Ex-Telekom-Chef Sundt: Der "Schuldenbock" als Kurspfleger

(c) APA (HELMUT FOHRINGER)
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Der frühere Telekom-Chef redet im Parlament über "Kurspflege", schweigt aber zu "Kursmanipulationen". Schließlich lasse er sich nicht zum "Schuldenbock" stempeln.

Wien. Früher hätte es das nicht gegeben. Als er noch Telekom-Chef war, waren alle Augen auf ihn gerichtet. Da wurde aufmerksam gelauscht. Aber nun? Fast alle Journalisten haben den Budgetsaal des Parlaments verlassen. Auch die Abgeordneten Stefan Petzner (BZÖ) und Peter Pilz (Grüne) schwänzen. Letzterer hat vor wenigen Minuten eine politische Bombe (siehe Seite 1)gezündet. Wem interessiert da schon der braun gebrannte Pensionist aus Bad Vöslau?

Sundt könnte wohl stundenlang darüber parlieren, wie er aus der verstaubten Post- und Telegrafenanstalt ein börsenotiertes Unternehmen geformt hat. Wie er sich nicht dem politischen Druck des damaligen Finanzministers Karl-Heinz Grasser und dessen ÖIAG-Chef Peter Michaelis gebeugt hat. Man habe ihn als „Schuldenbock“ hingestellt, sagt Sundt. Nur: Sein Heldenepos will im Untersuchungsausschuss niemand hören. Viel mehr interessieren die Kursmanipulationen vom 26.Februar 2004, die den Top-Managern der Telekom einen 9,2-Millionen-Euro-Bonus eingebracht haben. Für Sundt schlug sich die Affäre mit 196.359,74 Euro netto zu Buche. Aber darüber redet er nicht. Da er in dieser Causa von der Staatsanwaltschaft als Beschuldigter geführt wird, darf er sich der Aussage entschlagen. Das tut Sundt an diesem Dienstag oft.

Mangels Antworten beschränkt sich BZÖ-Mandatar Petzner mit Vorhalten aus der Ermittlungsakte. Er zieht einen Brief vom 27.Februar 2004 hervor. Nur einen Tag nach dem spektakulären Kurssprung forderte Sundt den ÖIAG-Chef auf, ihm den Bonus auszuzahlen. Wie viele Tage es gedauert habe, bis Sundt die Innenrevision eingeschaltet habe, um die verdächtige Kursentwicklung zu untersuchen, fragt Petzner. Sundt schweigt. Petzner antwortet selbst: Die Innenrevision sei nie beauftragt worden. Überhaupt spricht Sundt nicht gern von Kursmanipulation. Er sagt „Kurspflege“. Diese sei Aufgabe eines Vorstands. Freilich im positiven Sinn. Vor dem Staatsanwalt hat er ausgesagt, von den Manipulationen nichts gewusst zu haben. Ob er diese Aussage bestätigen könnte, wird er gefragt. Schnell funkt sein Anwalt dazwischen: Als Beschuldigter muss man nicht die Wahrheit sagen, als Auskunftsperson im U-Ausschuss schon.

Zuvor war Sundt gefragt worden, welche seiner engsten Mitarbeiter er auf seinem Weg an die Konzernspitze mitgenommen hatte. Martin Bredl sei einer davon, er war bis kurz vor Auffliegen der Telekom-Affäre Konzernsprecher. Und Josef Trimmel? „Trimmel weiß ich nicht genau“, sagt Sundt. Es ist jener suspendierte Telekom-Manager, der den Börsenspezialisten Johann Wanovits beauftragt haben soll, den Kurs in die Höhe zu treiben.

Und da war noch ein anderer Wegbegleiter, kein Freund, aber ein guter Geschäftspartner Sundts: Lobbyist Peter Hochegger. Er habe Hochegger nur wegen seiner großartigen Marketingkonzepte engagiert, sagt Sundt. Er, Sundt, habe keinen Lobbyisten gebraucht. Die Kontakte zu den Mächtigen der Republik habe er selbst gehabt. Warum Hochegger dann beim damaligen ÖIAG-Vorstand Johannes Ditz Sundt als Telekom-Chef vorschlug? Hochegger stelle seine Rolle „ein paar Stufen höher“ dar, als sie war. Warum hätte Ditz jemanden von außen holen sollen, wenn er einen hervorragenden Manager wie Sundt im Konzern hatte, fragt Sundt.

Später ist der Chef der Finanzmarktaufsicht, Kurt Pribil, dran. Ob seine Behörde denn untätig gewesen sei in der Aktien-Causa? Damals sei eine Kursbehübschung eben nicht illegal gewesen, sagt Pribil. Aber: „Wir goutieren das nicht.“

Colombo: Eine halbe Million – wofür?

Später entschlägt sich der frühere Telekom-Finanzchef Stefano Colombo der Aussage zu den Manipulationen. Und er kann – oder will– auch nicht erklären, wofür er 2006 bei seinem Ausscheiden aus der Telekom, das ihm 750.000 Euro brachte, noch einen Beratervertrag über eine halbe Million Euro erhielt. Dafür sagt Colombo, eigentlich Italiener, Interessantes zu seiner Staatsbürgerschaft: Er habe seinen Wunsch, Österreicher zu werden, dem damaligen FPÖ-Verkehrsminister Mathias Reichhold vorgetragen, der sich an die frühere Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer (FPÖ) gewendet habe. Auch Ex-Minister Grasser sei eingebunden gewesen.

Auf einen Blick

Nach Ex-Telekom-Chef Heinz Sundt, FMA-Vorstandsdirektor Kurt Pribil und dem Ex-Finanzchef der Telekom, Stefano Colombo, sind heute folgende Personen in den U-Ausschuss geladen: Ex-ÖVP-Innenminister Ernst Strasser, Heinrich Pecina, Chef des Investmenthauses Vienna Capital Partners, Ex-FPÖ-Infrastrukturminister Mathias Reichhold, Franz Kusin, Telekom-Betriebsrat und Christgewerkschafter, und Michael Kollek, Ex-Telekom-Betriebsratschef.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2012)

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