Platter „muss“ jagen, Pröll trinken

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ÖVP-Chef Michael Spindelegger verteidigt Günter Platter, der als Landeshauptmann Verpflichtungen habe. ÖVP-Mandatarin Hakl stellt ihre Funktion als Telekom-Sprecherin „ruhend“.

Wien/Aich/Apa. Auf insgesamt sieben Jagdausflüge soll sich Tirols Landeshauptmann, Günter Platter, einladen haben lassen – und zwar auf Kosten von Unternehmern und eines Promi-Wirts. ÖVP-Chef Michael Spindelegger verteidigte am Dienstag nach dem Ministerrat aber seinen Landeshauptmann: „Notwendig ist es für einen Tiroler Landeshauptmann offensichtlich auch, dass er jagen geht. Der niederösterreichische Landeshauptmann wird auch mal ein Glas Wein trinken müssen.“ Aber nicht nur Platter und Erwin Pröll hätten gesellschaftliche Verpflichtungen, „in anderen Bundesländern wird ganz spezifisch wieder etwas von einem Landeshauptmann erwartet“, betonte der Vizekanzler.

Aber ist es in Ordnung, wenn Platter diverse Tiere (unter anderem sollen eine Gams, ein Hirsch, ein Rehbock und ein Murmeltier dabei gewesen sein) auf Rechnung anderer abschießt? „Man muss sich nicht einladen lassen, man kann sich aber einladen lassen“, stellte Spindelegger klar. Man habe sich dann aber bewusst zu sein, dass sich politisch-moralische Fragen stellen. Und darum lasse er gerade den ÖVP-Verhaltenskodex ausarbeiten, betonte Spindelegger. Er selbst sei kein Jäger und könne nicht nachvollziehen, warum manche Menschen „besondere Erlebnisse“ mit dem Jagen verbinden. Der ehemalige ÖVP-Chef Erhard Busek fand im ORF-Radio kritische Worte zu Platter: „Jagdeinladungen sind immer gefährlich.“ Das gehe in Richtung „Anfüttern“, so Busek. Anfüttern ist freilich momentan nicht strafbar.

Kanzler Werner Faymann drängte nach dem Ministerrat darauf, rasch schärfere Gesetze gegen Korruption und für Transparenz zu beschließen. Nur so könne man den „gordischen Knoten“, der durch die immer wieder aufkommenden Verdächtigungen gegenüber Politikern entstanden sei, zerschlagen. Wenn es Gesetze „mit klaren Spielregeln“ gebe, gehe er auch davon aus, dass sich Politiker daran halten, meinte der SPÖ-Chef.

„Platter braucht Bibel“

In Tirol selbst wollen die politischen Gegner die Gunst der Stunde nutzen. Fritz Dinkhauser, Chef der größten Oppositionspartei, forderte sofortige Neuwahlen und den Rücktritt Platters . Er, Dinkhauser, sei persönlich von den Vorgängen betroffen. „Wenn jemand zwischen Joggen und Jagen keinen Unterschied mehr kennt, braucht er keine Büchse, sondern die Bibel“, erklärte Dinkhauser. Auch Grüne und FPÖ schossen sich auf Platter ein. Otto Leist, Tiroler ÖGB-Vorsitzender und Sozialdemokrat, griff ebenfalls zu harten Worten: „Schiebt man Korruption künftig keinen Riegel vor, wird die heimische Politik immer mehr zur Muppet Show im Jägergewand mutieren.“

Der Landeshauptmann selbst wehrte sich am Dienstag erneut gegen die Vorwürfe: „Ich bin ein anständiger Mensch und ich lasse mich wegen Jagdeinladungen nicht kriminalisieren“, betonte Platter. „Es kann nicht sein, das alles verboten und kriminalisiert wird“, meinte der Tiroler ÖVP-Chef. Sein Bundesland profitiere schließlich von den guten Kontakten, die er schmiede, sagte Platter. Jagdeinladungen will er aber nach der jetzigen Aufregung trotzdem nicht mehr annehmen.

Karin Hakl zieht Konsequenzen

Neben Platter geriet zuletzt auch die Tiroler Nationalratsabgeordnete, Karin Hakl, unter Druck. Sie soll im Jahr 2008 über die Firma Valora des Lobbyisten Peter Hochegger Geld von der Telekom für den Wahlkampf erhalten haben. Tirols ÖVP-Geschäftsführer Martin Malaun, einst Chef der Werbeagentur Headquarter und für Hakl aktiv, hatte zuletzt bestätigt, dass zwei oder drei Rechnungen im Gesamtumfang von 20.000 Euro im Auftrag Hakls an die Valora gerichtet worden seien.

Am Dienstag fand ein Gespräch zwischen Hakl und ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf in Wien statt. Hakl stellte darauf ihre Funktion als Telekommunikationssprecherin der Partei „ruhend“. Sie bleibt aber Abgeordnete. Hakl betonte erneut, sich keiner Schuld bewusst zu sein: Die Vorwürfe würden „jeder Richtigkeit entbehren“, sie habe niemals „unrechtmäßig zum eigenen Vorteil gehandelt“. Sie stelle ihre Funktion nur ruhend, um von der ÖVP „medialen Schaden“ fernzuhalten, so Hakl.

Auf einen Blick

Günther Platter will aus den Jagdeinladungen keine Konsequenzen ziehen. Der Landeshauptmann meint, dass das Land Tirol von seinen Kontakten profitiert habe. Die ÖVP-Nationalratsabgeordnete Karin Hakl stellte nach Vorwürfen, Geld von der Telekom erhalten zu haben, ihre Funktion als Telekom-Sprecherin ruhend.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2012)

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