Justizreform: Karl-Entwurf "zurück an den Start"?

Arbeitsklausur des OeVP-Regierungsteams
Arbeitsklausur des OeVP-Regierungsteams(c) dapd (Hans Punz)
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Die Novelle der Strafprozessordnung steht am Programm des Justizausschusses. Das Ministerium geht von ihrem Beschluss aus, mit der Opposition wurde bisher aber nicht verhandelt.

Die Tagesordnung des für Dienstag angesetzten Justizausschusses könnte sich ausdünnen. Nicht nur die umstrittene Novelle der Strafprozessordnung (StPO) könnte vertagt werden, auch das Lobbyinggesetz. Denn SP-Justizsprecher Hannes Jarolim hielte es für "vernünftig", dieses erst im Mai zu beschließen - gemeinsam mit Parteienfinanzierung und Korruptionsstrafrecht.

Jarolim begründet seinen Wunsch damit, dass der jetzige Entwurf "noch nicht ganz ausgegoren" sei. So sollten etwa alle Unternehmenslobbyisten ins Register aufgenommen werden, nicht nur jene, die "überwiegend" mit Lobbying-Tätigkeiten für das Unternehmen beschäftigt sind. Auch bei den Veröffentlichungen habe man noch nicht "der Weisheiten letzten Schluss" gefunden.

"Massiver Nachbesserungsbedarf"

Jarolim überraschte mit diesem Vorstoß das Justizministerium. Denn dort geht man von einem Beschluss der Novelle am Dienstag aus. Immerhin liege der Entwurf schon seit Herbst im Parlament, sagte ein Sprecher von Karl. Große Änderungen seien nicht geplant, nur einige "technische" Ausbesserungen habe man vorgenommen. VP-Chef Michael Spindelegger rechnet ebenfalls mit einer raschen Einigung. Er erklärte am Montag, er habe "gar keinen Tadel anzubringen, sie (Karl, Anm.) tut das, was notwendig ist."

Beraten werden kann über die Vorgangsweise am Montagnachmittag in der Ausschuss-Vorbesprechung, zu der Karl die Justizsprecher geladen hat. Ihr Entwurf war im Jänner einem Hearing unterzogen worden. Schon damals hatte die SPÖ "massiven Nachbesserungsbedarf" geortet. Nötig ist in diesem Fall aber nicht nur Einigkeit der Koalitionspartner, sondern auch die Zustimmung mindestens einer Oppositionspartei. Bisher wurde aber mit FPÖ, Grünen und BZÖ nicht verhandelt.

Opposition ist skeptisch

Die FPÖ - mit deren Zustimmung gerechnet wurde - will dem Entwurf ohne Änderungen nun doch nicht zustimmen. Er sei noch "sehr unausgegoren", meinte Verfassungssprecher Harald Stefan. Ihm missfällt nicht nur die Regelung für Rechtsanwälte und Notare, sondern auch, dass Kammern nur Mitarbeiter melden müssen, die mehrheitlich Lobbying betreiben. BZÖ-Verfassungssprecher Herbert Scheibner geht davon aus, dass das Gesetz verschoben wird.

Die Grünen würden dem vorliegenden Entwurf keinesfalls zustimmen, weil er "gravierende Transparenzdefizite" habe, betonte Justizsprecher Albert Steinhauser. Angesichts der Tatsache, dass mit der Opposition noch nicht gesprochen wurde, hegt er einen Verdacht: Offenbar wolle die Koalition das Gesetz ohnehin nicht - und wolle versuchen, das Scheitern "der Opposition in die Schuhe zu schieben".

Karls Entwurf von §112

Laut der Änderung des §112 sollen Beschuldigte nicht mehr die Möglichkeit haben, Einspruch gegen die Verwendung dieser Unterlagen in den Ermittlungen zu erheben. Außerdem ist im Entwurf eine "Erstsichtung" durch Staatsanwalt und Betroffenen bzw. Verteidiger - ohne Richter - geplant. Nur wenn ein Betroffener die Verwendung eines Dokuments wegen geheimer Inhalte ablehnt, soll der Richter entscheiden, ob es als Beweis verwendet werden darf. Die Dokumente sollen bis zur Entscheidung auch nicht mehr versiegelt bei Gericht, sondern beim Staatsanwalt - vom Akt getrennt - verwahrt werden. Nach der geltenden Regelung erfolgt die erste Sichtung durch das unabhängige Gericht unter Beiziehung von Staatsanwalt und Betroffenen.

(Ag./Red.)

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