Brunei und Singapur als letzte Möglichkeit für Steuerflüchtlinge

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Finanzplatz Asien. Fast alle Schweizer Großbanken haben Tochtergesellschaften in Singapur gegründet. Das dortige Bankgeheimnis zählt zu den strengsten der Welt.

Wien/Höll. In Deutschland wollen die Sozialdemokraten (SPD) dem Steuerabkommen mit der Schweiz nicht zustimmen. Der Pakt reiche nicht aus, die Schweiz müsse noch wichtige Schlupflöcher schließen, fordert SPD-Chef Sigmar Gabriel. Sowohl Österreich als auch Deutschland haben sich mit der Schweiz darauf geeinigt, dass die Steuer erst eingehoben wird, wenn sich das Vermögen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Abkommens (voraussichtlich Anfang Jänner 2013) noch in der Schweiz befindet. Steuerflüchtlinge haben die Möglichkeit, ihr Geld bis dahin nach Singapur oder Brunei zu verschieben.

Um dies zu verhindern, fordern die deutschen Sozialdemokraten, dass der Pakt mit der Regierung in Bern rückwirkend ab Jänner 2012 in Kraft tritt. Doch dagegen legen sich die Schweizer quer.

Viele Finanzkonzerne aus der Schweiz haben zuletzt Tochtergesellschaften in Asien gegründet – die meisten in Singapur. Die Kunden können mit ihrem Vermögen gleich mit übersiedeln. Laut einer Umfrage von PricewaterhouseCoopers bei institutionellen Investoren und reichen Privatleuten wird Singapur 2013 die Schweiz als wichtigsten Standort für die Verwaltung von großen Vermögen ablösen.

Je reicher der Kunde, desto weniger Fragen

Das Bankgeheimnis auf der asiatischen Tropeninsel zählt zu den strengsten der Welt. Es gilt das Motto: „Je reicher der Kunde, desto weniger Fragen werden gestellt.“ Investoren, die ihr Geld in einer Familienstiftung anlegen, sind generell steuerbefreit. „Geht es jetzt nach Singapur statt in die Schweiz?“, fragen deutsche Medien. Hans Eichel, der frühere deutsche SPD-Finanzminister, vermutet, dass Singapur eine Topadresse für Steuersünder sei. Er bezweifelt, dass der deutsche Fiskus die erhofften Einnahmen von zehn Milliarden Euro aus der Schweiz bekommen wird.

Das eidgenössische Bankgeheimnis ist mittlerweile so löchrig wie ein Emmentaler Käse. Schuld daran sind die USA. Die Regierung in Washington verlangt, dass die Schweizer Banken die Daten ihrer Kunden aushändigen. Gleich elf Schweizer Finanzkonzerne befinden sich deswegen im Visier der US-Justiz. Schätzungen zufolge verwalten Schweizer Geldhäuser 60 bis 80 Milliarden US-Dollar von US-Bürgern.

Singapur ist ein Stützpunkt der US-Armee

Diese Woche hat sich der Streit verschärft, weil ein Schweizer Gericht die Weitergabe von Kundendaten an die USA untersagte. Eine Abgeltungssteuer, worauf sich Österreich und Deutschland geeinigt haben, kommt für die Amerikaner nicht in Frage.

Singapur befindet sich dagegen nicht im Visier der US-Steuerfahnder. Die asiatische Metropole gehört zu den Verbündeten der Amerikaner und ist auch ein wichtiger militärischer Stützpunkt. Praktisch alle Schweizer Großbanken sind mittlerweile dort vertreten, hinzu kommen noch eine Vielzahl kleinerer Finanzdienstleister. Über 800 Milliarden US-Dollar an Vermögen sollen bereits in dem asiatischen Finanzzentrum liegen. „2011 hatten wir vermehrt Anfragen von Kunden, die ihre Gelder nach Singapur transferieren wollten“, sagte der Wirtschaftsanwalt Bernhard Weber der Schweizer „Handelszeitung“. Mit der Lockerung des Bankgeheimnisses hätte die Schweizer Regierung auch ihre eigenen Bürger verschreckt. Aus Angst vor dem „gläsernen Bankkunden“ hätten einige ihr Vermögen nach Singapur verschoben.

Inzwischen wächst der Druck auf den Stadtstaat. Die EU und die Industriestaatenorganisation OECD fordern die dortige Regierung auf, mit anderen Ländern Steuerabkommen zu schließen. Doch Singapur lässt sich mit der Umsetzung Zeit. Als Alternative wird in Finanzkreisen bereits Brunei gehandelt. In dem kleinen Sultanat gilt das islamische Recht. Vor allem Banken aus Liechtenstein haben sich dort niedergelassen. Als Spezialität gilt der „Brunei Trust“, weil hier kaum Abgaben zu zahlen sind. Und die Stifter genießen höchste Diskretion.

Auf einen Blick

Das Bankgeheimnis in der Schweiz ist löchrig. Neben der EU erhöhen vor allem die USA den Druck auf die Schweizer Banken. Davon profitiert Singapur. In der asiatischen Metropole haben sich bereits zahlreiche Schweizer Finanzkonzerne niedergelassen. Die Kunden können mit ihrem Vermögen gleich mit übersiedeln. Die Liechtensteiner Institute zieht es dagegen nach Brunei.

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