auf Beitragstäterschaft zur Untreue und auf verdeckte Parteienfinanzierung im Raum. (c) Dapd (Hans Punz) Letzter Zeuge im Ausschuss (und einziger zu diesem Beweisthema) war der Investor Martin Schlaff. Er entschlug sich zu nahezu allen Fragen rund um die Geschäfte der Telekom Austria in Serbien, Bulgarien und Weißrussland. (c) Dapd (Hans Punz) Was im U-Ausschuss geschah (APA/Red.)
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