CONTRA: Warum "Arbeiten bis 75" utopisch ist

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CONTRA Bevor man das Pensionsalter erhöht, sollte man das tatsächliche Antrittsalter an das gesetzliche annähern - und flexible Modelle prüfen.

Das Pensionssystem in seiner derzeitigen Form ist auf Dauer nicht finanzierbar. Das ist unbestritten. Doch ist "Arbeiten bis 75" die Lösung, wie es zuletzt Schwedens Premier Fredrik Reinfeldt vorgeschlagen hat?

Vier Argumente, warum eine Erhöhung des gesetzlichen Pensionsalters derzeit keine gute Idee wäre.


Der Knackpunkt ist das tatsächliche Antrittsalter

Herr und Frau Österreicher gehen derzeit im Schnitt mit 59,1 (Männer) bzw. 57,1 (Frauen) in Pension - also weit vor dem gesetzlichen Antrittsalter von 65 bzw. 60 Jahren. Könnte man das derzeitige Antrittsalter um nur ein Jahr heben, würde das Experten zufolge rund 1 bis 1,5 Milliarden Euro jährlich in die Staatskasse spülen. Gelänge eine Anhebung auf etwa 64 Jahre bei den Männern „hätten wir den größten Teil der Probleme, die wir fürchten, schon hinter uns", sagt etwa Bernhard Felderer. Es ist also gar nicht notwendig, das Pensionsalter zu erhöhen, wenn es die Politik endlich schafft ihr Versprechen, das Antrittsalter zu erhöhen, einzulösen.

Niemand gibt den Alten Jobs

Schon jetzt haben es ältere Arbeitnehmer schwer, eine Beschäftigung zu finden. Spätestens ab 50 gelten Arbeitslose als kaum mehr vermittelbar. Zuletzt ist die Zahl der Arbeitslosen über 50 sogar noch gestiegen - um 10,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Herausforderung, ältere Arbeitnehmer bis zum jetzigen Pensionsalter am Arbeitsmarkt zu halten und damit das Antrittsalter zu erhöhen (s. Argument eins), ist also schon groß genug. Wenn das gesetzliche Pensionsalter angehoben wird, verschiebt sich das Problem höchstens weg von den Pensionskassen, hin zum AMS.

Nicht jeder kann bis ins hohe Alter arbeiten

Viele Menschen sind heute mit 70 noch körperlich und geistig fit und leistungsfähig. Doch nicht jede Arbeit kann in diesem Alter noch ausgeübt werden. Einem Büroangestellten mag längeres Arbeiten durchaus zumutbar sein, einem Arbeiter am Hochofen aber nicht. Und auch wenn die Menschen heute länger leben und länger gesund bleiben, die Neigung zu Krankheiten steigt ab 65 dennoch stark an. Eine Studie des Robert-Koch-Instituts in Deutschland hat ergeben, dass jeder Vierte zwischen 65 und 74 mindestens einmal im Jahr ins Krankenhaus muss. Die Hälfte der 65- bis 80-Jährigen stürzt mindestens einmal im Jahr. Mit 70 leiden 25 Prozent an psychischen Erkrankungen, 32 Prozent an Schwerhörigkeit, 30 Prozent an grauem oder grünem Star.


Flexible Modelle statt starrer Grenzen

Viele Experten empfehlen, das Pensionsalter flexibel zu gestalten. Die Menschen sollen selbst entscheiden, wann sie in Pension gehen - mit entsprechend hohen Zu- und Abschlägen. Finnland hat 2005 ein flexibles Modell zwischen 63 und 68 eingeführt. Wer länger arbeitet, bekommt eine höhere Pension, die Pensionsbeiträge zwischen 63 und 67 sind vier Mal so viel wert wie in der Zeit davor. So bringt man Menschen eher dazu, länger zu arbeiten, als mit Modellen, die nur die Zahl der Frühpensionisten und Arbeitslosen in die Höhe schrauben.

--> PRO: Arbeiten bis 75 - "kein abstruses Hirngespinst"

--> Umfrage: Wie lange sollten wir arbeiten?

"PRO und CONTRA"

Die Serie "PRO und CONTRA" ist eine Sammlung von Für- und Wider-Argumenten zu einem aktuellen Thema, die nicht die Meinung der Autoren widerspiegelt.

(Red.)

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