Kodex Spindelegger: Kein „ÖVP-Gefängnis“ geplant

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Welche Sanktionen es bei einem Verstoß gibt, bleibt unklar. Es gehe um eine „politisch-moralische Handlungsanleitung“, erklärte Vizekanzler Michael Spindelegger nach dem Ministerrat.

Wien. Die im Zuge der Korruptionsaffären unter Druck geratene ÖVP will sich nun selbst klare Regeln geben. Es gehe um eine „politisch-moralische Handlungsanleitung“, erklärte Vizekanzler Michael Spindelegger am Dienstag nach dem Ministerrat. Ein Gremium, bestehend aus Ex-Nationalbankchefin Maria Schaumayer, dem Grazer Jus-Professor Wolfgang Mantl und dem Vorarlberger Altlandeshauptmann Herbert Sausgruber, soll die neuen Regeln ausarbeiten. Alle drei haben eine ÖVP-Nähe, sind aber nicht mehr politisch aktiv. Die Regeln, so Spindeleggers Vorgabe, sollten strenger sein als das Strafrecht.

Doch was könnten die Sanktionen sein, wenn künftig jemand gegen die neuen ÖVP-Regeln verstößt? Aus der Partei ausgeschlossen werden kann man auch jetzt schon. Abgeordneten das freie Mandat aberkennen darf eine Partei nicht, und für Strafen ist eigentlich die Justiz zuständig. Spindelegger vermied es, nach dem Ministerrat trotz mehrfacher Nachfrage ins Detail zu gehen. „Ich habe nicht vor, ÖVP-Gefängnisse zu eröffnen“, erklärte der Vizekanzler schließlich, um nach einer weiteren Nachfrage noch einmal in Richtung Journalisten nachzulegen: „Sie wollen schon einen am Galgen hängen sehen.“ Es solle aber jedenfalls Sanktionen bis zum Parteiausschluss geben, meinte der ÖVP-Chef.

Auch die ÖVP-Regierungsriege schwor sich am Dienstag auf den neuen Verhaltenskodex ein. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner sprach etwa von einem sehr guten Signal der Transparenz. Tirols Landeshauptmann Günther Platter ließ ausrichten, Spindeleggers Vorhaben sei „sehr mutig“. Die Opposition ortete ein Ablenkungsmanöver und verlangte nach schärferen Gesetzen gegen die Korruption. Kanzler Werner Faymann sagte, er wolle sich einmal in Ruhe ansehen, wie der ÖVP-Kodex aussehen wird. Dann werde er entscheiden, ob auch die SPÖ einen solchen benötige. Grundsätzlich, so Faymann, sei er aber der Meinung, dass gute Gesetze und hohe Transparenz die beste Wirkung gegen Korruption erzielen. Das von der Koalition bereits mehrfach angekündigte Paket gegen Korruption und für Parteientransparenz wird nach wie vor auf Klubebene im Parlament diskutiert. Es spießt sich etwa bei der Frage, inwieweit Vorfeldorganisationen und Landesparteien einbezogen werden sollen. Bis zum Sommer wollen SPÖ und ÖVP eine Lösung finden.

Karas hätte Regeln schon fertig

Die Idee von Verhaltensregeln für die Politik ist nicht neu. Im November 2011 lud etwa das „Bürgerforum 2020“, das unter anderem vom ÖVP-Politiker Othmar Karas ins Leben gerufen wurde, zur Vorstellung des PAK (PolitikAnstandsKodex). Karas betonte, er lasse das inzwischen finalisierte Dokument der ÖVP zukommen. Auch die Europäische Volkspartei entwarf bereits Anstandregeln.

Auf einen Blick

Ein Dreiergremium (Maria Schaumayer, Wolfgang Mantl und Herbert Sausgruber) entwirft Anstandsregeln für ÖVP-Politiker. Welche Sanktionen ein Verstoß gegen die Regeln haben soll, ließ Parteichef Spindelegger offen. Die SPÖ will vorerst keine Anstandsregeln einführen: Wichtiger sei ein neues Transparenzgesetz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2012)

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