Die SPÖ löst ihren Telekom-Sprecher "vorläufig" ab

NATIONALRAT: GARTLEHNER
NATIONALRAT: GARTLEHNER(c) APA/ROLAND SCHLAGER (Roland Schlager)
  • Drucken

Gartlehner muss seine Agenden nach Bezug von Hochegger-Geld abgeben. Seine Partei macht unterdessen Druck auf die Republik, ihre Anteile an der Telekom zu erhöhen.

[Wien] Telekom-Affäre, das nächste Kapitel: Am Freitag erklärte der SPÖ-Fraktionschef im Korruptions-U-Ausschuss, Hannes Jarolim, der Telekom-Sprecher seiner Partei, Kurt Gartlehner, werde seine Agenden „vorläufig ruhend stellen". Gartlehner selbst war für die „Presse" nicht erreichbar, aus seinem Umfeld hieß es aber, die Telekom-Zuständigkeit gehe fix an einen anderen Abgeordneten. „An wen, wissen wir noch nicht." Ob Gartlehner auch sein Mandat zurücklegen muss, ließ man im Klub vorerst offen.

Der Hintergrund der Aufregung: Gartlehner hat ab Mitte 2007 eineinhalb Jahre lang Geld vom Lobbyisten Peter Hochegger, einer Schlüsselfigur in der „Schmiergeld"-Affäre, bekommen - konkret 3000 Euro im Monat. Das hat auch Gartlehner schon bestätigt, allerdings habe er für das Geld nur Beratungsarbeit über Windparks für Hochegger geleistet, und nicht etwa Politlobbying für die Telekom, die immer wieder auf Hochegger und seine Kontakte setzte. Demnächst will Gartlehner, so heißt es, auch den Fraktionsvorsitzenden im U-Ausschuss Auskunft geben. Das „System Telekom" steht im Mittelpunkt des Ausschusses, weil Geld - unter anderem über Hochegger - vom Telekommunikationskonzern an das BZÖ, aber auch an ÖVP-Politiker oder ihnen nahestehende Personen gegangen sein soll. Jarolim zum Fall Gartlehner: „Ich bin sicher nicht glücklich darüber."

Harsche Kritik an Ex-IV-General Beyrer

Ihre Hauptkritik richtete die SPÖ am Freitag aber gegen die Telekom Austria: Der Verlust der TA von 252,8 Mio. Euro im Jahr 2011 sei verheerend - und die Staatsholding ÖIAG, die 28,42 Prozent an der Telekom hält, schlecht geführt. Damit stellte sich Jarolim gegen den nunmehrigen ÖIAG-Chef und früheren Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Markus Beyrer. Diesem wird vorgeworfen, noch als IV-Mann zahlreiche Einladungen der Telekom - etwa zu illustren Jagdgesellschaften - erhalten und auch angenommen zu haben: etwa als Dank für Leistungen, die Beyrer zugunsten der Telekom erbracht hat oder noch erbringen wird? Die Kanzlerpartei bezweifelt ebenso wie die Opposition, dass Beyrer nun - als Aufsichtsratsvorsitzender der Telekom - objektiv zur Aufklärung der „Schmiergeld"-Affäre beitragen werde. Beyrer selbst weist alle Vorwürfe zur Telekom weit von sich.

Geht es nach der SPÖ, müsste sich die ÖIAG bzw. die Republik Österreich nach den immensen Verlusten des heute gefährdeten Konzerns rasch weitere Anteile an der TA sichern. Dies, um eine „feindliche Übernahme" von außen zu verhindern, so Jarolim. Von der Regierung gibt es freilich keine Signale, dass man den 28,42-Prozent-Anteil erhöhen werde. Die ÖVP verteidigt den Privatisierungskurs früherer Jahre.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.02.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.