Mikl-Leitner: "Beschäftigung mit neuer Steuer absurd"

MiklLeitner Beschaeftigung neuer Steuer
MiklLeitner Beschaeftigung neuer Steuer(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Eine massive Erhöhung der Grundsteuer ab 2016 ist für Johanna Mikl-Leitner derzeit kein Thema. Die Innenministerin will mehr Transparenz bei der Parteienfinanzierung. Ein Gespräch mit der "Presse am Sonntag".

Haben Sie sich schon ausgerechnet, wie viel Zaster Sie durch das Belastungspaket der Allgemeinheit spendieren müssen?

Johanna Mikl-Leitner: Beim Solidarbeitrag gehe ich davon aus, dass es rund 2000 Euro im Jahr sein werden.

Und sonst?

Die Halbierung der Bausparprämie trifft mich natürlich auch. Jeder Bürger ist gefordert, einen Beitrag zu leisten, aber niemand wird überfordert.

Sie haben das Motto des Sparpakets im November geradezu prophetisch vorhergesagt: „Her mit dem Zaster, her mit der Marie!“ Der Steuerzahler wird weiter belastet, aber die großen Reformen, die von der ÖVP zur Bedingung erklärt wurden, sind ausgeblieben.

Da muss ich widersprechen. Allein in meinem Ressort sind einige Strukturmaßnahmen geplant. Wir sind zum Beispiel gerade dabei, ein Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit neun Außenstellen auf die Beine zu stellen. Derzeit sind dafür fast 200Behörden zuständig. Das ist eine deutliche Verwaltungsvereinfachung. Und der Aufnahmestopp bei den Beamten führt automatisch zu Strukturveränderungen.

Der Aufnahmestopp im öffentlichen Dienst ist für Sie eine Strukturreform?

Natürlich. Nach einem solchen Aufnahmestopp muss man sich anders organisieren. Das führt notgedrungen zu strukturellen Veränderungen.

In den großen Bereichen wie dem Pensionssystem ist weit und breit keine grundlegende Reform in Sicht.

Doch, weil es uns gelingt, das faktische Pensionsantrittsalter bis 2016 um ein Jahr und drei Monate anzuheben. Bis 2020 sollen es drei bis vier Jahre sein.

Das sind doch alles Annahmen.

Das ist so, als würden Sie in Ihrer Zeitung eine Layout-Reform machen. Dann wissen Sie vorher auch nicht, wie die Leser darauf reagieren werden.

Die ÖVP und Sie selbst sind für ein Bonus-Malus-System mit deutlich höheren Abschlägen für Frühpensionisten eingetreten. Was ist aus dieser Idee geworden?

In einer Koalition kann man nicht alles umsetzen. Man muss einen Weg beschreiten, der für beide Parteien verträglich ist. Wir haben an mehreren Schrauben gedreht. Das führt dazu, dass das Pensionssystem tragfähig wird.

Machen Sie es sich nicht zu einfach, wenn Sie sich auf die SPÖ ausreden? Man könnte auch sagen: Die ÖVP hat schlichtweg keine Strukturreformen zusammengebracht.

Das stimmt einfach nicht! Sie müssen sich nur mein Ressort anschauen!

Warum budgetiert die Regierung 1,5Milliarden Euro bis 2016 aus einer Finanztransaktionssteuer, bei der höchst unsicher ist, ob sie in der EU durchzusetzen ist?

Weil das unsere Zielsetzung ist. Um auf EU-Ebene Überzeugungsarbeit zu leisten, muss man derartige Signale setzen.

Experten sagen, es sei optimistisch bis naiv, 500 Millionen pro Jahr dafür einzupreisen.

Wir haben hier eine Berechnung der Europäischen Kommission als Grundlage herangezogen.

Wo nehmen Sie die 1,5 Milliarden her, wenn die Finanztransaktionssteuer nicht kommt?

Das wird dann zu diskutieren sein. Aber wir gehen davon aus, dass sie kommt, sonst hätten wir sie nicht eingestellt.

Eine Alternative hat Ihr Parteifreund Reinhold Mitterlehner skizziert: Im Jahr 2016 sollen die Einheitswerte an die realen Marktwerte von Immobilien angepasst werden. Das würde zu einer massiven Grundsteuererhöhung führen.

Wir sollten jetzt einmal das Paket, das auf dem Tisch liegt, umsetzen.

Aber was halten Sie vom Vorschlag des Wirtschaftsministers?

Die Anpassung der Einheitswerte ist eine Diskussion, die schon seit Jahrzehnten geführt wird. Irgendwann wird man eine Entscheidung treffen müssen.

Sie haben also keine Meinung dazu?

Ich halte es für absurd, sich jetzt mit einer neuen Steuer zu beschäftigen. Ich konzentriere mich auf das, was vorliegt.

Ist das als Kritik an Mitterlehner zu verstehen?

Nein, es gibt doch kein Denkverbot.

In der Sozialversicherung wird die Höchstbeitragsgrundlage um 90Euro außertourlich angehoben. Warum wird das unter Einsparungen verbucht? Das ist doch eindeutig eine Erhöhung.

Für die Betroffenen ist das selbstverständlich eine Beitragserhöhung. Aber die ist auch gerechtfertigt.

Interessant, dass Sie als ÖAAB-Chefin eine Maßnahme als gerecht bezeichnen, die Arbeitseinkommen stärker belastet.

Eine Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage bringt den Betroffenen auch mehr Pension. Das rechnet sich für jeden Einzelnen.

Man kann sich alles schönreden, wenn man will.

Das ist doch wohl klar: Je höher die Beitragsgrundlage, desto höher die Pension. Diese Maßnahme dient dazu, dass die Menschen im Alter nicht in die Armutsfalle tappen, sondern einen schönen Lebensabend verbringen können.

Wozu dient die Wertzuwachssteuer bei Immobilien? Die wird doch direkt an die Mieter und Käufer weitergereicht.

Tatsache ist, dass das einer Kapitalertragssteuer beim Sparbuch gleichkommt. Den Rest wird man sich im Detail erst anschauen müssen. Ich halte das trotzdem für eine Maßnahme, die jeder mittragen kann.

Wird die Gewerkschaft die Kürzungen im Innenministerium mittragen? Bis 2016 wollen Sie 150Millionen Euro bei den Überstunden und bei den Journaldiensten der Exekutive sparen.

Mir geht es nicht darum, Überstunden einzusparen, sondern ein neues Dienstzeitsystem anzubieten. Jüngeren Polizisten werden die Überstunden auch weiterhin ausbezahlt. Ältere erhalten die Chance, ihre Überstunden auf ein Zeitwertkonto zu legen.

Welche Möglichkeiten haben die älteren Polizisten durch so ein Zeitwertkonto?

Sie können die Gutschrift vor der Pension konsumieren, eine längere Reise machen, eine Auszeit für die Familie oder auch für Fortbildung nehmen. Das soll jeder für sich entscheiden.

Sind Nachverhandlungen für Sie vorstellbar, wenn sich die Personalvertretung querlegt?

Wir sind in konstruktiven Gesprächen mit der Gewerkschaft. Mehr kann ich dazu im Moment nicht sagen.

Die ÖVP soll die Telekom um eine stattliche Summe Geld gebeten haben. Haben Sie davon jemals gehört?

Ich kenne die Vorwürfe aus der Zeitung und hoffe, dass alles aufgeklärt wird.

Die Telekom hat offenbar systematisch versucht, über Mittelsmänner Einfluss auf alle Parteien zu nehmen – um es einmal vorsichtig zu formulieren. Braucht es Änderungen bei der Parteienfinanzierung?

Dieses Bild macht mich sehr betroffen. Daher wird eine Reform der Parteienfinanzierung gerade auf Ebene der Parlamentsklubs diskutiert.

Ein Ergebnis hätte schon vergangenen Herbst präsentiert werden sollen.

Das müssen Sie die Klubs fragen! Die Regierung war in den vergangenen Monaten mit dem Sparpaket beschäftigt.

Aber wie lautet Ihre Meinung? Soll die Parteienfinanzierung offengelegt werden?

Transparenz braucht es überall. Das steht auch auf unserer Agenda. Aber ich werde den Klubs an dieser Stelle sicher keine Ratschläge erteilen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2012)

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