Pflegekräfte: Bund fühlt sich unzuständig

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Das Sozialministerium sieht die Länder am Zug. Bevor Geld aus Pflegefonds fließt, muss Mitteleinsatz gemeldet sein. Die Aufteilung erfolgt nach der Einwohnerzahl der Länder. Grüne fordern höhere Entlohnung.

Wien/Ett. Anders als im Sommer 2006 steht keine Nationalratswahl unmittelbar bevor, Warnungen vor einem neuen Pflegenotstand wegen eines wachsenden Personalmangels werden auch deswegen auf Bundesebene prompt an die Länder weitergespielt. Nach dem Alarm des Vorsitzenden der Vereinigung der Pflegedirektoren, Karl Schwaiger („Presse“-Mittwochsausgabe), sah sich das Sozialministerium, das auf Bundesebene für die Pflege zuständig ist, nicht als erste Ansprechadresse. Dafür seien die Bundesländer zuständig, lautete die höfliche Erstreaktion in dem von Rudolf Hundstorfer (SPÖ) geführten Sozialressort.

Die Bundesregierung betrachtet ihre Aufgabe vorerst als erfüllt, nachdem im April des Vorjahres unter der Federführung von Hundstorfer und Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) mit den Ländern paktiert wurde, dass von 2011 bis 2014 zusätzlich in Summe 680 Millionen Euro für einen Pflegefonds bereitgestellt werden. Die Aufteilung erfolgt nach der Einwohnerzahl der Länder.

Der Bund lässt sich zur Kontrolle von den Ländern Bericht erstatten, was diese konkret mit den zusätzlichen Mitteln für die Pflege machen. Dazu waren die Länder erstmals im Herbst 2011 verpflichtet, bevor das Geld aus den Bundesmitteln freigegeben wurde. Insgesamt wendet der Bund schon bisher rund zwei Milliarden Euro pro Jahr für die Pflege auf, großteils für das Pflegegeld an rund 430.000 Bezieher bundesweit. Für heuer geht es um 150 Millionen Euro extra, damit Länder und Gemeinden Pflegedienste ausbauen können.

Erste Bilanz über Mittelvergabe

Das Sozialministerium gibt jetzt auf Anfrage der „Presse“ Einblick, was mit den Zusatzmillionen passiert. Das variiert stark:
•Bei den mobilen Diensten werden die jährlichen Leistungsstunden zwischen 1,5Prozent (Burgenland) und 48Prozent (Oberösterreich) erhöht. Die durchschnittlich erwartete Steigerung liegt bei zehn Prozent. Insgesamt wird heuer mit 1,16 Millionen an zusätzlichen Leistungsstunden für die Pflege gerechnet.
•Im stationären Bereich ist eine Erhöhung der jährlichen Verrechnungstage von 3,5Prozent (Niederösterreich) bis 36,7Prozent (Tirol) vorgesehen. Der Durchschnitt liegt bei 11,9Prozent.
•Bei den teilstationären Diensten werden die Besuchstage um 10,2Prozent (Wien) bis 39,1Prozent (Burgenland) ausgeweitet. Im Schnitt gibt es ein Plus von 13,6 Prozent, in absoluten Zahlen wird mit 42.117 Besuchstagen mehr durch Pflegekräfte gerechnet.

Volle Unterstützung für Pflegedirektoren-Chef Schwaiger bekundet der grüne Sozialsprecher Karl Öllinger: „Wir waren immer für eine Aufwertung der Pflegeberufe. Für uns heißt das Investieren in die Qualifizierung der Pflegekräfte.“ Der „springende Punkt“ sei eine bessere Entlohnung des Pflegepersonals, stellt Öllinger fest.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.04.2012)

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