ÖVP blitzt mit Krankenstand-Vorstoß ab

Dumm oeVP blitzt KrankenstandVorstoss
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Der Vorschlag des ÖVP-Wirtschaftsbunds, den ersten Krankenstandstag nicht mehr zu bezahlen, stößt auf breite Ablehnung. Er sei "dumm", "geschmacklos" und "wirtschaftlicher Unsinn". Auch parteiintern regt sich Widerstand.

Der ÖVP-Wirtschaftsbund hat sich mit seinem Vorschlag, den ersten Krankenstandstag nicht mehr zu bezahlen, eine klare Absage geholt - und zwar von SPÖ, Opposition und Gewerkschaft. Selbst parteiintern regt sich Widerstand. Unterstützung kommt nur von der Wirtschaftskammer.

Stein des Anstoßes: Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner hatte am Freitag gefordert, dass die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall künftig erst am zweiten Tag des Krankenstandes beginnen soll.

Sein Parteikollege Lukas Mandl lehnt den Vorstoß ab. "Wir respektieren die Position des Wirtschaftsbundes zu Krankenständen. Aber wir vertreten eine andere Position", sagte der Generalsekretär des ÖVP-Arbeitnehmerbunds ÖAAB. Mandl betonte, dass auch der ÖAAB für eine Senkung der Lohnnebenkosten eintrete. Dies könne allerdings nicht bedeuten, die Kosten auf die Arbeitnehmer zu verlagern. "Gesunde Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie intakte Familien sind grundlegend auch für wirtschaftlichen Erfolg. Diese Grundlagen sollte man nicht aufs Spiel setzen", betonte Mandl. Einseitige Einkommenseinbußen für Arbeitnehmer lehne man ab.

ÖGB: Forderung "politisch unverfroren"

Für den Leitenden Sekretär des ÖGB, Bernhard Achitz, ist die Forderung "politisch unverfroren" und "wirtschaftlicher Unsinn". Kranke Arbeitnehmer seien anfälliger für Arbeitsunfälle und wer sich nicht rasch auskuriere, riskiere einen langen Krankenstand. Dazu komme die Ansteckungsgefahr. "Damit sollte klar sein, dass es für einen Betrieb sinnvoller ist, wenn kranke MitarbeiterInnen zu Hause bleiben", sagte Achitz in einer Aussendung am Samstag. Außerdem würden sich Arbeitnehmer nicht aus Jux und Tollerei krankmelden, im Gegenteil: "Wir wissen, dass der Druck auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer steigt und sie eher dazu neigen, sich krank in die Arbeit zu schleppen, weil sie Angst haben, ihren Arbeitsplatz zu verlieren."

Eine Absage kommt auch von SP-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter, der die Haubner-Forderung als "unausgegoren" bezeichnet. "Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind das wichtigste Kapital unserer heimischen Betriebe. Ihre Gesundheit ist ein entscheidender Faktor für die österreichische Wettbewerbsfähigkeit", so Matznetter. An sozialstaatlichen Errungenschaften zu kratzen, wie jener des bezahlten Krankenstandes, sei der falsche Weg.

"Besonders geschmacklose Initiative"

Der stellvertretende FPÖ-Obmann Norbert Hofer bezeichnete den Vorschlag als "besonders geschmacklose Initiative". Für ihn unterstellt Haubner, dass Arbeitnehmer bei eintätigen Krankenständen "blau machen". Dabei seien von eintätigen Krankenständen vor allem chronisch Kranke mit regelmäßigen Kontrolluntersuchungen betroffen. Sie wären die "Hauptopfer dieser unsozialen Politik", so Hofer via Aussendung: "Gut geführte Unternehmen haben eine solche Unkultur der pauschalen Verdächtigung nicht nötig."

BZÖ-Arbeitnehmersprecher Sigisbert Dolinschek bezeichnete die Idee als "kontraproduktiv, unausgegoren und schlichtweg dumm". Er geht davon aus, dass - sollte für den ersten Krankenstandstag kein Gehalt gezahlt werden - die Betroffenen eben zum Arzt gehen und sich für mehrere Tage krankschreiben lassen würden. Dies würde letztendlich mehr kosten als ein Tag im Bett, so Dolinschek in einer Aussendung.

Die grüne Arbeitnehmersprecherin Birgit Schatz vermutet in der Haubner-Idee einen "verspäteten Aprilscherz". "Die Entgeltfortzahlung bei Krankheit schützt nicht nur die kranken MitarbeiterInnen, sondern auch die Betriebe. Wer sie einschränkt, erntet Menschen, die mit Fieber in die Arbeit gehen und andere anstecken können", so Schatz in einer Aussendung. Sie vermutet, dass Haubner ohnehin nur auf die schnelle Schlagzeile aus war "und nicht überlegt hat, was er da fordert".

Wirtschaftskammer: "Hoch an der Zeit"

Unterstützt wird Haubner nur von der Wirtschaftskammer. Für Generalsekretärin Anna Maria Hochhauser (ÖVP) wäre eine Entlastung der Unternehmen durch Übernahme des ersten Krankenstandstages durch die Arbeitnehmer "hoch an der Zeit". Sie verwies in einer Aussendung darauf, dass zuletzt mehrere neue Kostenbelastungen für die Betriebe eingeführt worden seien - etwa das Recht auf Elternteilzeit, der Mehrarbeitszuschlag für Teilzeitarbeitende und die "Auflösungsabgabe" bei Kündigungen. Außerdem müssten Betriebe immer öfter auch Entgeltfortzahlung für Situationen leisten, die nichts mit der betrieblichen Sphäre zu tun hätten.

(APA)

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