Telekom-Affäre: Neue Verdächtige in der ÖVP?

PK OEVP: KANDIDATENLISTE ZUR EU-WAHL / ERNST STRASSER
PK OEVP: KANDIDATENLISTE ZUR EU-WAHL / ERNST STRASSER(c) APA (Hans Klaus Techt)
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Am Dienstag soll im U-Ausschuss die Aktienkursmanipulation geklärt werden. Am Mittwoch sagt Ex-ÖVP-Innenminister Ernst Strasser aus. Die Grünen orten neue Fälle von illegaler Parteienfinanzierung an die ÖVP.

Wien. Wenn heute, Dienstag, der Korruptions-U-Ausschuss fortgesetzt wird, soll ein zentraler Punkt des Telekom-Komplexes abgearbeitet werden: die Frage, wie es zur Manipulation des Kurses der Telekom-Aktie im Jahr 2004 gekommen ist. Am Mittwoch hat dann Ex-ÖVP-Innenminister Ernst Strasser („Of course, I am a lobbyist“) einen seiner inzwischen seltenen öffentlichen Auftritte. Er soll unter anderem zum Thema „Leistung von Zahlungen ohne nachvollziehbare Gegenleistung“ durch die Telekom Austria Group befragt werden. Wobei Strasser nach Interpretation des Grünen-Chefs im Untersuchungsausschuss, Peter Pilz, längst nicht der einzige (Ex-)ÖVP-Politiker ist, der in die offenbar von Schmiergeldzahlungen geprägte Telekom-Causa verwickelt sein dürfte.

„Es gibt eine Reihe von Rechnungen, bei denen wir bisher keine Leistung feststellen können, und zwar nicht nur bei Strasser“, sagt Pilz im „Presse“-Gespräch über die zuletzt im Parlament eingegangenen Akten. „Die Schwarzen haben durchaus die Nehmerqualitäten des BZÖ, wenn nicht mehr. Da ist Strasser noch harmlos. In einer Reihe von anderen Fällen sehen wir systematische illegale Parteienfinanzierung.“ In die Affäre verwickelt seien die Parteizentrale sowie mehrere Bünde der ÖVP.

Erst kürzlich war bekannt geworden, dass der ÖVP-Arbeitnehmerbund ÖAAB der Valora AG des Telekom-Lobbyisten Peter Hochegger 2007 eine Rechnung über 15.000 Euro stellte. Für „Sponsoring für den Bundestag im Herbst 2007“, rechtfertigen sich Verantwortliche in der ÖVP. Das sei „nicht zu kriminalisieren“. Pilz sieht das anders. Und: Die nächsten Tage würden zeigen, dass es „nicht nur einen schwarzen Bund oder ein schwarzes Schaf in einer ahnungslosen weißen Partei gibt. Sondern die Partei ist wirklich tiefschwarz im Wortsinn.“ Als eine Schlüsselfigur gilt Michael Fischer, ehemaliger ÖVP-Mitarbeiter und Ex-Telekom-Manager, der am Donnerstag Zeuge im Untersuchungsausschuss sein wird. Pilz: „Bei ihm gibt es mehr, als man vermuten könnte.“

Brisant dürfte es davor schon am Mittwoch zugehen, an dem vor allem wieder die verdeckte Parteienfinanzierung durch die Telekom im Mittelpunkt stehen wird – bisher waren vor allem (Ex-)BZÖ-Politiker und -Vertraute dazu befragt worden.

Strasser wird nun einerseits zu seinen Geschäftsbeziehungen mit der Telekom und andererseits zu seiner Zusammenarbeit mit Hochegger befragt werden. Der Ex-Minister soll im Rahmen eines Auftrags, den Hochegger von Bulgarien für eine Imagepolitur des Landes in der EU erhalten hat, tätig geworden sein. Und ein Honorar von 100.000 Euro bekommen haben. Zudem soll Strasser zu möglichen Geldflüssen im Zusammenhang mit der Vergabe des Behördenfunknetzes „Tetron“ Auskunft geben – sofern er sich im U-Ausschuss nicht der Aussage entschlägt. Das darf er zu einzelnen Themen, weil auch strafrechtlich gegen ihn ermittelt wird und er sich im Parlament nicht selbst belasten muss.

Thema Aktienmanipulation abschließen?

Erste Auskunftsperson im Ausschuss ist heute, Dienstag, der frühere Telekom-Vorstand Heinz Sundt. Ausschussvorsitzende Gabriela Moser von den Grünen möchte noch heute das Ausschussthema „Manipulation des Kurses der Telekom-Aktie“ abschließen. Auch Ex-Telekom-Vorstand Stefano Colombo sowie der Chef der Finanzmarktaufsicht, Kurt Pribil, sind geladen. Von den beiden Ex-Vorstandsmitgliedern, „die ja Nutznießer des Bonisegens waren“, will Moser nun wissen, „inwieweit sie das eingefädelt haben und jeder Einzelne davon wusste“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2012)

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