Wenn Showmaster Peter Hochegger einfach alle anpatzt

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Nach den Aussagen des Lobbyisten Peter Hochegger - er gilt als Zentralfigur diverser Korruptionsskandale - im Korruptions-U-Ausschuss standen etwa zwei Dutzend (Ex-)Politiker auf seiner Payroll. Ein Überblick.

Wien/No/M.s./Apa. Der Lobbyist Peter Hochegger soll zwischen 2000 und 2010 ungefähr 30 Millionen Euro von der Telekom Austria bekommen und teils an politisch Verantwortliche weiterverteilt haben. Nun spielt der bald 63-Jährige den Chefankläger. Wer am Donnerstag Hocheggers Auftritt im Korruptions-U-Ausschuss verfolgte, konnte den Eindruck gewinnen, es sei Peter Hochegger, der den Telekom-Sumpf trockenlegt.

Aber: Er hat ihn angelegt. Nun gibt der PR-Spezialist den Kronzeugen und vertritt konsequent die These: Korrupt seien alle. Er nennt Namen ohne Beweismaterial, bezichtigt alle Parlamentsparteien Teil des Systems, seines Systems, gewesen zu sein. Dass es um unterschiedliche Dimensionen geht, fällt unter den Tisch. So werden FPÖ/BZÖ auch von anderen Zeugen schwer belastet, die Grünen hingegen de facto nicht.

Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer soll laut Hochegger 100.000 Euro für ein Umweltprojekt bekommen haben. Gusenbauer weist dies entschieden zurück und kündigt rechtliche Schritte an. Er sei lediglich von Juli 2010 bis Februar 2011 für das auf Windenergie spezialisierte Unternehmen Sicon Energy als Berater tätig gewesen. Lobbyist Hochegger sagt, der Ex-Kanzler müsse gewusst haben, dass er über die Firma Sicon indirekt für ihn, Hochegger, gearbeitet hat: „Wir haben uns mehrere Male getroffen, es gab mehrere Meetings mit ihm.“

Ex-SPÖ-Kommunikationschef Heinz Lederer soll neben Ex-FPÖ-Politiker Walter Meischberger Hocheggers größter „Subunternehmer“ gewesen sein. Der geschäftliche Kontakt zwischen Hochegger und Lederer war bekannt. Über die Art der Arbeit und Bezahlung gibt es unterschiedliche Angaben. Hochegger behauptet, Lederer hätte 1,2 bis 1,5 Millionen Euro erhalten, 700.000 Euro davon für Lobbying für die Telekom Austria, den Rest für Lobbying im Zusammenhang mit den ÖBB und dem teilstaatlichen Flughafen Wien. Lederer dementiert diese Summen und stellt seine Arbeit anders dar. Er habe hauptsächlich Medienarbeit, „Marktstrategie, Marktanalysen, Medienkontakte“, gemacht. Und: Die genannten Summen seien viel zu hoch.

SPÖ-Technologie-Sprecher Kurt Gartlehner bezog ab Mitte 2007 für eineinhalb Jahre monatlich 3000 Euro. Gartlehner selbst gibt an, er habe Hochegger ausschließlich über „Windparks in Osteuropa“ und nicht in Telekom-Fragen beraten. Hochegger sagte im U-Ausschuss, dass auf Wunsch des SPÖ-Mannes vereinbart gewesen sei, dass die Telekom nicht Inhalt der Zusammenarbeit sei. Allerdings habe Hochegger laut Medienberichten den Ex-TA-Festnetzvorstand und nunmehrigen Konzernchef, Hannes Ametsreiter, am 12. Februar 2009 per E-Mail informiert, dass Gartlehner der Telekom „bei Kontakten und Meinungsbildung innerhalb der SPÖ behilflich sein“ werde.

Genannt wurden auch SPÖ-Pensionistenchef Karl Blecha und der langjährige außenpolitische Sprecher der SPÖ, Peter Schieder: Sie hätten in einem Beratungs-Board die bulgarische Regierung wegen des EU-Beitritts beraten. Die Beratungen seien über Hocheggers Firma abgewickelt worden. Es gab keinen Kontakt, sagt Blecha. Er habe nicht zuletzt als Präsident der Österreichisch-Bulgarischen Gesellschaft auf Wunsch der bulgarischen Regierung unter dem Ministerpräsidenten Sergej Stanischew, gemeinsam mit dem EU-Kenner Peter Schieder einer hochrangig besetzten, internationalen Gruppe angehört. Für die Tätigkeit inklusive Reisespesen habe er 2008 und 2009 je 2500 Euro erhalten und korrekt versteuert.

Der Pressesprecher von SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos, Stefan Hirsch, hat laut eigenen Angaben nach seinem Studium von 2002 bis 2005 als PR-Assistent für die Agentur Hocheggers gearbeitet. Das sei damals die zweitgrößte PR-Agentur in Österreich gewesen. „Erst danach bin ich in den politischen Bereich gewechselt.“ SPÖ-Kommunikationschef Oliver Wagner will nur 14 Tage für Hocheggers Agentur gearbeitet haben – im Oktober 2009. Als der Buwog-Skandal aufflog, habe er die Agentur verlassen.


Ex-Innenminister und EU-Mandatar Ernst Strasser erhielt zwischen 2006 und 2008 100.000 Euro von Hochegger. Strasser: „Herr Hochegger hatte einen ausländischen Kunden, der ein Problem hatte. Ich habe dabei geholfen, dieses Problem zu beseitigen.“ Laut Hochegger ging es um Beratung der Regierung Bulgariens.

Christgewerkschafter und Telekom-Betriebsrat Franz Kusin hat laut Hochegger über eineinhalb Jahre 140.000 Euro erhalten – angeblich für Lobbyingtätigkeit bei ÖVP-Vizekanzler Wilhelm Molterer. 3000 Euro soll es laut internen Telekom-E-Mails auch für die FCG-Zeitung gegeben haben, die im Gegenzug eine „Lobhudelei“ (Mail) über die Telekom veröffentlichte.

Ex-Bauernbundchef Fritz Grillitsch soll 20.000 Euro von der Telekom für das „Forum Land“ bekommen haben. Für Hocheggers Agentur gearbeitet haben auch mehrere frühere Mitarbeiter von ÖVP-Abgeordneten: Stefan Krenn, Andreas Schneider, Martin Jenewein sowie die frühere Pressesprecherin des Wirtschaftsministeriums, Ingrid Krenn-Ditz. Sie alle sehen sich als frühere einfache Angestellte der Hochegger-Agentur und nicht als Mitglieder eines Polit-Netzwerks, Krenn-Ditz und Jenewein legen Wert darauf, nie ÖVP-Mitglied gewesen zu sein.

Wichtigster Geschäftspartner Hocheggers in der Ära der schwarz-blauen Koalition (2000 bis 2006) war der frühere FP-Politiker Walter Meischberger. „Meischberger hat Türen geöffnet bei Ministerien, die im Einflussbereich der FPÖ standen“, sagte Hochegger im U-Ausschuss.

Ex-Vizekanzler und Infrastrukturminister Hubert Gorbach (FPÖ/BZÖ) soll nach seinem Ausscheiden aus der Politik 264.000 Euro für eine Telekom-freundliche Novelle der Universaldienstverordnung erhalten haben (und zwar über seine Sekretärin). Gorbach stellt Zahlungen von der Telekom ebenso in Abrede wie Einflussnahme auf die Verordnung.

Auch Gorbachs Vorgänger Mathias Reichhold von der FPÖ (Verkehrsminister von Februar 2002 bis Februar 2003) hat von Hochegger Geld bekommen. Und zwar zumindest 72.000 Euro für „TelekomBeratung“ 2005 und weitere 10.000 Euro 2006. Reichhold bestätigte zwar Zahlungen, betonte aber, dass es sich um Beratung im Zusammenhang mit der EU-Präsidentschaft Österreichs und nicht für die Telekom gehandelt habe.

Der frühere FPÖ-Sozialsprecher Reinhart Gaugg hat 30.000 Euro (angeblich für ein E-Card-Projekt) bekommen. Ebenfalls auf Hocheggers Liste: der frühere FPÖ-Telekom-Sprecher Reinhard Firlinger. Gorbachs frühere Sprecherin Christine Lackner werkte später bei Hocheggers Agentur.


Seitens der Grünen nannte Hochegger die 1999 aus der Politik ausgeschiedene Ex-Abgeordnete Monika Langthaler und den Ko-Geschäftsführer ihrer Agentur „Brainbows“, Christian Nohel. Langthaler bestreitet entschieden, jemals auf der Payroll Hocheggers gestanden zu sein. Sie prüft daher Klagen.

Laut Langthaler hat „Brainbows“ zwar Geschäftsbeziehungen zur Telekom unterhalten, diese seien über die Telekom abgerechnet worden und nicht über Hochegger. Lediglich eine ihrer Firmen, die „Filmhof GmbH“, hat demnach eine Rechnung von 25.000 Euro an die Hochegger-Firma Valora gestellt. Hintergrund ist laut Langthaler ein über mehrere Jahre mit der Telekom bestehender Sponsoringvertrag für ein Kulturfestival

Außerdem als grüne Kontakte genannt hatte Hochegger Lukas Schrattenthaler, einen früheren parlamentarischen Mitarbeiter der Grünen, und Brigitte Reiter, eine Ex-Mitarbeiterin der Bundespartei. Beide arbeiteten zwar für Hocheggers Agenturen, Schrattenthaler allerdings nur für wenige Monate. Und Reiter war zwar von 1999 bis 2007 bei Hochegger, ihre Zeit bei den Grünen (1992 bis 1994) lag damals schon recht lange zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2012)

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