U-Ausschuss: BZÖ-Politiker nahm Geld von Telekom

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Das BZÖ will Ex-Mitglied Wittauer zum Alleinschuldigen in der „Schmiergeldaffäre“ um die Telekom und das BZÖ machen, dieser sieht die Partei in der Pflicht. Auch bei der Telekom kämpft man mit Erinnerungslücken.

Wien. Die Wahrheit ist ein hohes Gut, und am Montag ist sie im parlamentarischen U-Ausschuss gleich mehrfach vorzufinden. Die Variante des Hauptbeschuldigten unter den gestern Befragten: Er habe zwar Geld von der Telekom Austria erhalten, dies aber nicht illegal, er sei „kein krimineller Nehmer“ gewesen. Das erklärte vor sämtlichen 16 Abgeordneten der frühere BZÖ-Nationalratsabgeordnete Klaus Wittauer – bis 2006 auch zuständig für den Telekommunikationsbereich: In dieser Funktion habe er nie bei der Telekom Geld organisiert; Lobbying für das Geld, das von der Telekom über einzelne Agenturen an das BZÖ bzw. (ehemalige) BZÖ-Politiker geflossen sein soll, sei auszuschließen. Wenn, dann sei es um Parteienförderung gegangen.

Es sei hierzulande ja auch normal, dass Unternehmen Parteien Geld geben, erklärte er: „Wie wir alle wissen, gibt es eine lange Tradition der Parteienfinanzierung.“ Sollte er Geld für das BZÖ aufgestellt haben, hätten auch andere BZÖ-Politiker die Quelle dieses Geldes kennen müssen: Man hätte „wissen“ müssen, dass es nicht von ihm (oder nicht von ihm allein) gekommen sei.

So reagierte Wittauer am Montag auf entsprechende Vorwürfe seiner einstigen Partei, des BZÖ: Das einzige Mitglied der Orangen im Untersuchungsausschuss, Stefan Petzner, mühte sich erneut, Wittauer als Alleinverantwortlichen in der „Schmiergeldaffäre“ um die Telekom und das BZÖ darzustellen. Mehr als eine Million Euro sollen von 2006 bis 2008 von der Telekom über die Agenturen Hochegger, Schmied und Haslinger (Firma „inbestform“) an das BZÖ geflossen sein, dazu vernehmen Wittauer aktuell Staatsanwälte bzw. Polizei.

Der Ex-Abgeordnete steht im Verdacht, einst der „Mittler“ für das Geld (das unter anderem in den BZÖ-Wahlkampf 2006 gegangen sein soll) gewesen zu sein; organisiert haben soll Wittauer es über Scheinrechnungen Hocheggers, Schmieds oder Haslingers. Werber Kurt Schmied hat etwa bereits im U-Ausschuss ausgesagt, dass seine Agentur über zwei Scheinrechnungen 720.000 Euro von der Telekom erhalten, es die angegebenen Leistungen aber nie gegeben habe.

Wie es wirklich war? Dazu verwies Wittauer in seiner knapp vierstündigen Befragung immer wieder „auf Paragraf sieben – Entschlagungsrecht“. Das heißt: Solange Wittauer in Verfahren Beschuldigter ist, darf er Aussagen im Untersuchungsausschuss, die ihn belasten könnten, verweigern. Und so blieb er sämtlichen Abgeordneten von Peter Pilz (Grüne) über Hannes Jarolim (SPÖ) bis Werner Amon (ÖVP) und Walter Rosenkranz (FPÖ) viele Details schuldig. Etwa zu auffallend hohen Rechnungen betreffend Netzwerk-Treffen in In-Lokalen in Tirol – oder zu Geld, von dem Wittauer selbst sagt, er habe es für seine „Master Thesis“ über die „Integration der eTel (Festnetzanbieter, Anm.) in die Telekom Austria“ bekommen. Die exakten Leistungen blieben am Montag unklar.

Den Verdacht, dass das Geld der Telekom an das BZÖ oder (ehemalige) BZÖ-Politiker geflossen sei, weil dafür die – für den Konzern wirtschaftlich vorteilhafte – „Universaldienstverordnung“ entstanden sei, wollte Wittauer freilich nicht bestätigen.

Nach ihm gab sich am Nachmittag im U-Ausschuss auch der frühere Mitarbeiter von Ex-Telekom-Manager Gernot Schieszler, der einstige Controller Andreas Krenn, wortkarg. Zwar gestand er ein, Entwürfe für (Schein-)Rechnungen an die genannten Agenturen übermittelt zu haben. Dies wohl „im Auftrag des Vorstands“: „Ich bin davon ausgegangen, dass das okay ist.“ Von Rückdatierungen der Verträge, auf die insbesondere der Grüne Peter Pilz hinwies, wollte er 2006 nichts gemerkt haben – auch nicht von ausbleibenden Leistungen durch die Agenturen. Dazu habe er „keine Wahrnehmung“.

Er zweifle die Rolle der Finanzmarktaufsicht und des Telekom-Aufsichtsrates bei der angeblichen Kursmanipulation bei der Telekom an, erklärte anschließend der frühere Aufsichtsrats- und ÖIAG-Chef Peter Michaelis den Abgeordneten. Ein Kurssprung der Telekom-Aktie am 26. Februar 2004, ausgelöst durch eine einzige Aktienorder von Euro-Invest-Manager Johann Wanovits, hatte 100 Managern der Telekom Boni gebracht.

Fekter lässt Schwärzungen prüfen


Eine Prüfung von aktuell geschwärzten Passagen aus den Steuerakten des Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly – auch er ist Thema im U-Ausschuss – kündigte Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) an. Die Abgeordneten hatten davor auf volle Einsicht gedrängt. Verfassungsexperte Heinz Mayer nannte diese Forderung gerechtfertigt. Werden die Akten nicht bald offengelegt, wollen mehrere Abgeordnete Fekter in den U-Ausschuss laden.

Auf einen Blick

Seit Ende 2011 tagt der Korruptions-U-Aus- schuss zu sieben Themen, beginnend mit möglichen Schmiergeldzahlungen der Telekom an die Politik, u. a. an das BZÖ und Ex-Minister Hubert Gorbach. Am Montag waren dazu der frühere Landessprecher des BZÖ Tirol, Klaus Wittauer, der Telekom-Controllingexperte Andreas Krenn und der ÖIAG-Vorstandssprecher Peter Michaelis dran. Ebenfalls geladen war Finanzmarktaufsichtsvorstand Kurt Pribil. Weil die Zeit knapp wurde, wurde seine Befragung auf den 13. März vertagt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2012)

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