Korruption: Staatsanwälte fordern Politik heraus

(c) APA (HELMUT FOHRINGER)
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Die Staatsanwaltschaft beantragt, dass Werner Amon, ÖVP-Fraktionschef im Korruptions-U-Ausschuss, an die Justiz ausgeliefert wird. Auch SPÖ-Abgeordneter Kurt Gartlehner soll seine Immunität verlieren.

WIEN. Die ÖVP gerät immer mehr in den Sog, der durch den Telekom-Skandal und die Aktivitäten des Lobbyisten Peter Hochegger ausgelöst wurde: Werner Amon, VP-Fraktionsführer im Korruptions-U-Ausschuss, steht nun plötzlich selbst unter Geldwäschereiverdacht. Nach Ermittlungen des Bundesamtes für Korruptionsbekämpfung (BAK) in den Reihen des ÖVP-Arbeitnehmerbundes ÖAAB ersucht nun die Staatsanwaltschaft Wien das Parlament um die Aufhebung der parlamentarischen Immunität Amons. Auch SP-Mandatar Kurt Gartlehner soll an die Justiz ausgeliefert werden.

Amon ist als früherer ÖAAB-Generalsekretär (2003 bis 2009) und als Obmann des „Wiener Pressvereins", der wiederum das ÖAAB-Magazin „Freiheit" herausgibt, in Verdacht geraten. BAK-Ermittler stießen auf eine mit 30. Jänner 2007 datierte Rechnung des Vereins über einen „Gesamtbetrag" von 10.000 Euro. Die Rechnung ging an die Firma Valora des Lobbyisten Hochegger. Eine konkrete Gegenleistung konnten die BAK-Beamten bisher nicht ausfindig machen, weshalb sie umgehend eine Einvernahme Amons fordern. Dabei soll der U-Ausschuss-Frontmann der ÖVP aber nicht als Zeuge, sondern als Beschuldigter befragt werden.

Amon selbst weist alle Vorwürfe, insbesondere den Verdacht der Beteiligung an der Geldwäscherei, zurück. Laut der Rechnung handelte es sich um eine Forderung „über den Druckkostenbeitrag IP-Telefonie". Diese Forderung sei an die Telekom gerichtet gewesen, die Abrechnung aber über die Valora gelaufen.

„Was die Gegenleistung für den Druckkostenbeitrag war, weiß ich nicht", räumt Amon ein. Leider finde sich kein entsprechender Beleg in der Buchhaltung. Dies sei „ein Pech". Als Gegenleistung des „Pressvereins" komme auch ein „redaktioneller Beitrag" im erwähnten ÖAAB-Magazin infrage. „Ich werde dem Druck der Staatsanwaltschaft nicht weichen", so Amon. Schon für den Bundestag des ÖAAB hat es im Herbst 2007 von der Telekom 15.000 Euro „Sponsoring" gegeben.

ÖVP-Attacke auf Staatsanwälte

ÖVP-Chef Michael Spindelegger gab sich am Dienstag zugeknöpft. Die Frage, ob Amon als VP-Fraktionsführer im U-Ausschuss noch tragbar sei, quittierte er so: „Diese Frage stellt sich in dieser Dimension nicht." Indessen kann auch ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf keinen Beweis für das Erbringen einer Leistung liefern, verweist nun aber darauf, dass es sich um „klassisches Sponsoring" gehandelt haben müsse. In der ZiB2 schloss Kopf einen Rückzug von Amon aus. Er ritt zuvor harte Attacken gegen die Staatsanwaltschaft Wien. Das Vorhaben, Amon als Beschuldigten zu führen, sei offenbar eine Retourkutsche dafür, dass dieser zwei Tage davor in einem TV-Interview die Tätigkeit der Anklagebehörde im Fall Natascha Kampusch kritisiert hat. Wie nun mit Amon umgegangen werde, sei „eine Schweinerei".

Justizministerin Beatrix Karl meinte an Kopfs Adresse, sie halte nichts von Verschwörungstheorien. Und: „Ich verbitte mir jede Einmischung von außen." Auch die Staatsanwälte-Vereinigung und die Oberstaatsanwaltschaft Wien weisen die Vorwürfe zurück.
Tatsächlich war der Antrag, Amon als Beschuldigten zu vernehmen, Ende Februar vom BAK, also von den Korruptionsbekämpfern im Innenressort gekommen - und damit von einer Behörde, die ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (diese ist auch ÖAAB-Obfrau) untersteht.

Kann nun Amon angesichts der Vorwürfe Mitglied des U-Ausschusses bleiben? Er selbst sieht darin „eine politische Frage". Eine diesbezügliche Regelung gebe es nicht. Sowohl Peter Pilz, Fraktionsführer der Grünen, als auch BZÖ-Mandatar Stefan Petzner legen Amon einen Rückzug nahe. Amon habe - im Fall seines Verbleibs - volle Akteneinsicht. Und könnte „die Staatsanwaltschaft bei den Erhebungen gegen sich selbst beobachten". (Zitat Pilz).

SP-Mandatar verteidigt sich

Die SPÖ ist ebenfalls von den jüngsten Entwicklungen betroffen: Auch die Auslieferung des Nationalratsabgeordneten Kurt Gartlehner wurde am Dienstag von der Wiener Anklagebehörde beantragt: Man ermittle unter anderem wegen der Anstiftung zur Untreue.
Zudem steht der Verdacht der verdeckten Parteienfinanzierung im Raum. Für Zahlungen der Hochegger-Firma Valora in den Jahren 2007 und 2008 im Umfang von 100.000 Euro könnte es möglicherweise keine entsprechenden Gegenleistungen gegeben haben.

Gartlehner - er war zurzeit der Zahlungsflüsse Telekom-Sprecher der SPÖ - am Dienstag: „Ich habe genug Material und kann nachweisen, dass ich tatsächlich Leistungen für Windkraftprojekte erbracht habe."

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2012)

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